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04.05.2010 | 10:22 | DLG-Feldtage 2010 Spezial 

Pflanzenschutz - sauber, sicher, schnell

Hannover/Frankfurt a. Main - Die Belastung der Gewässer mit Pflanzenschutzmitteln ist auch in intensiv bewirtschafteten Gebieten seit Jahren rückläufig.

DLG-Feldtage 2010


Damit dieser positive Trend anhält und auch zukünftig die Grenzwerte eingehalten werden, ist die Produktionstechnik stetig zu optimieren. In der Regel werden zwei Eintragspfade für Pflanzenschutzmittel in Oberflächenwasser unterschieden:



  • Punktquellen: Hierbei handelt es sich um Einträge, die hauptsächlich durch die Handhabung der Pflanzenschutzmittel resultieren, z. B. beim Befüllen, Reinigen der Geräte und der Handhabung von kontaminierten Restflüssigkeiten
  • Diffuse Quellen: Dies sind Eintragspfade, die z. B. durch Bodenabschwemmungen nach der Applikation durch kräftige Niederschläge, Austräge von Drainagen und durch Abdrift verursacht werden.

Punkteinträge sind für 50 bis 70 Prozent der Pflanzenschutzmitteleinträge in Oberflächengewässer verantwortlich, das zeigten Untersuchungen der Universität Gießen. Diese Befunde decken sich mit Studien aus Belgien und England.


Spritzenreinigung zur Vermeidung von Punkteinträgen

Für viele Landwirte ist die Reinigung der Pflanzenschutzspritze ein lästiges Übel, das sie stiefmütterlich oder überhaupt nicht angehen. Insbesondere das Reinigen auf den Hofflächen stellt hierbei ein besonderes Risiko dar. Denn welcher Landwirt hat schon einen Waschplatz, der das gesamte Waschwasser auffangen und biologisch abbauen kann? Vielfach wird der Ölabscheider als adäquates Mittel bemüht, um seine Handlungen zu rechtfertigen. Der Ölabscheider ist jedoch bei den meisten Pflanzenschutzmitteln wirkungslos, er kann den Eintrag in die Kanalisation nicht verhindern.


Reinigung direkt im Feld

Die einfachste Methode, diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, ist die Reinigung direkt im Feld. Einige Spritzenhersteller bieten automatisierte Reinigungsprogramme schon seit einiger Zeit an. Der Landwirt muss dafür einen Aufpreis bezahlen, obwohl die Notwendigkeit dieser Systeme nicht sofort ersichtlich ist. Doch sind die meisten Spritzen nicht schon mit dem Nötigsten ausgestattet? Für eine effektive Innenreinigung auf dem Feld wird nichts weiter als ein Frischwassertank und eine Tankinnenreinigungsdüse benötigt. Dann muss nur noch der Klarwasservorrat in drei Portionen in den Haupttank eingeleitet, umgewälzt und direkt auf ein unbehandeltes Stück Fläche ausgebracht werden. Dies benötigt allerdings Zeit und ist unter Umständen auch sehr schwierig durchzuführen. Denn bei vielen Spritzen bedeutet dieses Verfahren ein häufiges Auf- und Absteigen vom Schlepper, ein ständiges Umschalten der Spritze von Rühren auf Spritzen, und zusätzlich muss der Anwender häufig durch schon zuvor behandelte Kulturen laufen. Um dies zu umgehen, bieten sich daher die automatisierten Systeme der Gerätehersteller an, die einem das Reinigen deutlich erleichtern.


