Anders als bislang vorgesehen sind Landwirte nicht mehr auf einen Gutachter angewiesen, um sich bestätigen zu lassen, dass auf der Fläche keine
Feldhamster leben. Entsprechende Kontrollen könnten die Landwirte auch in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Pflanzenschutzdienstes des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum durchführen. Das erklärten Umwelt- und Landwirtschaftsministerium am Dienstag in Erfurt in einer gemeinsamen Mitteilung.
Das Landwirtschaftsministerium soll gemäß der Einigung sicherstellen, dass die Mitarbeiter des Pflanzenschutzdienstes ausreichend qualifiziert sind, um Feldhamstervorkommen zu erkennen. Die Landwirte klagen seit Wochen über eine massive
Feldmausplage. Sie würden am liebsten großflächig mit Gift gegen die Tiere vorgehen.
Umweltschützer dagegen fürchten um die letzten Feldhamster in Thüringen. Das Gift, das gegen die Mäuse eingesetzt wird, ist ihren Angaben nach auch für die Hamster tödlich und gerät in die weitere Nahrungskette. Allerdings bestreitet der Thüringer Bauernverband, dass fachgerecht ausgelegte Giftköder eine Gefahr für Feldhamster sind.
Unmittelbar bevor das Kabinett sich zu dem Thema verständigte, hatten Naturschützer vor der Staatskanzlei für einen strengen Schutz des Feldhamsters demonstriert. Der Bauernverband warf den Naturschützern daraufhin Realitätsverweigerung vor. «Die Umweltverbände handeln hier wie Pippi Langstrumpf und machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt. Das ist kein Umweltschutz, sondern schlicht weltfremd», sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes, Katrin Hucke.
Sowohl Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) als auch Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) bewerteten die Einigung positiv. «Hamsterschutz ist gelebter Artenschutz», sagte Siegesmund. Weil bereits 95 Prozent der einstmals vorhandenen Feldhamsterbestände in Thüringen verschwunden seien, dürfe dort, wo sie leben, kein Gift auf den Acker. Landwirte, die ihre Felder bereits feldhamsterfreundlich bestellen, zeigten, dass Artenschutz und Landnutzung in Einklang zu bringen seien.
Hoff sagte, mit Hilfe der gefundenen Vereinbarung könnten die Landwirte nun gegen die Mäuseplage vorgehen, um ihre Aussaat zu retten und weitere wirtschaftliche Schäden von ihren Unternehmen abzuwenden. «Ich vertraue der Sorgfaltspflicht der Landwirtinnen und Landwirte, dass sie dabei den Schutz des Feldhamsters konsequent umsetzen.» Er hatte zuletzt dafür geworben, auch in Thüringen die Regelung zum
Gifteinsatz zu übernehmen, die in Sachsen-Anhalt gilt. Dort können Landwirte die Kontrollen ihrer Felder auf Feldhamstervorkommen ganz allein durchführen.
Die nun gefundene Regelung gilt bis zum 31. Oktober. Nach Angaben eines Sprechers des Umweltministerium wird es dann zur Bekämpfung der Feldmausplage ohnehin einfacher als derzeit - wenn auch nicht völlig unreguliert - möglich sein, Gift gegen die Feldmäuse einzusetzen. Der Grund: Gewöhnlich beginnen Hamster Ende Oktober ihren Winterschlaf, so dass die Wahrscheinlichkeit deutlich abnimmt, dass sie dann das Gift fressen, das Landwirte gegen Mäuse auslegen. Allerdings sind die nächsten drei Wochen für die neuerliche Aussaat vieler Landwirte entscheidend.