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27.02.2007 | 16:23 | CO2-Speicher 

Kampf gegen den Klimawandel - Treibhausgas soll unter die Erde

Potsdam/Ketzin - Im Kampf gegen die Erderwärmung wollen Brandenburger Forscher das Treibhausgas Kohlendioxid dauerhaft unter der Erde lagern.

Treibhausgase
(c) proplanta
Unter der Leitung des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) testen die Wissenschaftler, ob und wie sich das klimaschädigende Kohlendioxid (CO2), das etwa in Kraftwerken bei der Verbrennung der fossilen Energieträger Kohle, Gas und Öl entsteht, unter die Erde pumpen lässt. Am Dienstag haben in Ketzin im Havelland die Bohrarbeiten für den unterirdischen Kohlendioxidspeicher CO2-Sink begonnen. Umweltverbände beurteilen das Vorhaben kritisch und fordern mehr Investitionen in erneuerbare Energien.

«Die Speicherung dieses Treibhausgases kann eine Option sein, um Zeit bei der Entwicklung und Einführung CO2-freier Energietechnologien zu gewinnen», meint der GFZ-Vorsitzende Rolf Emmermann. «In dieser ergebnisoffenen Untersuchung wollen wir auch die Kosten und die Formen der Umsetzung prüfen.» 35 Millionen Euro kostet das Projekt, das von der Europäischen Union, dem Bund und verschiedenen Unternehmen finanziert wird. Unter der Federführung des GFZ arbeiten 18 Partner aus neun Ländern zusammen. Rund 100 internationale Experten waren am Dienstag nach Ketzin gekommen.

In einer 700 bis 800 Meter tief liegenden porösen Sandsteinschicht, die von einer nahezu undurchlässigen Gips- und Tonschicht bedeckt ist, sollen in den nächsten zwei Jahren drei Löcher entstehen. Durch eine der Bohrungen wollen die Potsdamer von Mitte Juni an nach und nach 60 000 Tonnen reines CO2 pressen, rund 100 Tonnen pro Tag. Gips- und Tonschichten halten das CO2 wie ein Deckel unter der Erde fest. Nach Meinung der Experten kann der Speicher so mehrere Millionen Jahre halten.

Durch die anderen Löcher sollen Messgeräte herabgelassen werden.
Sie erfassen, wie sich das unter Druck flüssige CO2 in der Tiefe verhält, und welche Wirkung es auf die Erde und das Grundwasser hat. Umweltexperten fürchten, dass der Grund versauern könnte. «Das im Sandstein vorhandene Salzwasser könnte vom Kohlendioxid verdrängt werden», sagt Gabriela von Goerne von der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Emmermann hält das Gas für ungefährlich. «Es ist unbrennbar und kommt auch in der Natur wie bei den Quellen im rheinland-pfälzischen Maria Laach vor.» Auch gebe es flüssiges CO2 am Meeresgrund. Seit vier Jahren erkunden auch Wissenschaftler vom Bremerhavener Alfred- Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, ob CO2-Deponien im Meer angelegt werden können.

«Man sollte die enormen Investitionen in die Lagerung besser in erneuerbare Energien stecken», sagte dagegen Klimaschutzexperte Matthias Seiche vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er hält das Forschungsprojekt für ein «Ablenkungsmanöver». In den nächsten Jahren würden 26 Kohlekraftwerke in Deutschland gebaut, die mit konventioneller Technologie laufen. Projekte wie CO2Sink weckten den Eindruck, es wären «saubere» Anlagen. Voraussetzung für die Nutzung der Erdspeicher wäre die energieintensive Trennung von Rauchgas und CO2 in den Kraftwerken.

Dabei werde aber der ohnehin schon geringe Wirkungsgrad der Anlagen von rund 43 Prozent um ein weiteres Drittel verringert, sagte Seiche. Im Vergleich dazu seien Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung, die gleichzeitig Wärme und Strom gewinnen, mit einem Wirkungsgrad von 80 Prozent deutlich effizienter.

Derweil planen auch die Energiekonzerne Vattenfall und RWE Anlagen, bei denen das CO2 nach der Kohleverbrennung vom Rauchgas getrennt und in den Untergrund gepresst werden soll. 2008 soll das Pilotprojekt von Vattenfall im brandenburgischen Spremberg in Betrieb gehen. (dpa)
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