Kontinuierliche Innenreinigung - ein neues System

Doch was geschieht mit den vielen in Gebrauch befindlichen Spritzen? Kann man die Reinigungssysteme der verschiedenen Hersteller auch nachrüsten? Es geht noch einfacher und meist auch kostengünstiger. Man benötigt nur eine zusätzliche Reinigungspumpe, die das Klarwasser aus dem Frischwassertank über eine angepasste Innenreinigungsdüse in den Haupttank pumpt. Hat man diese Pumpe nachgerüstet, ist die Spritze für das kontinuierliche Innenreinigungssystem vorbereitet. Hinter dem System verbirgt sich die Möglichkeit, in weniger als zehn Minuten eine Spritze bequem vom Schlepper aus im Feld zu reinigen und mit einer sauberen Spritze nach Hause zu fahren. Die Größe der benötigten, zusätzlichen Pumpe richtet sich vor allem nach der Gestängebreite und der Pumpenausstattung der Spritze. Zunächst muss hierfür der Gesamtdüsenausstoß ermittelt werden. Nimmt man beispielsweise eine Arbeitsbreite von 21 m und eine Airmix 110 03, die bei 3 bar im Feld eingesetzt wird, ergibt sich bei 42 Düsen ein Gesamtausstoß von ca. 50 l/Min. Hierbei wird schon deutlich, dass größere Spritzen mit Arbeitsbreiten von 27 m und mehr auf aufwändige Reinigungspumpen mit einem Ölmotor zurückgreifen müssen, um die benötigte Literleistung zu realisieren. Kleinere Spritzen mit Arbeitsbreiten von 12 bis 15 m können je nach verwendeter Düse und Wasseraufwandmenge auch elektrische Pumpen, die von der Schlepperelektrik gespeist werden, verwenden. Ist die Pumpe dann noch mit einer Fernbedienung ausgerüstet, steht der Reinigung im Feld vom Schlepper aus nichts mehr im Wege.


Grundvoraussetzung ist das genaue Ansetzen der Spritzbrühe

Man muss davon ausgehen, dass die Spritze im letzten Feld leer ist. Dies ist daran zu erkennen, dass der Druck abfällt bzw. aus den Düsen Luft kommt. Ist dieser Punkt erreicht, fährt man in ein unbehandeltes Spritzfenster am Anfang des Feldes. Hier muss nun darauf geachtet werden, dass die Spritzpumpe weiterläuft und der Rücklauf geöffnet ist. Hat man vorher Keile gespritzt, müssen die geschlossenen Teilbreiten wieder geöffnet werden, so dass die gesamte Arbeitsbreite verfügbar ist. Somit ist gewährleistet, dass alle flüssigkeitsführenden Teile gereinigt werden. Im Anschluss aktiviert man die Reinigungspumpe und fährt über eine unbehandelte Fläche (Spritzfenster). Das Prinzip basiert, anders als bei der mehrfachen Verdünnung, auf dem „Herausdrücken“ der Spritzbrühe aus dem System. Hierbei wird in kürzester Zeit die Konzentration im Leitungssystem drastisch verringert. Wichtig dabei ist, dass man nach etwa zwei bis drei Minuten während des Reinigungsvorganges die Düsenleitung mehrfach an- und ausschaltet. Dies ist besonders bei Zirkulationssystemen notwendig, da diese während des Spritzbetriebes oft nicht arbeiten und somit eine potenzielle Restmenge im System verbleiben könnte. Werden diese Punkte beachtet, kann sichergestellt werden, dass die Spritze für die meisten Folgeanwendungen sauber ist.


Bei Wirkstoff- und Kulturwechsel ist die kontinuierliche Innenreinigung zu wiederholen

Steht ein Wirkstoff- und Kulturwechsel bevor, sollte u. U. auch die kontinuierliche Innenreinigung wiederholt werden. Wenn bestimmte Produktgruppen, insbesondere Sulfonylharnstoffe verwendet werden, können bei der Reinigung spezielle Reinigungsmittel wie Agroclean zugesetzt werden, um den Reinigungseffekt zu erhöhen. Setzt man diese Reinigungsmittel im Feld zu und beendet die Reinigung dort, können diese während der Fahrt zum Hof entsprechend einwirken. Füllt man nun das Frischwasserfass erneut und fährt auf eine unbehandelte oder biologisch aktive Fläche, auf der die kontinuierliche Reinigung erneut durchgeführt wird, hat man die Gewissheit, dass die Spritze sauber ist. Doch am wichtigsten bei allen Reinigungsverfahren ist die zeitnahe Reinigung. Das heißt, dass die Reinigung, welche direkt im Anschluss an die letzte Spritzung durchgeführt wird, die besten Erfolge erzielt. Man darf die Spritze nicht erst einige Tage stehen lassen und dann davon ausgehen, diese „mal eben“ schnell und unkompliziert sauber zu bekommen.

