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04.04.2015 | 09:33

Jährlich werden 41.000 Tonnen Kaninchenfleisch gegessen

Kaninchen auf den Teller?
(c) proplanta

Nur Streicheln oder auch essen? Die Kaninchenmast wirft Probleme auf



Kaninchen zählen zu den beliebtesten Haustieren in Deutschland. Ostern haben sie gleich aus zwei Gründen Hauptsaison: Als Geschenk und als Festbraten. Mehr als 41.000 Tonnen Kaninchenfleisch werden pro Jahr bundesweit konsumiert - Tendenz steigend.

Zwei Drittel davon landen nach Brancheneinschätzungen allein an den Ostertagen in den Kochtöpfen. Nach Ansicht von Tierschützern endet damit für viele Tiere eine Leidenszeit. Das sei nur wenigen Verbrauchern bekannt - anders als bei klassischen Masttieren wie Puten, Schweinen oder Hühnern.

Ein Grund dafür ist nach Ansicht des Tierschutzbundes ausgerechnet die emotionale Bindung zu Kaninchen. «Die Frage «Wen streichle ich, wen esse ich» spielt für die Verbraucher bei Kaninchen eine besondere Rolle», sagt Sprecher Marius Tünte. Deshalb werde das Leid gerne übersehen. Letztlich würden überall dort Tiere gequält, wo sie in ein System gepresst würden. Doch auch seitens der Tierschützer sei das Leid der Kaninchen lange nicht genug beachtet worden, räumt er ein.

Dabei unterscheidet sich das Leben der zig Millionen Mastkaninchen im Land nicht wesentlich von denen der Puten. Bundesweit gibt es nach Angaben des Spitzenverbandes noch rund 50 Großbetriebe. Statt Wiese oder klassischem Stall sitzen die Tiere hier in Käfigbatterien. Deren Ausgestaltung war lange Zeit einzig Sache des Halters.

Erst im August 2014 wurden die Haltungsbedingungen in Deutschland für Kaninchen gesetzlich geregelt. Ein komplizierter Rechenschlüssel regelt nun die Bodenfläche, Käfighöhe und Besatzdichte. Aber nicht sofort - bis 2024 gilt die Übergangszeit. Auch bleibt die für die Tiere oft problematische Haltung auf Gitterböden weiterhin erlaubt.

Für Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) reicht dies nicht aus: «Die Haltung von Kaninchen in Batteriekäfigen hat nichts mit Tierschutz zu tun.» Sollte bei Kaninchen erlaubt sein, was bei Legehennen verboten ist, «wäre das ein Treppenwitz in der Tierschutz-Geschichte». Kaninchen hätten ein typisches Bewegungs- und ein ausgeprägtes Sozialverhalten. «Dafür brauchen sie Platz. Die Käfighaltung wird dem in keiner Weise gerecht», betont Meyer.

Kritiker der Mastbetriebe wie der Bremer Tierschutzverein halten es durchaus für möglich, Kaninchen unter gewerblichen Bedingungen artgerecht zu halten. Voraussetzungen dafür seien Gruppenhaltung in kombinierter Stall-/Auslaufhaltung, reduzierte Besatzdichte, eine strukturierte Umgebung mit Fress- und Ruhebereich und eine artgemäße Fütterung, teilte der Verband jüngst mit. In Deutschland gebe es solche Haltungssysteme in größerem Stil aber bisher nicht.

Die Gründe dafür dürften, darin sind sich die Kritiker einig, in den wirtschaftlichen Interessen der Mäster liegen. Weniger Tiere bedeuten auch weniger Umsatz, heißt es unisono. Bereits vor der Einführung der besagten Haltungsverordnung hatte die Branche über den Kostendruck und Billig-Konkurrenz aus dem Ausland geklagt.

Der Chef des deutschen Kaninchenfleisch- und -wollerzeuger-Verbandes, Detlef Kreye, fürchtet, dass in ein paar Jahren kaum noch Kaninchenfleisch in Deutschland produziert wird - sondern die Ware nur noch aus China und Osteuropa stamme. Dabei seien dort die Haltungsbedingungen noch schlechter. Eine Umstellung auf die neuen Vorschriften würde den Kilopreis des Fleisches um rund 50 Cent erhöhen. Kreye: «Wir müssen sehen, ob die Verbraucher das bezahlen.»

Der Einzelhandel hat punktuell bereits reagiert. Diverse Warenhäuser bieten nur noch Kaninchenfleisch aus Bodenhaltung an. Das Wohl und die artgerechte Haltung von Tieren seien längst wichtige Auswahlkriterien beim Einkauf, teilte etwa Galeria Kaufhof mit. Der Verzicht auf Produkte aus der konventionellen Mast werde «von den Kunden gut angenommen.» Nach der Ansicht Kreyes ist das aber nur die halbe Wahrheit - viele der Bodenhaltungstiere stammten aus dubiosen Betrieben in China.

In dem Punkt ist Kreye auf einer Linie mit den Tierschützern. Die freiwilligen Regelungen reichten nicht aus, betont auch Tünte.Solange es etwa kein einheitliches Siegel für Fleisch gebe, dass aus einer Produktion stamme, bei der die Tiere nicht gequält würden, bleibe daher eigentlich nur der Verzicht auf den Kaninchenbraten. (dpa)
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