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31.01.2023 | 15:08 | Neozoen 

Sittiche fühlen sich im Rhein-Main-Gebiet wohl

Wiesbaden/Mainz - Schrille Schreie und grünes Flattern - die Sittiche sind da. Ursprünglich kommen sie aus Asien oder Afrika, doch auch im Rhein-Main-Gebiet fühlen sie sich sehr wohl.

Sittich
Der Anblick von Papageien sorgt immer wieder für Aufsehen. Mittlerweile leben mehrere Tausend Sittiche allein in Wiesbaden. Sie haben aber auch auf der anderen Rheinseite ihre festen Plätze gefunden. (c) proplanta
Sie finden genug zu futtern, das Klima ist angenehm, es gibt kaum Feinde - kein Wunder, dass sich die Vögel munter vermehren. «Wir haben etwa 5.000 Sittiche, darunter sind auch einige 100 der Großen Alexandersittiche», sagt Patricia Kremer vom Umweltamt der Stadt Wiesbaden.

Im Schlosspark Biebrich waren die Papageien bereits in den späten 1980er Jahren häufig zu sehen, zur Freude von Kindern aus einer benachbarten Tagesstätte der Lebenshilfe. Inzwischen ist Wiesbaden die «Sittich-Hauptstadt des Rhein-Main-Gebiets», wie es die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) in ihrem Jahresbericht 2021 formulierte. Halsbandsittiche gehörten zu den erfolgreichsten Neozoen unter den Vögeln, erklären die Vogelkundler - sie haben sich als eigentlich fremde Art also bestens in der neuen Umgebung eingerichtet. Dabei vertreiben sie örtlich schon mal andere Vögel, indem sie die Bruthöhlen besetzen. «Aber sie gefährden keine Arten», stellt Berthold Langenhorst vom Naturschutzbund Nabu in Wetzlar fest.

Schon in den 1970er Jahren wurden die ersten Papageien in Wiesbaden heimisch, vermutlich entflogen sie ihren Besitzern oder wurden ausgesetzt. Tagsüber sind die grünen Halsbandsittiche in kleinen Trupps von 20 bis 40 Vögeln unterwegs, suchen etwa in den Parks oder im Sommer bei den Obstbäumen nach Fressbarem. Die etwa 40 Zentimeter großen, schlanken Vögel ernähren sich vegetarisch. Sie futtern Pflanzenteile wie Früchte, Blüten und Knospen, aber auch Körner und Samen. Zudem sind sie äußerst munter und mit ihren «kie-ak»-Schreien kaum zu überhören.

Jeden Tag, wenn es langsam dunkel wird, fliegen sie pünktlich zurück zu ihren Schlafbäumen. Die sind ausgerechnet an belebten Plätzen in der Innenstadt, etwa vor dem Hauptbahnhof. Denn der Sittich hat es in der Nacht gerne hell und laut. «Das schützt sie gegen Feinde, wie etwa den Greifvögeln», erklärt Kremer.

Auch außerhalb von Wiesbaden gibt es Schlafplätze, etwa am Frankfurter Rebstockpark und in Hattenheim. In Mainz leben die Sittiche schon lange im Stadtpark. Von dort aus haben sie sich in Gebiete links des Rheins ausgebreitet, etwa in die Stadtteile Hartenberg-Münchfeld und Lerchenberg. In Mainz-Laubenheim leben sie ebenfalls in einem Park und schwärmen von dort aus in Gärten des südlichsten Mainzer Stadtteils aus. Dort lassen sie sich auch mal genüsslich auf Hibiskus-Sträuchern nieder, um deren Früchte zu fressen.

Die Vögel sind zwar laut und machen Schmutz, doch Beschwerden gibt es nur selten. «In der Corona-Phase hatten wir deutlich mehr Anrufe, da wurden sie wohl mehr wahrgenommen», erzählt Patricia Kremer vom Umweltamt in Wiesbaden. Meistens waren es Gartenbesitzer, die sich darüber beschwerten, dass Sittiche Knospen von den Bäumen fressen. Sehr vereinzelt gebe es auch Klagen über die lauten Rufe. «Aber was sollen wir da machen?», fragt die Mitarbeiterin des Umweltamts. «Die Papageien sind eben da und eine Besonderheit von Wiesbaden.»

Neben den Sittichen haben sich in Hessen auch fremde Tiere ausgebreitet, die heimischen Arten das Leben schwer machen. Dazu gehören die Nilgans und der Waschbär. So vertreibt die ursprünglich aus Afrika stammende und seit den 1980er Jahren auch in Deutschland lebende Nilgans andere Wasservögel. «Aber mittlerweile wehren sich die Enten und verteidigen erfolgreich ihre Brutplätze», sagt Langenhorst.

Keine Chancen haben dagegen Kröten, wenn sie in die Pfoten von Waschbären fallen. Deutschlandweit wurde zum ersten Mal in Hessen bewusst ein Waschbär ausgesetzt, das war bereits im Jahr 1934. Hessen war später auch das erste Bundesland, das die kleinen Bären in das Jagdrecht aufnahm. Unter anderem im Großraum Kassel leben heute laut Nabu besonders viele Waschbären.

Die sind laut Langenhorst «sehr schlau», was sich auch bei der Nahrungssuche bemerkbar macht. So rauben sie nicht nur Vogelnester aus, sondern wissen zum Beispiel, zu welchen Teichen die Kröten zum Ablaichen wandern und fangen sie dort ab. Im Spessart bedienten sie sich regelmäßig an Kröten, die in von Tierschützern in den Boden eingegrabene Eimer gefallen waren. Die Tierschützer wollten die Kröten eigentlich in den Eimern sammeln, um sie dann zum Schutz vor den Autos über die Straße tragen zu können - die Waschbären waren jedoch schneller.
dpa
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