Vor der Behandlung von Raps, Zuckerrüben, Leguminosen und Mais sollte eine intensivere Innenreinigung durchgeführt werden, wenn vorher Sulfonylharnstoffe, Sulfonylharnstoff ähnliche, Wuchsstoffe und Wuchsstoff haltige Präparate gespritzt wurden. Vor der Behandlung von Mais sollte überprüft werden, ob Gräserherbizide in Getreide, Raps, Rüben und Leguminosen im Behälter waren. Vor der Behandlung von Getreide vergewissert man sich, ob nicht Gräserherbizide aus dem Mais, aus Raps, Rüben und Leguminosen angewendet worden sind. Diese Kombinationen gilt es vor allem bei Lohnunternehmern bzw. Gemeinschaftsgeräten genauesten zu überprüfen, da sonst mit nicht unerheblichen Kulturschäden gerechnet werden muss.


Zwei Verfahren für die Außenreinigung

Für die nachfolgende Außenreinigung stehen prinzipiell zwei Verfahren zur Verfügung. Die Waschbürste, vielfach in der Praxis an den Geräten angebracht, erfordert einigen zeitlichen Aufwand, erreicht aber einen guten Reinigungsgrad. Auf Grund des hohen Wasserverbrauchs und der schlechten Erreichbarkeit von Ecken und Kanten an der Spritze ist die Bürste jedoch nicht die optimale Ausstattung zur Reinigung. Alternativ kann eine Spritzpistole bzw. -lanze mit einer Flachstrahldüse verwendet werden. Beide Systeme können direkt an der Armatur angeschlossen werden und nutzen die eigene Pumpe des Gerätes. Daher kann man von einer kostengünstigen Variante sprechen, die es dem Landwirt ermöglicht, auch seine Spritze mit solch einem System nachzurüsten. Die Hersteller setzen im höheren Preissegment vermehrt auf eine Reinigung durch einen am Gerät mitgeführten Hochdruckreiniger. Mit einer Hochdruckpumpe und über eine Spritzlanze kann mit dem mitgeführten Klarwasser das Gerät bequem von außen gereinigt werden. Jedoch ist diese Lösung zur Nachrüstung an einer schon vorhandenen Spritze mit ca. 1500 € etwas kostspieliger. Beide Varianten ermöglichen aber dem Landwirt, auf eine bequeme Art zeitnah seine Spritze komplett im Feld zu reinigen. Verwendet man schon während der Spritzung abdriftreduzierte Düsen, wird die Kontamination der Spritze schon zur Zeit der Anwendung deutlich verringert. Dadurch kann die Außenreinigung schwerpunktmäßig auf Reifen und stark kontaminierte Teile gelenkt werden. Natürlich darf diese Reinigung nicht unmittelbar an einem wasserführenden Graben oder Bach durchgeführt werden.


Unterschiedliche Handhabung im Bundesgebiet und in Nachbarländern

In Nordrhein-Westfalen ebenso wie in Dänemark gibt es die Empfehlung, verdünnte Restmengen über die Güllebehälter zu entsorgen und dann mit der Gülle im Feld auszubringen. Allerdings gibt es dafür keine einheitliche rechtliche Regelung, so dass sich diese Vorgehensweise in einem rechtsfreien Raum bewegt. In allen andern Bundesländern ist die Entsorgung über die Gülle nicht gestattet, weil es keine Lösung für viehlose Betriebe oder Betriebe mit Spezialkulturen ist. In Frankreich und Dänemark bestehen Regelungen, die es dem Landwirt erlauben, die Spritze komplett im Feld zu entleeren, wenn eine Verdünnung der Restmengen auf ein bzw. zwei Prozent erreicht wird. Mit der Spritze werden dadurch keine kontaminierten Restmengen zurück auf den Betrieb transportiert. Diese Regelung könnte auch in Deutschland auf dem Vorgewende angewendet werden. Allerdings bewegt sich der Landwirt auch dabei in einen rechtsfreien Raum. In Frankreich, Schweden, England und in Teilen Belgiens können Landwirte verdünnte Restmengen und belastete Waschwässer in Biofiltern oder sogenannten „biobeds“ behandeln. Die organischen Substrate (Boden, Stroh, Torf), in denen ein mikrobieller Abbau der Pflanzenschutzmittel erfolgt, werden nach ca. sechsjähriger Nutzung auf einem Feld verteilt. Solche Regelungen wären auch für Deutschland wünschenswert. Sie lohnen sich vor allem in größeren Betrieben


Schlagkrafterhöhung durch höhere Fahrgeschwindigkeiten und geringere Wassermengen

