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19.10.2017 | 14:41 | Insektensterben 
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Insekten schwinden dramatisch

Krefeld - Insekten bestäuben Obstbäume und Gemüsepflanzen. Sie zersetzen Aas, Totholz oder Kot. Zudem sind sie für viele andere Tiere eine unverzichtbare Nahrungsquelle.

Insektensterben
Es fällt zunächst nicht weiter auf - aber es könnte schwere Folgen haben: In vielen Regionen Deutschlands schwinden die Insekten. Woran liegt's? (c) proplanta
Der renommierte Insektenkundler Thomas Schmitt spricht gar von «Dienstleistern am Ökosystem». Doch das Schwirren und Zirpen wird mancherorts weniger.

Einer aktuellen Studie zufolge ist die Zahl der Fluginsekten in Teilen Deutschlands erheblich zurückgegangen. In den vergangenen 27 Jahren nahm die Gesamtmasse um mehr als 75 Prozent ab, berichten Wissenschaftler im Fachmagazin «PLOS ONE». Die Analyse bestätigt erste, im Sommer vorgestellte Ergebnisse.

Nicht an der Studie beteiligte Experten sprechen von einer überzeugenden Arbeit, durch die bisherige Hinweise auf ein massives Insektensterben auf eine solide Basis gestellt worden seien. Der Deutsche Bauernverband ist hingegen der Meinung, dass die Studie mehr Fragen aufwerfe, als dass sie Antworten gebe.

Caspar Hallmann von der Radboud University in Nijmegen (Niederlande) und seine Mitarbeiter hatten Daten ausgewertet, die seit 1989 vom Entomologischen Verein Krefeld gesammelt worden waren, also von ehrenamtlichen Insektenkundlern. Diese hatten in insgesamt 63 Gebieten mit unterschiedlichem Schutzstatus in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und in Brandenburg mit Hilfe von Fallen Fluginsekten gesammelt und deren Masse bestimmt. Welche Arten in den Fallen landeten, untersuchten die Forscher nicht.

Sie verglichen dann, wie sich in einzelnen Lebensräumen - etwa in Heidelandschaften, Graslandschaften oder auf Brachflächen - die Biomasse über die Zeit verändert hatte. Insgesamt landeten 53,54 Kilogramm wirbellose Tiere in den Fallen - Millionen Insekten.

Die Auswertung zeigte, dass der Verlust in der Mitte des Sommers - wenn am meisten Insekten herumfliegen - am größten war: knapp 82 Prozent. «Ein Schwund wurde bereits lange vermutet, aber er ist noch größer als bisher angenommen», sagte Erstautor Hallmann.

Auf der Suche nach möglichen Gründen für den Insektenschwund untersuchten die Wissenschaftler etwa den Einfluss von Klimafaktoren, der landwirtschaftlichen Nutzung und bestimmter Lebensraumfaktoren. Die Analyse brachte jedoch keine eindeutige Erklärung.

Vermutlich spiele die intensivierte Landwirtschaft samt dem Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln sowie der ganzjährigen Bewirtschaftung eine Rolle, erklären die Forscher. Untersucht haben sie dies aber nicht. Die Intensivierung der Landwirtschaft sei eine plausible Ursache für den Rückgang, sagt auch Teja Tscharntke, Agrarökologe an der Georg-August-Universität Göttingen. Zu den Faktoren gehörten unter anderem große Felder, nur wenige schmale Feldränder und wenige Hecken und Gehölze.

Der deutsche Bauernverband pocht auf weitere Untersuchungen. «In Anbetracht der Tatsache, dass die Erfassung der Insekten ausschließlich in Schutzgebieten stattfand, verbieten sich voreilige Schlüsse in Richtung Landwirtschaft», sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken. «Die neue Studie bestätigt und betont ausdrücklich, dass es noch dringenden Forschungsbedarf zum Umfang und den Ursachen des dargestellten Insektenrückgangs gibt.»

Auch das Klima könne als wichtiger Faktor nicht ausgeschlossen werden, sagt Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle. Was immer die Gründe für den Insektenschwund sind - sie haben einen weit verheerenderen Effekt als bisher erkannt, fassen die Autoren der aktuellen Studie zusammen.

Das betont auch Schmitt, Direktor am Senckenberg Deutsches Entomologischen Institut in Müncheberg (Brandenburg): Hummeln, Honigbienen und Wildbienen seien als Bestäuber wichtig für viele Pflanzen. Werden Nutzpflanzen nicht mehr regelmäßig angeflogen, entstehen der Landwirtschaft große Verluste, wie Schmitt erklärt. Zudem vertilgen bestimmte Insekten wie beispielsweise Laufkäfer laut Schmitt gerne Pflanzenschädlinge.

