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15.11.2012 | 09:03 | Energiebranche 

Stromkonzerne leiden unter Energiewende

Düsseldorf / Essen - Kraftwerksschließungen, Stellenabbau und bei Vattenfall sogar rote Zahlen - Deutschlands Energieriesen kämpfen derzeit an mehreren Fronten gleichzeitig.

Energieversorgung
(c) proplanta
Durch die Energiewende haben sie einträgliche Atommeiler verloren und ihre teuren modernen Gaskraftwerke laufen kaum mehr, weil Wind- und Sonnenstrom in den hochpreisigen Mittagsstunden Vorrang genießen. Dazu immer höhere staatliche Lasten wie die EEG-Umlage und die Konjunkturschwäche vor allem im Süden Europas - die Quartalsberichte der Unternehmen zeigten dieser Tage zwischen den Zeilen ein Hauch von Düsternis.

Allen voran Eon, Deutschlands größter Energiekonzern. Als Eon-Chef Johannes Teyssen am Dienstag seine Telefonkonferenz eröffnete, konnte man die tiefen Sorgenfalten förmlich sehen: «Ein nicht einfacher Tag für unseren Konzern, ein schwieriger Tag für unsere Investoren», begann der Eon-Chef.

Dann ging es um schwache Stromnachfrage, verringerten Handel und Absatz und am Ende kassierte Teyssen die ehrgeizige Gewinnprognose für 2013 ein - ein Fiasko an der Börse mit zeitweise zweistelligem Kursverlust.

Bei RWE lief es am Mittwoch glimpflicher ab. Das Unternehmen hatte sich das weniger ambitionierte Ziel gesetzt, den durch Atomwendeabschreibungen stark geminderten Gewinn von 2011 wieder zu erreichen. Das dürfte wohl gelingen, und die Essener mussten nicht zurückrudern. Aber auch sie sprachen in der Pressekonferenz viel mehr über ihre geplanten Anteilsverkäufe als über unternehmerische Pläne.

Um den viel zu hohen Schuldenberg abzubauen, will RWE jetzt sogar an den Investitionen sparen - eigentlich ein Alarmsignal.

EnBW, die deutsche Nummer drei, hatte vergangenen Freitag den Reigen mit einem Einbruch bei Stromerzeugung und Handel um mehr als ein Viertel für die ersten drei Quartale eröffnet. Der schwedische Staatskonzern Vattenfall mit starken Aktivitäten in Deutschland meldete für das dritte Quartal sogar einen Nettoverlust von fast 460 Millionen Euro.

Grund vor allem Abschreibungen in den Niederlanden aber daneben auch, wie überall: Überkapazitäten am Markt, niedrige Strompreise, geringe oder kaum vorhandene Margen vor allem bei der Stromerzeugung auf Erdgasbasis.

Die Margen der Gaskraftwerke reichten für «gar nichts» mehr, schimpfte Teyssen. Das sei «widersprüchlich» und «grotesk». In der Tat: Ausgerechnet die hoch flexiblen Gaskraftwerke, die bei Stromschwankungen der Erneuerbaren blitzschnell anspringen und sauberen Strom mit hohem Wirkungsgrad produzieren, werden kaum mehr gebraucht. Denn sie sind auf Spitzenlast zur Mittagszeit ausgelegt - und die kommt jetzt von Sonne und Wind. Auch Pumpspeicherkraftwerke, die im Bedarfsfall in nur 30 Sekunden hochgefahren werden können, rechnen sich nicht mehr - ganz einfach, weil der Unterschied zwischen billigem Abend- und Nachtstrom und teurem Mittagsstrom zu klein geworden ist.

Wenn die Energiekonzerne bei unrentablen Kraftwerken die Reißleine ziehen und sie schließen wollen, kriegen sie Ärger mit der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern. Denn lukrativ oder nicht: Die Kraftwerke werden vor allem in Süddeutschland für die Stabilität der Netze gebraucht.

Bei den zwei Gaskraftwerken bei Hanau und Ingolstadt, die der Eon-Konzern schließen will, übernimmt deshalb der Netzbetreiber Tennet für den Winter den Betrieb. Weitere Verhandlungen über den Weiterbetrieb «systemrelevanter Kraftwerke» laufen derzeit bei der Bundesnetzagentur. Dabei werde kräftig gefeilscht, hieß es von Vertrauten - und von Seiten der Konzerne wahrscheinlich mit wenig Humor. (dpa)
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