Mit 100 bis 150 l/ha Wasseraufwand bei bis zu 14 km/h spritzen und damit die Schlagkraft verdoppeln - das klingt für viele Landwirte verlockend. Denn damit ließe sich Zeit und Diesel sparen sowie zusätzlich noch der optimale Anwendungszeitpunkt besser treffen. Die große Frage ist jedoch, ab wann sich dabei die Wirkung verschlechtert oder Resistenzen drohen? Um das zu klären, hat die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zusammen mit BASF, Amazone und dem Düsenhersteller Agrotop auf Weizenflächen folgende drei Versuchs-Strategien auf ihre biologische Wirkung getestet:

  1. Standard: 200 l/ha, 8 und 14 km/h.
  2. Modern: 150 l/ha, 8 und 14 km/h.
  3. Risiko: 100 l/ha, 14 km/h.

Die Fungizidbehandlungen erfolgten im Weizen mit zwei unterschiedlichen Düsentypen (Airmix, TD HiSpeed) zu EC 32 (Capalo), EC 37/39 (Champion-Diamant) und zum Stadium 63 (Osiris). Blattbelagsmessungen mithilfe von Fluoreszensfarbstoffen zeigten deutliche Unterschiede auf den einzelnen Blattetagen. Dabei zeigte die Hi-Speed-Düse auf F -1 mit beiden Aufwandmengen sehr gute Beläge. Eine Bestandsdurchdringung bis F -3 schaffte dieser Düsentyp aber nur mit 200 l/ha Wasser. Je höher der Bestand ist, desto besser schneidet die Airmix-Düse mit der hohen Wasseraufwandmenge, vor allem in den unteren Blattetagen ab. Die Befallsbonituren zeigten sichere Wirkungen bei 200 l/ha Wasseraufwand und eine nachlassende Mehltauwirkung bei 150 und 100 l/ha bei einem Befallsdruck von 10 % in der unbehandelten Kontrolle.

Zusammenfassend lässt sich hierbei feststellen: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte beim Pflanzenschutz bei der Standardempfehlung von 200 l/ha Wasser bei 8 km/h mit einer Standardinjektordüse bleiben. Vor allem wenn die Betriebsstrukturen die hohen Fahrgeschwindigkeiten nur schwer zulassen. Bei einer geringeren Risikobereitschaft empfehlen sich 150 bis 200 l/ha Wasser bei 10 bis 14 km/h. Und wenn man das Risiko nicht scheut und die Flächenstruktur es zulässt, kann durchaus auch mit geringen Wasseraufwandmengen ein entsprechender Erfolg erzielt werden. Wichtig dabei ist, dass die unterschiedlichen Düsentypen und Wassermengen nach der Zielfläche ausgerichtet werden müssen. Zusatzstoffe, wie Nährsalze bzw. Additive und reduzierte Wirkstoffmengen, sollten nur bei optimalen Bedingungen eingesetzt werden. Falls man mit 100 l/ha Wasser bei 14 km/h Pflanzenschutz betreibt, sollte man zusätzlich auch die Nachtstunden in Erwägung ziehen, um den Tau auszunutzen. Engmaschige Erfolgskontrolle plus sehr gute Kenntnisse des Landwirts sind dann zwingend erforderlich.


Fazit

Zukünftig wird sich jeder Landwirt an scharfe Regelungen zum Wasserschutz im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie gewöhnen müssen. Nachhaltig sind Punkteinträge nur zu vermeiden, wenn jedem Landwirt klar wird, wo die Ursachen für die Gewässerbelastungen durch die Hofabläufe zu suchen sind. Wenn die Punkteinträge erkannt sind, lässt sich einfach gegensteuern. Allerdings haben die Landwirte in den Nachbarländern weitaus größere Möglichkeiten, Restmengen zu entsorgen. Hier bedarf es noch weiterer Verhandlungen mit dem Gesetzgeber, für die Entsorgung einen größeren Spielraum durchzusetzen.

Die Frage nach der richtigen Fahrgeschwindigkeit und Wasseraufwandmenge lässt sich pauschal kaum beantworten und ist in starkem Maße von der Flächenstruktur, dem Kenntnisstand des Betriebsinhabers und der Risikobereitschaft abhängig. Denn was nützt eine schnelle Behandlung, wenn die biologische Wirkung nicht gegeben ist und man sich dadurch aus Zeitgründen u.U. neue Resistenzen schafft? (DLG)

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