Alle Experten sind sich einig, dass die Folgen und das geografische Ausmaß dringend genauer erforscht werden müssen. Alexandra-Maria Klein, Landschaftsökologin von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg warnt davor, mit einer Änderung der Landnutzung zu lange zu warten: Sonst könnte es «für einige Insekten zu spät sein».
dpa
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Kommentare 
kurri Altbauer schrieb am 23.10.2017 12:24 Uhrzustimmen(27) widersprechen(29)
Es wird viel lamentiert über den Rückgang der Insekten die auch von mir keinesfalls bestritten werden soll. Allerdings wehre ich mich über die leichtfertigen, pauschalen Vorwürfe die der Landwirtschaft gemacht werden.
Unser Kfz-Verkehr hat sich explosionsartig vermehrt! Man kann sich selbst damit umbringen! Nicht umsonst weisen immer wieder Schilder in Garagen darauf hin.
Den Klimawandel lässt sich nicht mehr leugnen. z.B. hat sich die Kastanienmoniermotte schon seit etlichen Jahren bei uns breit gemacht. Sie ist aus Balkanländern bei uns eingewandert. Das trifft auch für die Varroamilbe zu, die den Imkern jedes Jahr große Verluste zufügen! Auch dieser Schädling wurde durch weltweiten Handel eingeschleppt! In
China werden die Obstbäume von Hand bestäubt. Dort herrschen katastropahle Luftverschmutzungen. Bienen sind wohl dieser zum Opfer gefallen!
Der Kartoffelkäfer stammt aus den USA und heißt dort Koloradokäfer.
Die Nilgänse sind auch dem wärmeren Klima gefolgt, sie sind erst seit etwa 30 Jahren bei uns teilweise zu einer Landplage geworden. Sie dulden keine anderen Tierarten in ihren Revieren, Rebhuhn, Kiebitz u.a. sind davon betroffen.
Die ständigen unqualifizierten Vorwürfe die man uns Bauern immer wieder macht, können wir nur zähneknirschend zur Kenntnis nehmen. Unser Leistungen die wir ständig für unsere Mitbürger erbringen, werden von diesen, aus Unkenntnis, nicht gewürdigt!
Heidi aus Meran schrieb am 20.10.2017 17:15 Uhrzustimmen(59) widersprechen(16)
Endlich merken nicht nur die aufmerksamen Naturfreunde, dass es ernst ist mit dem Insektensterben und dass man dieses Phänomen leider überall in unseren Landschaften feststellen kann!

Zum Glück hat der Entomologische Verein von Krefeld in unterschiedlichen Naturschutzgebieten gesammelt! Gut ist, dass dieses ausgewertet und an die Öffentlichkeit gebracht wurde!

Wer, so wie ich – inzwischen als älterer Mensch – immer mit Rad oder zu Fuß an Seen, Waldrändern, über Heiden oder Geröll und in historischen Gärten in ganz Europa unterwegs ist, hat längst betrübt bemerkt, dass die – vorher richtig wimmelnden – Insekten seit Jahren fast völlig fehlen.

Als Landschaftsarchitektin konnte ich zum Glück viel für die freilebenden Tiere und die Pflanzen tun, nämlich Lebensräume schaffen: Teiche und Bäche bauen, Weg- und Waldränder begrünen, Flächen entsiegeln, für Kompostplätze und für Streuobstwiesen und Trockenmauern sorgen etc. Mein Beitrag für die Tiere blieb aber trotzdem leider klein.

Erfreut sehe ich, dass sehr viele Wissenschaftler, Nutznießer, Förderer und die breite Öffentlichkeit jetzt, Oktober 2017, vom Nutzen der Insekten wissen, die Gefahr des verheerenden Effektes eines Landes ohne die Insekten erkennen und nun schnellstens etwas unternehmen möchten!

Hoffentlich werden recht viele Möglichkeiten als Ursachen des Insektensterbens untersucht, wie z. B. der überall vorhandene Feinstaub und die Umweltgifte auf Blättern, im Boden, in der Luft und im Wasser oder auch die UV-Strahlung.

Es wäre schön, wenn es eine große konzertierte Aktion – möglichst europaweit – zur Rettung der Insekten geben würde, und zwar unverzüglich!
agricola pro agricolas schrieb am 20.10.2017 12:41 Uhrzustimmen(56) widersprechen(15)
Heilig‘s Blechle - das einfältig-naive Bäuerle ist schuld!!!

Liebe NABU-Freunde, da stöhnt dieses kleine tumbe Bäuerlein aber doch sichtlich genervt, weil wieder einmal mit einer blindwütigen Zahlendreherei, wenig faktenbasiert zudem noch, eine mediale Stimmungmache wider den deutschen Bauernstand initiiert wird, der in wesentlichen Bereichen doch von den entscheidenden Realitäten abweicht:

Um die 50% in der BRD sind LN, ca. 16 Mio Hektar, die auch das Massiv der Zugspitze beinhalten, weil da mindestens 1 mal jährlich eine Kuh passiert, 30 % sind Waldflächen, ca. 14 % Siedlungs- und Verkehrsflächen, gut um die 2 % Wasser. - Das zur Verdeutlichung.

