«Sie wollen vorne auf der Lokomotive sitzen und nicht hinten als Bremser», sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (
SPD) am Montag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Neu Delhi. «Das wird die internationalen Klimaverhandlungen massiv beeinflussen. Es wird auch verhindern, dass sich Länder hinter den USA verstecken können. Bislang war es ja schön einfach, auf die USA zu zeigen und zu sagen, man macht nicht mit, solange die nicht mitmachen. Das geht bald so nicht mehr.»
Gabriel eröffnet an diesem Dienstag in Neu Delhi das erste deutsch-indische Umweltforum. Vor der zweitägigen Konferenz warnte er davor, wegen der Finanzkrise Abstriche beim
Klimaschutz zu machen. Das sehe auch die Regierung des wichtigen Schwellenlandes Indien so. Gabriel kritisierte Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff (
CDU) und den Chef der Gewerkschaft IG-BCE, Hubertus Schmoldt. Wulf und Schmoldt hatten am Montag in der «Financial Times Deutschland» eine Verschiebung des geplanten EU-Klimaschutzpakets von Ende 2008 auf Anfang 2009 gefordert. Gabriel nannte das «Unsinn».
Der Umweltminister sagte, solche Forderungen seien «nicht nur schädlich für die
Klimapolitik, sie gefährden vor allen Dingen Hunderttausende Arbeitsplätze». Erneuerbare Energien sorgten bereits jetzt für 250.000 Jobs in Deutschland. Die Bundesregierung wolle den Anteil der erneuerbaren Energien und der damit verbundenen Arbeitsplätze bis 2020 verdoppeln. «Wer jetzt im Klimaschutz nicht weitermacht, weil er Angst hat, er wisse nicht, wo das Geld herkommt, der wird eher dazu beitragen, dass die Krise sich verschärft, und wir Wachstum und Arbeitsplätze verschieben.»
Gabriel sagte, große
Schwellenländer wie Indien hätten die Bedeutung des Klimaschutzes erkannt. Bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren seien die Inder skeptisch gewesen, «ob Entwicklungsländer und Schwellenländer überhaupt einbezogen werden sollten in gemeinsame Klimaschutzstrategien. Heute ist das völlig anders.» Klimaschutz sei in ärmeren Staaten nur zu bewerkstelligen, wenn damit Wachstum und wirtschaftlicher Wohlstand verbunden seien. «Das geht nur, wenn wir mit Energie und Rohstoffen effizienter umgehen, Wachstum entkoppeln vom Energieverbrauch und umsteigen auf erneuerbare Energien.»
Gabriel warnte, die deutsche und die europäische Wirtschaft würden bei einer stärkeren Rolle der USA «einen Wettbewerber bekommen um moderne Technologien, um Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz». Beim Klimaschutz zu bremsen würde bedeuten, «dass wir Marktanteile verlieren würden gegenüber den Amerikanern. Insofern müssen wir den Wettbewerb aufnehmen und nicht aus dem Wettbewerb ausscheiden.» Gabriel wird von rund 30 deutschen Unternehmern aus der Umwelttechnik begleitet. Sie sollen bei dem Forum am Dienstag mit Partnern aus Indien zusammengebracht werden. (dpa)