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30.03.2023 | 14:07 | Menschenrechtsverletzungen 

VW lehnt Einigung zu möglicher Sklavenarbeit in Brasilien ab

Brasília - Volkswagen do Brasil hat in einer Anhörung zu möglicher Sklavenarbeit auf einer Amazonas-Farm eines Tochterunternehmens in den 1970er und 80er Jahren nach Angaben der brasilianischen Staatsanwaltschaft den Verhandlungstisch verlassen.

Sklavenarbeit bei VW?
Die brasilianische Staatsanwaltschaft wirft Volkswagen do Brasil schwere Menschenrechtsverletzungen auf einer früheren Farm im Amazonasgebiet vor. Sie wollte vor einem möglichen Prozess zu einer Übereinkunft kommen. Der Autokonzern lehnte ab. (c) proplanta
Das Unternehmen habe erklärt, kein Interesse an der Unterzeichnung eines Abkommens mit der für Arbeitsrecht zuständigen Anklagebehörde zu haben, hieß es in einer Mitteilung der Behörde in Brasília am Mittwoch (Ortszeit). Ein solches Abkommen entspricht in Deutschland etwa einer vorprozessualen Einigung.

«Das Verhalten von VW ist beschämend und zeigt, wie in den Vorstandsetagen über die Zivilgesellschaft gedacht wird», sagte Günther Schulz von der Brasilieninitiative Freiburg einer Mitteilung vom Donnerstag zufolge. Demnach sollte eine Petition mit fast 3.000 Unterschriften aus Deutschland übergeben werden. «VW sollte schnellstens einer Vereinbarung zustimmen und die Verzögerungstaktik aufgeben», so Schulz weiter.

Die Staatsanwaltschaft bedauerte die Haltung von Volkswagen, die im Widerspruch zu dem Bekenntnis des Unternehmens zum Land und zu den Menschenrechten stehe. Sie kündigte an, alle gerichtlichen und außergerichtlichen Maßnahmen zu ergreifen, die für eine wirksame Wiedergutmachung der mutmaßlich von dem Unternehmen verursachten Schäden erforderlich seien.

«Volkswagen do Brasil weist alle Behauptungen zurück, die in den Protokollen dieser Untersuchung über die Fazenda Vale do Rio Cristalino enthalten sind, und stimmt den einseitigen Darstellungen von Fakten durch Dritte nicht zu», sagte ein Sprecher von Volkswagen do Brasil auf Anfrage. Die brasilianische Staatsanwaltschaft hätte das Unternehmen erst drei Jahre nach Beginn der Untersuchungen informiert.

Die brasilianische Staatsanwaltschaft hatte VW do Brasil im Mai 2022 vorgeladen. Bei der Anhörung im Juni 2022 ging es auch um eine etwaige Wiedergutmachung für die Arbeiter auf der Farm und für die brasilianische Gesellschaft. Es gehe um einen sehr schwerwiegenden Verstoß gegen die Menschenrechte, der über mehr als zehn Jahre hinweg unter der direkten Beteiligung von Volkswagen stattfand, hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft.

Staatsanwalt Rafael Garcia Rodrigues hatte etwa von unwirtlichen Unterkünften auf der als «Fazenda Volkswagen» bekannten Farm in Santana do Araguaia im Bundesstaat Pará gesprochen. Zudem hätten die Arbeiter die Farm nicht verlassen können. Die Arbeitnehmer und die brasilianische Gesellschaft selbst haben nach Ansicht der ermittelnden Staatsanwälte eine respektvollere Behandlung und eine Wiedergutmachung für den verursachten Schaden verdient.

Der Vorschlag der Staatsanwaltschaft sah eine Entschädigung für bereits identifizierte mutmaßlich geschädigte Arbeiter vor sowie ein Programm zur Suche nach anderen Arbeitern, die auf der Farm ebenfalls so behandelt wurden. «Statt die Opfer der VW-Sklavenarbeit der Vale do Rio Cristalino-Farm endlich nach all den Jahren zu entschädigen, will Volkswagen die Bezüge, Boni und Gehaltszahlungen für den Vorstandsvorsitzenden Oliver Blume und die der weiteren acht Mitglieder des Vorstands erhöhen», kritisierte Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. «Aber für die Sklavenarbeiter in Brasilien gibt es von VW nur ein müdes Lächeln.»

Bei der «Fazenda Volkswagen» handelte es sich Ermittler Garcia Rodrigues zufolge um eine der größten Unternehmungen im ländlichen Amazonasgebiet, der Autokonzern wollte damals in das Fleischgeschäft einsteigen. Sie wurde in den 1970er Jahren gegründet und von der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985) unterstützt. Die Farm war rund 1.390 Quadratkilometer groß und hatte etwa 300 Arbeiter. Die für die Rodung zuständigen Leiharbeiter, auf die sich der Vorwurf der Sklavenarbeit vor allem bezieht, waren nicht direkt bei dem Tochterunternehmen angestellt.

Weil das Unterfangen mit öffentlichen Mitteln und steuerlichen Erleichterungen habe rechnen können, ist der Staatsanwaltschaft zufolge eine Entschädigung der brasilianischen Gesellschaft notwendig.
dpa
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