Jetzt sind die ersten Störche aus dem Süden zurückgekehrt und haben sich im
Naturschutzgebiet Laubenheimer Ried auf Querträgern der Stahlkonstruktion niedergelassen.
«Aus welchen Gründen sie unbedingt auf dem Strommast brüten wollen, wissen wir nicht», sagt der Vorsitzende des Naturschutzbunds (Nabu) in Mainz, Christian Henkes. In der Umgebung seien alternative Nisthilfen errichtet worden, etwa auf einer abgeschnittenen Pappel oder mit Hilfe von höheren Holzkonstruktionen. «Aber es dauert Jahre, bis solche Nisthilfen angenommen werden, wenn überhaupt.»
Der große Vogel mit seinen roten Beinen und dem langen roten Schnabel hat die Menschen schon immer fasziniert. Traditionell gilt er als Glücksbringer, wurde deswegen nach einem altdeutschen Begriff auch Meister Adebar genannt.
Vor etwa 50 Jahren galt der Weißstorch (Ciconia ciconia) in Rheinland-Pfalz als ausgestorben - der letzte brütete 1973 in der Nähe von Offenbach an der Queich (Kreis Südliche Weinstraße). In der Pfalz begannen dann um die Jahrtausendwende Initiativen zur Wiederansiedlung der Vögel, etwa mit gezielten
Naturschutzmaßnahmen auf Feuchtwiesen.
Aus Nordbaden, Südhessen und dem Elsass kamen zunehmend Störche in die Pfalz und nach Rheinhessen zurück. «Der Bestand entwickelt sich sehr positiv», sagte der Leiter des Vogelmonitorings in Rheinland-Pfalz, Christian Dietzen. Im Jahr 2020 wurden 412 besetzte Nester gezählt, erfolgreich verlief die Brut in 281 Fällen.
Mit jährlich 14 bis 16 Nestern seien die Störche im Laubenheimer Ried eine der größeren Kolonien in Rheinland-Pfalz, sagt Henkes. Ein Teil der Weißstörche überwintere inzwischen im Land. Von den in den Süden ziehenden Vögeln kehrten zuerst die Männchen zurück - «sie schauen schon mal nach dem Rechten und bereiten den Nestbau vor».
Mitte Februar waren es zunächst zwei Störche, die sich auf dem Strommast niederließen. Am Abend traf dann ein dritter Vogel ein, flog eine Runde zu einem weiteren Strommast und landete dann mit lautem Geklapper auf der Spitze des schon von den beiden Frühstartern besetzten Mastes.
Der Netzbetreiber Mainzer Netze, eine Tochter der Mainzer Stadtwerke, hat Vorkehrungen getroffen, um die Störche vor den Gefahren der Hochspannungsleitungen mit einer Spannung von 110.000 Volt zu schützen. Wenn aus dem Nest ein Zweig auf eine Leitung fällt, kann es zu einem sogenannten Überschlag zwischen den spannungsführenden Leitungen und der geerdeten Mast-Traverse kommen, auf der sich das Nest befindet.
Der starke Stromschlag kann das Netz in Brand setzen und auch zu Störungen in der
Stromversorgung führen. So lange noch keine Eier gelegt sind, steigt deswegen auch mal ein Mitarbeiter vorsorglich auf die Masten und schneidet die herabhängenden Zweige ab.
In Abstimmung mit dem Nabu und den zuständigen Behörden wurden an besonders kritischen Stellen auf den Strommasten kleine
Windräder installiert. So sollen die Vögel davon abgehalten werden, genau an diesen Stellen ihr Nest zu bauen.
Weil die Nester einige Hundert Kilogramm schwer werden können, sorgt sich der Netzbetreiber auch um die Statik der Stahlkonstruktion. «Die Masten sind nicht für das zusätzliche Gewicht ausgelegt», sagt ein Sprecher der Mainzer Stadtwerke. Deswegen werden sie auch wieder entfernt, sobald die Jungvögel flügge geworden sind.
Wie im vergangenen Jahr wollen die Mainzer Netze wieder eine Webcam einrichten, damit alle einen Blick ins Storchennest werfen können. «Sie sind richtige Internet-Stars», sagt der Stadtwerke-Sprecher mit Blick auf hohe Zugriffszahlen für das Web-Angebot. Die Brutzeit dauert 30 bis 32 Tage. Die kleinen Storchenküken werden voraussichtlich im April ihr Leben in luftiger Höhe beginnen.»