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21.03.2024 | 16:09

München muss Diesel-Fahrverbot verschärfen

Diesel-Fahrverbot München
Trotz Überschreitung der Grenzwerte hat München das Diesel-Fahrverbot bislang nicht verschärft. Jetzt hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein eindeutiges Urteil gesprochen - mit Folgen. (c) proplanta
Der Streit um das Dieselfahrverbot in München

Der Streit um gesundheitsgefährdende Abgase in München ist mal wieder vor Gericht ausgetragen worden. Das Bayerische Verwaltungsgericht hat am Donnerstag ein Urteil zum Dieselfahrverbot gesprochen - mit Folgen für die Fahrerinnen und Fahrer von älteren Dieselfahrzeugen.

Worum ging es in dem Verfahren?

Letztlich ging es vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof um die Qualität der Luft in München - und somit um etwaige gesundheitliche Folgen für die Bürgerinnen und Bürger. Jahrelang haben sich die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub Deutschland mit der Stadt vor Gerichten um die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für das giftige Abgas Stickstoffdioxid (NO2) gestritten.

Im Oktober 2022 einigten sich die Parteien per Vergleich auf die Einführung eines dreistufigen Dieselfahrverbots für die Umweltzone einschließlich des Mittleren Rings. Doch nach Einführung der ersten Stufe setzte die Stadt die nächste Stufe nicht mehr um. Dagegen klagten die beiden Verbände, denn auch 2023 war die Luft nicht überall in München sauber genug.

Was war denn in Sachen Fahrverbot vereinbart?

Der Vergleich sah vor, dass ältere Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 und schlechter bis auf einige Ausnahmen für Anwohner oder Lieferverkehr ab Februar 2023 nicht mehr auf dem und innerhalb des Mittleren Rings der Landeshauptstadt fahren dürfen. Eigentlich hätte das Dieselfahrverbot ab Oktober 2023 auch auf Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ausgeweitet werden sollen. Ab April 2024 sollten als letzter Schritt zusätzlich noch die allgemeinen Ausnahmen entfallen.

Doch im vergangenen September hatte der Stadtrat die Stufe 2 vorerst bis Mai ausgesetzt und Stufe 3 ganz aufgehoben. Als Begründung wurde damals angeführt, die erste Stufe des Verbots werde laut Prognose ausreichen, um den seit 2010 gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 je Kubikmeter Luft im Jahresmittel einzuhalten.

Wie gut oder schlecht ist die Luft in München?

An den allermeisten Messstellen wird der Stickstoffdioxid-Grenzwert inzwischen eingehalten. Besonders problematisch ist aber nach wie vor die Landshuter Allee am Mittleren Ring. Die Belastung dort lag im Jahresschnitt 2023 bei 45 Mikrogramm - weiterhin der Negativrekord in ganz Deutschland. Auch an der Moosacher Straße war der Wert mit 42 Mikrogramm zu hoch.

Und was hat jetzt der Verwaltungsgerichtshof entschieden?

Die Stadt München muss ihr Fahrverbot für Dieselfahrzeuge verschärfen, urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am Donnerstag. An den beiden betroffenen Hauptverkehrsstraßen müssten schnelle Maßnahmen ergriffen werden, die sicher zu einer signifikanten Unterschreitung der Grenzwerte führten.

Ob bei der Landshuter Allee eine zonale oder eine streckenbezogene Verschärfung des bereits bestehenden Fahrverbots für Dieselfahrzeuge mit Euro 4 und schlechter nötig ist, überließ das Gericht dem Stadtrat. Gleichwohl machte der Senat aber deutlich, dass er ein streckenbezogenes Fahrverbot aus mehreren Gründen für nachteilig ansieht. Bei der Moosacher Straße hingegen sei ein Fahrverbot zwar möglich, aber nicht zwingend.

Was ist Stickstoffdioxid eigentlich und was ist der Unterschied zu Feinstaub?

Stickstoffoxide sind gasförmige Verbindungen aus Stickstoff (N) und Sauerstoff (O). Sie entstehen bei Verbrennungsprozessen in Industrie, Energieerzeugung, Landwirtschaft und Verkehr. In Ballungsgebieten ist laut Bundesumweltamt der Straßenverkehr die größte Stickstoffoxid-Quelle, wobei der höchste Anteil aus den Motoren von Dieselfahrzeugen stammt. Dabei hat besonders Stickstoffdioxid negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Zugleich ist NO2 eine Vorläufersubstanz für die Bildung von bodennahem Ozon und Feinstaub. Feinstaub wiederum ist ein Teil des Schwebstaubs - also Teilchen in der Luft, die nicht sofort zu Boden sinken. Er ist wesentlich gesundheitsschädlicher als Stickstoffdioxid.

Welche gesundheitlichen Folgen können Luftschadstoffe haben?

Schadstoffe wie Stickstoffdioxid und Feinstaub können zu verschiedenen akuten wie chronischen Erkrankungen bis hin zum Tod führen. Zu den Folgen zählen etwa Reizungen von Schleimhäuten, Entzündungen und Erkrankungen der Atemwege sowie eine Verminderung der Lungenfunktion. Schadstoffe können auch das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen und bestehende Erkrankungen verschlimmern.

Nach Einschätzung der EU-Umweltagentur EEA hingen nach den jüngsten Daten von 2021 rund 253.000 Todesfälle in der EU mit zu hohen Feinstaubwerten zusammen. In Deutschland seien es 32.300 Todesfälle gewesen. Damit ist schlechte Luft laut EEA das größte von Umweltbedingungen ausgehende Gesundheitsrisiko.

Hat die EU Pläne, um die Luftverschmutzung zu verbessern?

Die EU will im Kampf gegen Luftverschmutzung noch strengere Grenz- und Zielwerte für verschiedene Schadstoffe einführen. Vor wenigen Wochen einigten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Länder auf neue Obergrenzen unter anderem für Feinstaub, Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid. Und: Bürger sollen Anspruch auf Entschädigung bekommen, wenn sie wegen nicht eingehaltener Grenzwerte krank werden.

Und wie geht es jetzt in München weiter?

Der Stadtrat will sich voraussichtlich am 24. April erneut mit den Maßnahmen gegen Luftverschmutzung beschäftigen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat schon erklärt, dass er eine zonale Verschärfung des Fahrverbots für unverhältnismäßig halte und ein streckenbezogenes Verbot von Diesel-5-Fahrzeugen bevorzuge.
dpa/lby
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