Die Berliner Tierärztin und Mediatorin war Mitautorin des Weltagrarberichts.
Rund hundert Teilnehmer kamen zu ihren Vortrag im Rahmen der Mitgliederversammlung des Beratungsdienstes Ökolandbau Schwäbisch Hall.
Mitorganisatoren waren Demeter und Bioland Hohenlohe.
"Bei der Kuh wird einseitig nur das Rülpsen von Methan wahrgenommen und nicht, was sie sonst noch kann. Ignoriert wird immer wieder ihre geniale Fähigkeit, Gras, Heu und Silage in Milch und Fleisch umzuwandeln", kritisiert die Tierärztin heutige Wissenschaftler und auch die Welternährungsorganisation FAO.
"Vierzig Prozent der weltweiten Landfläche sind nicht ackerfähiges Dauergrünland. In diesen Böden liegen die größten Kohlenstoffspeicher der weltweiten Landfläche." Denn nur eine gesunde Grasnarbe könne Erosion und Freisetzung von Kohlendioxid (CO2) verhindern. Diese zu erhalten, ginge nur mit einer nachhaltigen Weidehaltung, also weder Überweidung noch zu seltener Weide mit Rindern oder anderen Grasern, wie Schaf oder Ziege. Die Wurzeln wachsen stärker, der Boden wird fruchtbarer und sogar Humus könne neu gebildet werden. Er wiederum bestehe zur Hälfte aus Kohlenstoff. "Eine Tonne Humus mehr im Boden bedeutet, dass 1,8 Tonnen CO2 der Atmosphäre entzogen werden", belegt Anita Idel eindrücklich.
Sie stellte außerdem dar, dass die höchsten, durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen, nicht von Methan ausgingen, sondern von Lachgas. Es entstehe durch eine intensive Düngung mit Stickstoff. "Lachgas ist 296mal klimaschädlicher als CO2, Methan im Vergleich 25mal." Zum selben Ergebnis kam eine Anhörung im Bundestag und eine Broschüre des Umweltbundesamts ("Stickstoff zuviel des Guten?"). Der Grund: Lachgas verweile bis zu 120 Jahre in der Atmosphäre, Methan nur bis zu 15 Jahre. Da sich in den letzten fünfzig Jahren der Düngerverbrauch auf der Welt verachtfacht hätte, fragt sich Anita Idel: "Warum haben wir eigentlich seit zehn Jahren eine Methan- und keine Lachgasdebatte?"
Obwohl Kühe Gras verdauen können, werden "Turborinder" mit Kraftfutter auf Hochleistung gezüchtet und so zu Nahrungskonkurrenten der Menschen gemacht. Auf etwa der Hälfte der weltweiten Ackerfläche würde inzwischen Tierfutter angebaut und dazu oft Grünland zu Ackerland umgebrochen. Insbesondere die weitläufigen Monokulturen von Mais und Getreide würden intensiv gedüngt. Sie setzten große Mengen von klimaschädlichen Lachgas frei.
Für den umweltschädlichen Anbau gentechnisch veränderter Sojabohnen würden dazu Tausende Hektar Regenwald abgeholzt. "Die zunehmend industrialisierte Landwirtschaft verbraucht viel fossile Energie, zerstört die biologische Vielfalt und die wichtigsten CO2-Speicher auf unserer Erde." Milch und Fleisch aus so einer Intensivproduktion seien deshalb auch nur scheinbar billig. Die Rechnung für die Allgemeinheit käme später. Die Tierärztin fordert deshalb, dass genauso viel Forschung zum Grünland und Beweidungsmanagement einzurichten sei, wie bereits für das Ackerland. Nur so könne die globale Bodenfruchtbarkeit erhalten oder sogar erhöht werden. (Pd)
Buch-Tipp
Anita Idel vertieft ihre Thesen in ihrem neuen Buch "Die Kuh ist kein Klima-Killer" vom Metropolis-Verlag (ISBN 978-3-89518-820-6, 18,-- EUR).