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21.02.2013 | 07:14 | Gepanschter Alkohol 

Gefährliche Alkohol-Steuer in Indonesien

Jakarta - Diese Trinktour wird Awang nicht so schnell vergessen: Mehrere Tage war der 30-jährige Indonesier im vorigen Jahr schwer krank, nachdem er an einem Straßenstand gepanschten Alkohol getrunken hatte.

Schnaps
(c) proplanta
Vier seiner Saufkumpane starben. «Da war ein neuer Stand, der billigen Stoff verkaufte, da wollten wir mal probieren», erzählt Awang, der wie viele Indonesier nur einen Namen hat.

Awang ist Straßenmusiker in Citeurop, rund 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Jakarta, und kann sich keine Qualitäts-Drinks leisten. «Ich glaubte, ich müsste sterben, als ich ein Brennen in der Brust spürte und nicht mehr atmen konnte», erzählt er. Dutzende Indonesier sterben jedes Jahr am Konsum von alkoholischen Getränken, die mit Giftstoffen wie Methylalkohol oder gar Mückenspray versetzt waren. Offizielle Todeszahlen gibt es nicht, aber die einheimischen Medien berichten immer wieder über solche Fälle.

Legal verkaufter Qualitätsalkohol wird im muslimischen Indonesien mit hohen Steuern von bis zu 400 Prozent belastet. Die Regierung argumentiert, dass hohe Preise die Menschen vom Trinken abhalten. Kritiker meinen aber, dies verleite nur dazu, zu schwarz gebranntem oder mit giftigen Substanzen gestrecktem Alkohol zu greifen.

«Hohe Steuern auf Alkohol zwingen die Leute dazu, ihre eigenen Drinks zu produzieren, ihre Kreativität hat aber oft tödliche Konsequenzen», sagt Ida Bagus Made Wijaya, der Vorsitzende der Indonesischen Tourismusvereinigung.

«Die Opfer sind oft Arme, die sich gerne betrinken möchten, sich aber keinen legalen Alkohol leisten können», fügt er hinzu. Teurer Alkohol mache auch den Tourismus weniger wettbewerbsfähig und verleite zum Schmuggel. «Es gibt keinen Grund, so hohe Steuern auf Alkohol zu erheben, um die Menschen vom Trinken abzuhalten, die Regierung muss nur die bestehenden Gesetze konsequent anwenden», sagt der Verbandschef.

Das Thema gepanschter Schnaps rückte vor kurzem ins Rampenlicht, als ein australischer Teenager nach dem Genuss eines mit Methanol versetzten Cocktails auf der Ferieninsel Lombok über Neujahr starb. Der Jugendliche war nicht der erste Ausländer, der an gepanschtem Alkohol starb. Vier russische Seeleute wurden im Juli vergangenen Jahres schwer krank, 2011 starb ein Australier auf der Insel Bali und ein weiterer erlitt einen Hirnschaden.

Der Tod von Ausländern macht Schlagzeilen, aber die meisten Opfer sind Indonesier. Jedes Jahr beschlagnahme die Polizei tausende Liter illegal produzierten Alkohols, aber der Handel werde kaum überwacht, sagt der Abgeordnete Mahfudz Siddiq. «Das ist eine sehr dringende Angelegenheit. In vielen Teilen Indonesiens gibt es lokale Alkoholhersteller, die aber nie von der Lebensmittel- und Drogenbehörde kontrolliert werden», sagte er.

Indonesien ist mit seinen mehr als 230 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste islamische Land der Welt. Moslems betrachten Alkoholkonsum allgemein als Sünde, und nach den Statistiken der Weltgesundheitsorganisation tranken die Indonesier zwischen 2003 und 2005 durchschnittlich weniger als einen Liter reinen Alkohols.

Das Innenministerium hob letztes Jahr einige örtliche Gesetze auf, die den Alkoholverkauf verboten, weil sie der nationalen Gesetzgebung widersprachen. Nach dieser dürfen Getränke mit bis zu fünf Prozent Alkoholgehalt öffentlich verkauft werden, während stärkeres Gebräu nur in Hotels, Restaurants oder anderen von Touristen frequentierten Orten angeboten werden darf.

Das Parlament arbeite jetzt an einem neuen Gesetz, das den Alkohol besser regulieren solle, sagt der Abgeordnete Ahmad Yani von der muslimisch ausgerichteten Vereinigten Entwicklungspartei. «Alkohol zu trinken, ist schlecht, aber gepanschten Alkohol zu trinken, ist noch schlechter. Deshalb brauchen wir ein strengeres Gesetz, das verschiedene Aspekte reguliert, darunter den Import, die Produktion, den Verkauf und die Verteilung», sagt er. Man plane aber kein völliges Alkoholverbot. «Wir wollen, dass das Gesetz Nahrungs- und Suchtmittelregulierungen wie in den entwickelten Ländern enthält, zum Beispiel den Vereinigten Staaten», sagt Yani. (dpa)
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