Bis zu 200 Saat- und auch Rabenkrähen picken und hacken teils durch die frische Saat und hinterlassen wertloses Obst, durchlöcherte Plastikplanen oder herausgerupfte Salatköpfe. «Das Ausmaß kann dabei bis zum Totalausfall reichen», sagt der
Landesbauernverband (LBV).
Der Protest auf den Höfen wird deswegen immer lauter. So laut sogar, dass das Thema erneut die Politik beschäftigt. Im
Agrarausschuss, einem Gremium des Landtags, nehmen am Mittwoch (14.00)
Jäger und Kommunen, Wissenschaftler und auch die
Bauern Stellung.
«Die sind einfach ohnmächtig vor lauter Krähen», sagt Dominik Modrzejewski vom Landesbauernverband in Baden-Württemberg. «Unsere Landwirte berichten mir von massiven Schäden, das hat uns wirklich erschrocken.» Nur schwer lassen sich die pickenden und fressenden Krähen von den Feldern fernhalten. Die durch die EU geschützte Saatkrähe darf nur ausnahmsweise geschossen werden - und die Genehmigungen sind aufwendig und werden aus Sicht der Bauern zu spät erteilt.
Erfolgversprechend sei das Beizen, sagt LBV-Vizepräsident Jürgen Maurer. Dabei werden Pflanzen oder Keimlinge mit der Lösung Mesurol besprüht, die der Saat- und der Rabenkrähe ordentlich den Appetit verdirbt und nicht giftig ist. Problem: Seit 2020 ist der vogelvergrämende Wirkstoff für Saatgut in Deutschland verboten. Um Krähenfraß an Mais zu verhindern, nutzen ökologische
Betriebe ein Pflanzenstärkungsmittel auf Basis von Hopfenextrakt. «Wenn man hier mehr in die Forschung investieren würde, wäre das Geld zu angebracht», sagt Maurer.
Die Erwartungen der Bauern an das Land sind vor Beginn des Ausschusses klar formuliert: «Wir fordern die Landesregierung auf, die Probleme der landwirtschaftlichen Betriebe ernst zu nehmen und gemeinsam mit den Bauernverbänden praxistaugliche und einheitliche Lösungen zu finden.» Landes- und Bundesregierung müssten sich bei den EU-Behörden in Brüssel dafür einsetzen, dass der Abschuss schneller und einfacher genehmigt werde. «Der Abschuss ist das letzte Mittel, aber es gibt kein anderes Mittel», sagt Modrzejewski.
Außerdem sei es nicht nachvollziehbar, dass die Saatkrähe weiter geschützt werde. «Wenn die Landesregierung will, dass sich ungefährdete Arten so ausbreiten, dann muss sie auch für die Folgen aufkommen.» Wichtig sei auch ein regelmäßiges Bestandsmonitoring. «Die vorliegenden Zahlen sind zehn Jahre alt», sagte der LBV-Referent für pflanzliche Erzeugung. «Aber wir gehen davon aus, dass wir mittlerweile über 20.000 Brutpaare haben.»
Gibt es keine anderen Mittel? «Das sind clevere Tiere, die auch schnell lernen. Man kann sie nicht überlisten, die können einen Spazierstock und ein Gewehr unterscheiden genauso wie das Geräusch von Platzpatronen und richtige Munition», sagt Maurer. Vogelscheuchen und Flatterbänder oder Windspiele helfen aus seiner Erfahrung kaum gegen die Rabenvögel, weil sie schnell dazu lernen. Hagelnetze werden häufig durchgepickt, Schreckschussanlagen sind wegen der Lärmbelästigung umstritten.
Bis sich etwas ändere, gebe es für
Gemüsebauern keine Chance, sich und ihre Felder zu schützen, sagt auch LBV-Vizepräsident Maurer. «Die Schäden sind immens, die gehen in die Zehntausende.» Nach einem Bericht des Verbands mit Schadensmeldungen von Bauern aus 21 baden-württembergischen Landkreisen treten rund 60 Prozent der Zerstörungen im Mais auf. Auch Zuckerrüben, Sonnenblumen, Winterweizen, Soja sowie der Obst- und
Gemüsebau sind betroffen. Bei vielen Kulturen fressen die Vögel sowohl Saatgut als auch Keimlinge.
Obst- und Gemüsebauern beklagen zerhackte Früchte und herausgepickte Spargelköpfe. Laut Bericht führte der Verlust von Saatgut bei so manchem Maisanbauer zu Schäden von bis zu 20.000 Euro, einige Erdbeeranbauer hatten bis zu 25.000 Euro Schaden.