Ist in den Ballungszentren unserer urbanen Räume eine Insektenvielfalt nicht beheimatet? Wenn ja, warum da nicht? Wo sind die gravierendsten Veränderungen infolge eines rasant voranschreitenden Klimawandels denn nachweislich undiskutierbar zu sehen? Die einzig boshaft aufgegangenen Bauernsaaten!? - VERKEHR - INDUSTRIE / in einem Hochleistungs-Industriestaat Deutschland alles „unbefleckte HEILIGE“!?


WER, liebe NABU-Freunde, setzt bei Ihnen derzeit kommunikativ keinesfalls medienscheu immer wieder eine installierte Drehschreibe mit gleißenden Leucht-Flutern in Szene, um ein beschämend darauf platziertes, allseits extrem geprügeltes „Rest-Völklein“ aller Fluchtmöglichkeiten beraubt, in einen fortwährenden Erklärungsnotstand zu bringen!?

Sofern NABU und Co. es nicht bereits realisiert haben sollten, sind gerade die Insekten die für uns Bauern unverzichtbaren Freunde, wo auch unsere eigenbetrieblichen Existenzen in maßgeblicher Abhängigkeit rückgekoppelt sind. Wem, wenn also nicht uns Bauern selbst, liegt demnach eine gesunde Insektenvielfalt nachhaltigst am Herzen!? - Nein, werte NABU-Freunde, KEINE NEUEN BRUNNENVERGIFTER braucht das Land. Was ALLE brauchen, ist schleunigst eine faktenbasierte Aufarbeitung ALLER Ursächlichkeiten. Ihre Studien entbehren allerdings augenscheinlich dieser objektiv neutralen ziel- und ergebnisorientierten Daten- und Faktenanalyse; insofern steht auch nicht in Erwartung, dass eine grundlegende Problematik allumfänglich zügig an den WURZELN angepackt wird.

Wenn man auf den augenscheinlich mühseligen Pfaden einer geistigen Erleuchtung endlich einmal zu der Einsicht gelangte, dass die Bauern in vertrauensvoller Zusammenarbeit weit eher ein unverzichtbar wertvolles Puzzleteil in einem effizienten Gegensteuern darstellten und nicht die alleinigen, unter Bündelung sämtlichster verbalen Kräfte DIE(!) ausschließlich massiv bekämpfungswürdigen Feinde auf breiter gesellschaftlicher Front sind, so wären wir in einem äußerst begrüßenswerten Für- und Miteinander schon einen großen Schritt weiter!!!

Ich fordere damit nicht ein, die Bauern sämtlichst aus einer Mitverantwortlichkeit entlassen zu wollen, mitnichten!!!
Es hilft jedoch nichts, den Fingerzeig nur auf wehrlose Einzelne richten zu wollen; zur Rechenschaft zu ziehen sind ALLE und da nehme ich auch und vor allem die vielen Klein- und Großgrundbesitzer nicht aus. Vielleicht geht der eine oder andere jener Spezies in einer stillen Stunde einmal mit sich selbst ins Gericht, ob ein gebetsmühlenartig immer noch perfider ausgestaltetes Abpressen der jährlichen Pachtzinsen als vollkommen entspannter Sofamelker einem selbst an ganz anderer Stelle doch weitaus größere Schmerzen zufügen könnte!? - Auch ein Gedankenansatz, den es dahingehend fortzuentwickeln gilt...!

Die Natur zeigte uns Dankbarkeit in einem solchen gegenseitigen Für- und Miteinander und fungierte damit gleichzeitig als Motor für mehr emotionale Wärme aller Menschen untereinander. Dieser Motor gerät leider zunehmend massiv ins Stottern und bedarf einer dringenden Überholung, damit er nicht komplett geschrottet wird!!!

Also werte NABU-Freunde, streuen Sie nicht ständig unbeholfen ahnungslos Salz in bereits offene, äußerst schmerzhafte Wunden, sondern machen Sie sich endlich auf, einen Maßnahmenkatalog auf Basis realer allumfassender Daten und Fakten entwickeln zu wollen...! - Zuviel wertvolle Zeit ist offensichtlich bereits ungenutzt verstrichen, leider.
cource schrieb am 20.10.2017 08:45 Uhrzustimmen(43) widersprechen(67)
als gegenbeweis: in den naturnahen landschaften der ehemaligen truppenübungsflächen der DDR, gibt es noch stabile insektenpopulationen die u.a. stabile populationen von wiedehopf/ bienenfresser/wespenbussard erlauben
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