Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
04.11.2014 | 09:46 | Junge DLG 

Junglandwirte diskutieren über Personal- und Zeitmanagement

Frankfurt/Main - Landwirtschaftliche Unternehmen verändern ihre Strukturen, Fremdarbeitskräfte gehören in vielen Betrieben zum normalen Bild.

Tagung
(c) proplanta
Landwirte werden dadurch zu Führungskräften, die nicht nur ihr eigenes Zeitmanagement im Griff haben müssen, sondern auch das ihrer Angestellten. Zusätzlich wächst durch die heutige Digitalisierung der Druck der ständigen Erreichbarkeit, und schnell entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit.

Signale und Anzeichen an sich selbst und den Angestellten richtig zu deuten, sollten junge Entscheider der Branche beherrschen. Ein Einblick in dieses Thema gab die Tagung „Und gestern war heute noch morgen?! - Zeitmanagement in der Landwirtschaft“, zu der die Junge DLG gemeinsam mit den Arbeitsgemeinschaften sowie der Fachschaft der Agrarwissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen 250 junge Menschen in der Aula am Waldweg am 29. Oktober begrüßen konnte.

Personalbeschaffung wird immer schwieriger



Die Arbeitszufriedenheit in der Landwirtschaft ist hoch und trotzdem kämpfen Unternehmen um gut ausgebildete Fachkräfte. Doch Zufriedenheit alleine reicht nicht, um die junge Generation in den ländlichen Gebieten zu halten. Prof. Dr. Ludwig Theuven von der Universität Göttingen machte in seinem Vortrag deutlich, dass das Personalmanagement eine der großen Herausforderungen der Zukunft in der Landwirtschaft sein wird.

„Die Personalbeschaffung wird immer schwieriger“, betonte er. Der demografische Wandel, die Urbanisierung und eine geringe Lohnstruktur lassen die Zahl der jungen Arbeitskräfte in ländlichen Gebieten schrumpfen.

Unternehmen setzen vermehrt auf Teamfähigkeit und soziale Kompetenz



Dass die Landwirtschaft durch Zerrbilder wie „Bauer sucht Frau“ in ein Licht gerückt wird, das nicht immer der Wahrheit entspricht, ist zwar keine neue Erkenntnis, doch leider ist sie laut Anne Kotthoff von der Dr. Schwerdtfeger Agri HR Consul in Emstek eine weitere Bremse des Nachwuchswachstums in der Landwirtschaft. Der vorhandene Fachkräftemangel macht es dem heutigen Agrarstudenten leicht auf dem Arbeitsmarkt.

„97,6 Prozent der Agrarabsolventen sind nach zwei Jahren im Job“ erklärte Kotthoff. Die Unternehmen suchen zwar nach der Eier legenden Wollmilchsau, machen später bei den Einstellungen dann aber auch Abstriche. Entscheidend sind laut Kotthoff die Teamfähigkeit und soziale Kompetenz eines Bewerbers, die auch höher gewichtet wird als das fachliche Wissen.

Zum Thema Zeitmanagement rät sie den Absolventen, Stress am besten erst gar nicht aufkommen zu lassen. Hierbei sei unter anderem Sport wie auch ein bewusster Umgang mit Emails für die Balance zwischen Freizeit und Arbeit entscheidend.

„Work smart – not hard“



Nicht mehr die Karriere und der Chefsessel locken den heutigen Berufseinsteiger. Die so genannte ‚Generation Y‘ hat andere Prioritäten. Sabbatical, Wahlarbeitszeit, Balance statt Burnout und Zeit für die Familie und Freunde stehen an erster Stelle. „Work smart – not hard“ fasst Eckard Schlamann von der entra Unternehmensberatung den Trend zusammen. Das Zeitmanagement muss dieser Generation angepasst werden.

Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit wirkt besonders für die neuen Berufseinsteiger als Entscheidungskriterium. Hierbei sieht Schlamann Ordnung, klare Ziele und definierte Verantwortlichkeiten als unablässig an. Es muss aber klar sein, dass auch das beste Zeitmanagement nicht hilft, wenn äußere oder innere Einflüsse die Tages- oder Jahrespläne beeinflussen. So muss ein Puffer von 40 bis 50 Prozent gesetzt werden, um den „Zeiträubern“ relaxed gegenüberzutreten.

Die Generation Y fordert „Entfaltung statt Fremdbestimmung“ und so wird die Führungsposition immer entscheidender. Über die Hälfte der Anwesenden will selbst führen und sich nicht in ein Angestelltenverhältnis begeben. Diesen jungen Chefs muss bewusst sein, dass sie zukünftig oftmals den Hauptkündigungsgrund darstellen.

Ein Chef muss einiges leisten: einen guten Austausch mit den Angestellten, einen fairen Führungsstil wie auch das Lob spielen hierbei eine wichtige Rolle. Die Arbeitsbelastung darf nicht an einem Einzelnen hängen, und der Chef muss Freiräume haben, um dies zu organisieren.

Zeitmanagement ist ein ewiger Prozess – der gemeinsame Weg ist wichtig!



Sich Freiräume schaffen, am Wochenende auch mal ausschlafen und Lust haben auf die Arbeit, sind für Mirko Graff, Landwirt aus dem Rheinland, wichtige Antriebsmotoren, um seiner Rolle als Chef und Unternehmer gerecht zu werden. Der 30-jährige bewirtschaftet zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchvieh und Energiewirtschaft bei Aachen. Hierbei ist die Arbeitsteilung zwischen ihm und seinem Bruder „der Trick, damit keine Leerläufe entstehen“.

So melkt er im Stall, während sich sein Bruder auf die Reproduktion spezialisiert hat. Im Büro wurden die Arbeiten auch geteilt. Graff beschäftigt sich zwischen den Melkzeiten mit der Kundendisposition, während sein Bruder die Kundenakquise und die tägliche Anlagenbetreuung übernimmt. Graff setzt hohe Ziele an ein gutes Zeitmanagement. So gewährleistet er sich und seinen Angestellten die Balance zwischen Freizeit und Arbeit, eine Integration von Urlaub und auch das Ausschlafen am Wochenende.

„Zeitmanagement ist aber ein ewiger Prozess, besonders wenn man noch eine gewisse Flexibilität bewahren möchte“ sagte Graff. Er verlässt sich hierbei auf einen digitalen Helfer. Die App ‚Wunderlist‘ wird von allen Mitarbeitern genutzt. Wichtige Arbeiten werden vermerkt und mit Daten und Zeiten versehen. „So sieht jeder, wo und wann etwas zu tun ist, und wenn der Balken rot ist, kann es auch nicht länger aufgeschoben werden“.

Neben den neuen Medien setzt Graff bei seiner Organisation auf die Verteilung auf viele Schultern und eine faire Bezahlung. Zukünftig plant er die Arbeitsabläufe noch stärker mit seinen Mitarbeitern zu diskutieren, um das „Wir-Gefühl“ zu stärken und die Ideen der Mitarbeiter stärker integrieren zu können. „Wichtig ist, dass die Arbeit gut gemacht ist, ob ich dabei die Schaufel links oder rechts anfasse, ist mir egal“. Ihm ist der gemeinsame Weg wichtig!

Weitere Informationen sind erhältlich bei der DLG. Ansprechpartnerin ist Leonie K. Hug, Telefon 069/24788-308 oder E-Mail: l.hug@dlg.org (dlg)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Warum es drei junge Menschen in die Landwirtschaft zieht

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken