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31.08.2013 | 14:02 | Hochwasserschutz 

Thüringens Umweltminister fordert nationales Hochwasserschutzprogramm

Erfurt / Berlin - Der Hochwasserschutz in Deutschland muss besser koordiniert werden, fordert der Vorsitzende der Umweltministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Jürgen Reinholz (CDU).

Hochwasserkatastrophe
(c) proplanta
«Wir brauchen ein nationales Hochwasserschutzprogramm, aber auch Regelungen für die Kostenverteilung», sagt er im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Am 2. September treffen sich die Umweltminister zu einer Hochwasser-Sonderkonferenz.

Frage: Das Hochwasser mit Milliarden-Schäden ist fast drei Monate her. Warum erst jetzt die Sonderkonferenz der Umweltminister?

Antwort: Wir hatten uns bereits Anfang Juni in Oberhof getroffen. Damals ging es noch um die unmittelbare Hochwasserabwehr und die Hilfe für die Opfer von Überflutungen. Wir haben darum eine Sonderkonferenz zum Hochwasserschutz vereinbart. Es geht nicht um Schnellschüsse, sondern eine Fehler- und Schwachstellenanalyse, aus der Konsequenzen zu ziehen sind.

Länderübergreifende Daten und ein Bericht zum Juni-Hochwasser liegen jetzt vor. Nun müssen Verbesserungen im Hochwasserschutz und ihre Finanzierung geklärt werden. Wir brauchen nachhaltige Lösungen, ein nationales Hochwasserschutzprogramm.

Frage: Hochwasserschutz ist Ländersache. Woran hapert es?

Antwort: Wir müssen über eine einheitliche Koordination, aber auch die Anpassung von Standards reden. Das fängt bei solchen Sachen an wie der Höhe der Deiche oder der Zahl der Hochwasseralarmstufen. Thüringen hat beispielsweise drei Alarmstufen, unser Nachbar Sachsen vier.

Ich bin der Meinung, der Hochwasserschutz soll Ländersache bleiben. Aber wir brauchen deutlich mehr Abstimmung, gleiche Standards und eine Vereinbarung über die Kostenverteilung für Hochwasserschutz an den Ober- und Unterläufen der Flüsse.

Frage: Wieso eine Kostenverteilung zwischen Ländern wie Thüringen oder Bayern, mit den Oberläufen größerer Flüsse, und den Flachländern im Norden?

Antwort: An den Oberläufen haben wir die Kosten für große Stauanlagen. Aber neben dem technischen Hochwasserschutz muss den Flüssen auch mehr Raum gegeben werden, um ihre Fließgeschwindigkeit im Ernstfall zu verringern. Das ist eine Konsequenz aus den Überflutungen im Juni.

Frage: Also mit großem Aufwand Deiche zurückversetzen?

Antwort: Ja, dort wo es geht, alte Deiche abtragen und neue weiter von den Flüssen entfernt bauen. Das kostet aber viel Geld. Und da ist die Frage, wie man das gemeinsam finanziert. Ich finde, der Bund sollte mit ins Boot, aber auch die Bundesländer an den Unterläufen der Flüsse. Diskutiert wird auch über mehr Überschwemmungsflächen.

Es ist sinnvoller, gemeinsam in die Verhinderung von Schäden zu investieren als in deren Beseitigung. Polder können meiner Meinung nach auf landwirtschaftlichen Flächen ausgewiesen werden. Vom Bauernverband gibt es dazu Bereitschaft, wenn es klare Entschädigungsregelungen für mögliche Überschwemmungsschäden gibt. Ich finde, wir sollten beim Hochwasserschutz nicht nur Vorschriften machen, sondern auf Verständigung setzen.

Frage: In der Vergangenheit gab es zwischen den Umweltministern immer wieder Streit über die Prioritäten im Hochwasserschutz: Vorrang für technische oder ökologische Projekte?

Antwort: Man muss beides im Auge behalten. Es kann nicht nur darum gehen, Deiche und Dämme zu bauen. Aber man kann auch nicht überall Überschwemmungsgebiete ausweisen. Zwangsumsiedlungen sind für mich Unsinn.

Was wir aber brauchen, ist ein Beschleunigungsgesetz für die Planung und Genehmigung von Hochwasserschutzprojekten. Das ist eigentlich auch Konsens unter den Umweltministern. Knackpunkte der Konferenz sind vielmehr, wer die bundesweite Hochwasserschutz-Koordinierung übernimmt und wie die Finanzierung der nötigen Projekte erfolgt. Bestimmte Aufgaben soll der Bund übernehmen. Dafür werde ich eintreten. (dpa)
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