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16.04.2013 | 15:54 | Zertifikatehandel  

Europaparlament lehnt Reform des Emissionshandels ab

Straßburg - Das Europaparlament hat den Weg zu mehr Klimaschutz über eine Verteuerung der CO2-Zertifikate verstellt. Die Abgeordneten befürchteten mehrheitlich eine zu starke finanzielle Belastung der Industrie.

Emissionshandel
(c) proplanta
Mit knapper Mehrheit stimmten die Parlamentarier in Straßburg am Dienstag gegen das Vorhaben der EU-Kommission, regulierend in den Handel mit Rechten zum Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) einzugreifen.

Der Vorschlag geht jetzt in den Umweltausschuss zurück, wo der Berichterstatter des Parlaments Matthias Groote (SPD) auf einen Kompromiss mit den Gegnern eines stärkeren Klimaschutzes beim CO2-Handel setzt. «Wir haben auf jeden Fall Zeit und Vertrauen bei den Bürgern verloren», sagte er.

Im Berliner Bundeskabinett wurde die Straßburger Entscheidung unterschiedlich aufgenommen. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) bedauerte einen «Rückschlag für den Klimaschutz», Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) war hingegen froh über die Ablehnung. Der Reformschritt wäre zulasten der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegangen, sagte er.

Über den Handel mit den Verschmutzungsrechten will Europa möglichst effizient das Klima schützen. Unternehmen können die Rechte zum Ausstoß des Treibhausgases CO2 je nach Bedarf untereinander handeln - die Luftverschmutzung soll sie also etwas kosten. Längerfristig soll der Handel sie zum CO2-Einsparen bringen. Doch derzeit hakt es im System: Der Zertifikate sind viel günstiger zu haben als vorhergesehen.

Die EU-Kommission will vorübergehend 900 Millionen Zertifikate zurückhalten lassen. Das sollte den Preis der Verschmutzungsrechte erhöhen und klimaschonende Technik attraktiver machen. Reformgegner aus Reihen der Christdemokraten lehnten den Markteingriff als Ballast für die Industrie ab.

Insgesamt votierten 334 Parlamentarier gegen die Reform und 315 dafür. 63 enthielten sich. Ein Antrag auf komplette Zurückweisung der ganzen Reform fand keine Zustimmung.

Das Votum war eine herbe Niederlage für EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard, aus deren Ressort das Reformvorhaben kommt. Sie äußerte ihr Bedauern. «Europa braucht einen robusten CO2-Markt, um unsere Klimaziele zu erreichen und Innovationen anzutreiben», erklärte sie. Sie mahnte zu raschen Beschlüssen. «Der Markt, die Investoren und unsere internationalen Partner warten alle.» Ganz aufgeben will sie das Reformvorhaben nicht. Man werde nun «nachdenken», erklärte sie.

Der Sozialdemokrat Groote wertete die Entscheidung im EU-Parlament als Signal für mehr Kohle und für höhere Strompreise. «Diese Politik ist rückwärtsgewandt und spielt den Leugnern des Klimawandels in die Hände.»

Der CDU-Abgeordnete Peter Liese war einer der wenigen Befürworter der Reform in der EVP-Fraktion. Er warnte vor «verheerenden» Folgen des Votums und sagte in Richtung Berlin: «Die Klima-Kanzlerin sollte sich vielleicht zu Wort melden.». Jetzt gäbe es keine Anreize mehr für klimafreundliche Technologien.

Liese ist zusammen mit dem Österreicher Richard Seeber (ÖVP) Umweltsprecher der EVP-Fraktion. Der Reformgegner Seeber zeigte sich erleichtert über das Votum. «In Krisenzeiten die Strompreise zu verteuern, wäre das falsche Signal an die Wirtschaft», sagte er dpa Insight EU. Er äußerte sich skeptisch, dass es später doch noch eine Einigung im EU-Parlament geben werde. Für Kompromisse gebe es «nur einen sehr schmalen Spielraum».

Die Opposition im Bundestag reagierte enttäuscht auf das Ergebnis des Straßburger Urnengangs. Dies sei «ein schwarzer Tag für den Klimaschutz in Europa», sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. Und Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte, dass ein Klimaschutz-Pfeiler «eingekracht» sei. «Das führt dazu, dass die alten Kohlekraftwerke weiter auf Hochtouren laufen und kein CO2 eingespart wird.» Auch Umweltverbände wie Greenpeace oder der WWF zeigten sich entsetzt.

Industrievertreter wie der europäische Handelskammerverband Eurochambers oder der EU-Industrieverband Business Europa waren hingegen erleichtert. Sie halten den Eingriff in den CO2-Handel für unnötig.
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