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13.05.2008 | 05:17 | Gegengipfel 

Gegen Agro-Industrie und Gentechnik

Bonn - «Wir haben auf diesem Planeten nur dann eine Zukunft, wenn es landwirtschaftliche Vielfalt gibt», sagt die Inderin Vandana Shiva.

Gegengipfel
(c) proplanta
Die international renommierte Kämpferin gegen Agro-Industrie und Gentechnologie und Trägerin des alternativen Nobelpreises lässt bei einer Kundgebung am Montag in Bonn parallel zu einem UN-Kongress über Sicherheit der Gentechnik kein gutes Haar an der Gegenseite. Die Agrarkonzerne seien gierig nach Profiten. Langfristig vernichte dies über Monokulturen und gentechnisch manipulierte Samen die Existenz der traditionellen Bauern und führe zu Hunger. «Die Agro- Industrie führt die Welt in die Krise.»

Zusammen mit Shiva wollen rund 750 Experten aus dem Lager von Umwelt, Entwicklungs- und alternativen Agrarorganisationen aus rund 100 Ländern auf einem Weltkongress «Planet Diversity» (Planet der Vielfalt) in dieser Woche Zeichen setzen. Ihr fünftägiges Zusammentreffen verstehen sie als «Gegengipfel» zu den beiden UN- Konferenzen über Biologische Sicherheit der Gentechnik und zur Biologischen Vielfalt.

Die entscheidende Frage der aktuellen internationalen Agrarpolitik laute «Vielfalt oder Monokulturen?», sagte Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft. «Vielfalt ist die einzige, seit Millionen Jahren bewährte Innovationskraft der Natur. Die Monokulturen der industriellen Landwirtschaft sind ihr schlimmster Feind.»

Thema des «Gegengipfels» sind auch die global stark gestiegenen Nahrungsmittelpreise und Agrar-Sprit. «Die Preisexplosion von Lebensmitteln in aller Welt ist nicht die Folge von Missernten oder Mangel, sondern von Spekulationen und unfairer Konkurrenz auf den Agrarmärkten», sagte Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED). «Erst wurden Entwicklungsländer durch Liberalisierung und Dumpingangebote in die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten getrieben. Jetzt stehen sie vor dem Aus: die eigene Landwirtschaft ruiniert, die Importware unerschwinglich.»

Bei Biosprit würden mit Autos auch Lebensmittel verbraucht, erklärt der Vorsitzende der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), Stephan Albrecht. «Die Orientierung auf Treibstoffe für den Export verringert die Möglichkeiten der Nahrungsmittelversorgung für die einheimische Bevölkerung.» Andere Experten bezweifeln, dass mit Agro-Treibstoffen der Klimawandel gebremst oder der Energiehunger der Welt befriedigt werden könne. Ihr Anbau schaffe dagegen neue Probleme und zerstöre Vielfalt.

Besonders zur Gentechnik geht der «Gegengipfel» auf Konfrontation. Sie gilt als Fluch, da sie in Monokulturen führe und Abhängigkeiten schaffe - ganz abgesehen von den möglichen Risiken für Mensch und Umwelt. Mit aller Macht wollten die Agrokonzerne ihre Idee einer gentechnik-basierten Agroindustrie umsetzen. Dabei stünden ihnen umfängliche Beschränkungen und bindende Haftungsregelungen im Wege.

Über die Haftung und Wiedergutmachung bei Schäden im Zuge der Weitergabe und den Anbau von gentechnisch manipulierten Organismen wird unter UN-Dach (Cartagena-Protokoll) schon seit Jahren verhandelt - bislang ohne Durchbruch. Auch bei den Bonner Verhandlungen in dieser Woche ist ein Beschluss noch nicht in Sicht. Die führenden Gentechnik-Konzerne wollen keine gesetzlich verpflichtenden Regelungen und eine Reihe von Ländern sind auf ihrer Seite.

Die EU gibt sich zurückhaltend und will dies nur zu einem späteren Zeitpunkt. Deutschlands Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) reiste zu der Konferenz erst gar nicht an den Rhein, er schickte zum Auftakt seine Staatssekretärin. Und große Gentechnik- Länder und Agrarexporteure wie Argentinien und die USA sind dem Protokoll erst gar nicht beigetreten. (dpa)
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