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02.06.2011 | 16:03

EHEC-Experte setzt Hoffnung auf neuen Schnelltest

Labor
(c) Darren Baker - fotolia.com
Institut: «Kein Anlass für EHEC-Entwarnung»

Berlin - Die Gesundheitsgefahren durch den Darmkeim EHEC sind nach Expertenangaben keinesfalls gebannt. Es gebe keinen Anlass für Entwarnung, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Reinhard Burger, bei einer Sondersitzung des Bundestags-Verbraucherausschusses am Mittwoch in Berlin. Die Quelle sei nicht konkret identifiziert. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass sie weiter zu Infektionen führe. Erst in einigen Tagen könne beurteilt werden, ob die vor etwa einer Woche ausgesprochenen Warnungen für den Verzehr von rohen Tomaten, Gurken und Salat wirkten und die Zahl der Infektionen sinke.

Mitterweile gebe es auch «erste Hinweise, dass eine Mensch-zu- Mensch-Übertragung erfolgen kann», erläuterte Burger. Dies gelte bei unzureichender Hygiene bei der Pflege von Angehörigen mit starkem Durchfall. Auch Krankenhauspersonal könne sich anstecken. Dies sei «nicht verwunderlich» und zeige, wie wichtig strikte Hygiene sei.

Mittlerweile seien alle Bundesländer von EHEC betroffen. Besonders viele Fälle gebe es in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Die anfängliche Eingrenzung auf bestimmte Lebensmittel als Ausgangspunkt habe sich bestätigt. «Es gibt keine anderen Gruppen, wo ein solch deutliches Signal für erhöhtes Risiko anzutreffen war.»


Bakterien-Schütteln im Akkord: Biologen fahnden nach EHEC

Hannover - Es ist kuschelig warm im Raum für die Bakterienzucht des Veterinärinstituts Hannover: Bei 37 Grad rütteln Platten rund 20 Lebensmittelproben gleichmäßig hin und her. «Unser Ziel ist es, die EHEC-Bakterien zu züchten», erklärt der Mikrobiologe Martin Runge vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Hannover. Die durchgerüttelten Proben mit klein geschnittenem Gemüse, Obst und Fleisch untersucht Runge dann auf den lebensgefährlichen Durchfallerreger EHEC.

In drei Laboren in Niedersachsen fahnden Mikrobiologen nach dem Auslöser des EHEC-Ausbruchs in Deutschland. Seit spanische Importgurken als Infektionsträger ausgeschieden sind, stehen die Wissenschaftler vor einem Rätsel. «Wir arbeiten den Feiertag und die Wochenenden durch, um herauszufinden, wo sich der EHEC-Erreger versteckt», sagt die Mikrobiologin Heidi Kuiper. Bundesweit sind mindestens 16 Menschen bislang gestorben, Hunderte liegen in Krankenhäusern - einige von ihnen kämpfen ums Überleben.

Mehr als 130 Lebensmittelproben haben die Mikrobiologen bisher in den niedersächsischen Laboren getestet: alle negativ. «Wir haben noch keine heiße Spur», sagt Silke Klotzhuber vom Landesamt für Lebensmittelsicherheit. Alle Tests beruhten auf Hinweisen von Patienten. «Aber könnten Sie sich genau daran erinnern, was Sie in den letzten zehn Tagen gegessen haben?», fragt Klotzhuber. So weit könne die Infektion mit dem EHEC-Erreger zurückliegen.

Neben Tomaten, Salat und Gurken haben die Mikrobiologen in Hannover schon Rindfleisch, Würstchen, Erdbeeren und Limetten untersucht. Sie stammten aus Supermärkten, von Marktständen und aus den Kühlschränken von Erkrankten. «Von jeder Probe nehmen wir 25 Gramm», erklärt Mikrobiologin Asmien Brix.

Zwei Tage dauert die Analyse im Labor mindestens: «EHEC-Bakterien sind lebende Wesen, die wir hegen und pflegen müssen», meint Brix. Kurz vor dem Sterben setzten die Erreger besonders viele Giftstoffe frei, die dann mit einer Antikörperreaktion nachgewiesen werden können, dem sogenannten ELISA-Test. Zudem könnten EHEC-Kolonien in einem weiteren Test direkt eingefärbt werden - entstehe ein blau-violetter Farbklecks handele es sich um den EHEC-Erreger.

Doch ein solcher Farbklecks ist in Niedersachsen noch nicht entstanden. «Wir liegen alle auf der Lauer», meint Runge. Sobald der EHEC-Erreger in einem Lebensmittel entdeckt werde, werde er sofort nach Berlin an das Bundesinstitut für Risikobewertung geschickt.

Runges Hoffnung: «Wenn wir endlich eine erste Spur haben, kann sich alles ganz schnell ändern.» Besonders sensibilisiert seien die Forscher für den EHEC-Typ O104, denn er soll die lebensgefährlichen Erkrankungen ausgelöst haben.

«Aber letztlich ist das so, als würden Sie unter vielen E.coli-Bakterien nach einem Karl Müller suchen», erklärt Kuiper. Bis die Lebensmittelprüfer jemanden gefunden haben, der so heißt und ihn auch noch als richtigen Karl Müller identifiziert hätten, könnten Tage oder Wochen vergehen. (dpa)
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