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03.02.2020 | 06:46

Kohleabbau durch RWE: Abstand zum Hambacher Forst ausreichend?

Kohlegewinnung
Der Hambacher Forst bleibt. Er muss für den Tagebau nicht verschwinden. Aber gerettet ist er aus Sicht der Waldschützer noch lange nicht. RWE sieht das anders. (c) tomas - fotolia.com

«Hambi» gerettet, Besetzer raus? - «Noch lange nicht»



Der jahrelang umkämpfte Hambacher Forst bleibt. Er muss für den Braunkohletagebau nicht verschwinden. Aber gerettet ist er aus Sicht der Waldschützer noch lange nicht.

Die Botschaft der NRW-Landesregierung kommt nicht an - zu groß ist das Misstrauen der Waldschützer. Der Hambacher Forst bleibe erhalten, heißt es beim Düsseldorfer Bauministerium. Das werde mit dem Kohleausstiegsgesetz garantiert. Aber die Gewalt im Wald am Braunkohletagebau Hambach reißt nach Polizeiangaben nicht ab: Es gibt weiter Brandanschläge und Gewaltattacken wie vor kurzem noch mit einem Pflasterstein auf Security-Mitarbeiter des Energiekonzerns RWE.

Die Landesregierung appelliert weiterhin an die Waldbesetzer und Bewohner der Baumhäuser, «freiwillig den Forst zu verlassen - auch im Interesse des Waldes und Baumbestandes». Doch der Konflikt um den Wald zwischen Köln und Aachen, der ursprünglich dem Tagebau weichen sollte und zum Symbol für den Kampf von Klimaaktivisten gegen die Kohle geworden war, setzt sich fort. Waldschützer sehen ihn weiterhin bedroht.

Wer aus dem Hambacher Forst Richtung Nordwesten zum Waldsaum läuft, nimmt durch die jetzt im Winter kahlen Bäume irgendwann die Konturen dieses unglaublich mächtigen Baggers wahr: Wie nah er dem Wald doch gekommen ist, quasi auf Rufweite. Nicht nur die Waldbesetzer verstehen die Situation als Provokation und Bedrohung für den Wald, wie sie zuletzt in Gesprächen und Mitteilungen immer wieder deutlich gemacht haben.

«Hambi gerettet? Noch lange nicht», sagt etwa Andreas Büttgen von der Bürgerinitiative «Buirer für Buir». Er kämpft seit langem mit der Initiative für den Wald - sachlich und unaufgeregt. Das Vertrauen habe sehr gelitten über diesen Zeitraum. Das Vertrauen gegenüber RWE und der Landesregierung. 

«Wir haben nur Worte auf Papier», sagt Büttgen. Und auf dem Papier steht nach der Bund-Länder-Einigung zum Kohleausstieg: Der Wald werde für den Braunkohletagebau nicht in Anspruch genommen. Für Büttgen heißt das aber noch lange nicht, dass der Wald überleben wird. «Wir brauchen 500 Meter Puffer, damit der Wald nicht austrocknet», argumentiert er mit Bezug auf eine Greenpeace-Studie.

Demnach wirkt der Tagebau Hambach an heißen Sommertagen wie ein Brutofen, der dem Wald alle Feuchtigkeit entzieht. «Die mikroklimatischen Randeffekte, die vom Tagebau ausgehen, sind ein bislang unterschätztes Problem», stellte der Biologe und Waldforscher Professor Pierre Ibisch fest.

Rund um den Hambacher Wald solle eine Zone von 500 Metern wiederbewaldet werden, um für Kühle zu sorgen und um vor dem Austrocknen zu bewahren. «RWE muss nichts unternehmen, um den Wald zu zerstören. Aber sie befördern das durch ihr Verhalten», meint Büttgen.

Mit der Bund-Länder-Einigung zum Kohleausstieg bleibt der Hambacher Forst stehen und auch der Ort Morschenich im Südwesten. RWE will nach eigenen Angaben der Landesregierung Anfang Februar die Umplanung für den Tagebau vorlegen. Für Rekultivierung und sichere Erdböschungen würden «erhebliche» Abraummassen und Kultivierungsmaterial aus dem genehmigten Abbaufeld gebraucht - aber weniger, als mal geplant. Bei der Umplanung würden Abbaugrenzen und Tiefen konkretisiert.

«Der Betrieb des Tagebaus Hambach wird auf jeden Fall auch künftig einen angemessenen Abstand zu dem verbliebenen Waldstück halten. So ist sichergestellt, dass weder der Wurzelbereich noch die Baumkronen Schaden nehmen können», teilte RWE mit. Die Wasserversorgung sei durch den Tagebau nicht gefährdet. «Die Vegetation lebt seit jeher ausschließlich vom Niederschlag.»

Auch wenn «Hambi» als Insel in der Tagebaugrube vom Tisch ist, sieht der Umweltverband BUND die Gefahr einer ökologischen «Verinselung» - nämlich dann, wenn die Bagger weiterhin so nah am Waldsaum graben würden. Damit würde die Chance verpasst, den Wald zum Kern eines Biotopverbundsystems zu machen, sagt BUND-Sprecher Dirk Jansen. Damit der Artenaustausch funktionieren kann, müsse der Hambacher Forst mit anderen Waldgebieten verbunden werden.

Die lange Geschichte des Rechtsstreits im Zusammenhang mit dem Tagebau könnte für den Umweltverband noch nicht vorbei sein, machte Jansen deutlich. Nach dem Auslaufen des Hauptbetriebsplanes Ende 2020 brauche RWE eine neue Genehmigung. «Da haben wir alle Rechtsmittel», sagte Jansen.

Und was passiert mit den Waldbesetzern, kommt die nächste Räumung? Da hält sich das NRW-Bauministerium nach den verpufften Effekten der großen Räumung im Herbst 2018 zurück: «Welche weiteren Mittel bei leider andauernden Verstößen gegen verschiedene Rechtsvorschriften angemessen sind, gilt es zu prüfen.»
dpa/lnw
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