2009 stieg die Zahl der Hungerleidenden als Folge der Weltwirtschaftskrise auf rund eine Milliarde Menschen, heißt es im neuen Welthungerbericht, den die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) am Mittwoch in Rom vorstellte. Das sei der höchste Wert seit 1970. Die größte Not herrsche in den afrikanischen Staaten Demokratische Republik Kongo, Burundi, Eritrea, Sierra Leone, Tschad und Äthiopien, teilte die
Welthungerhilfe am Mittwoch in Berlin mit.
«Das 21. Jahrhundert droht zum Hungerjahrhundert zu werden», sagte Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann. Nach den jüngsten FAO- Zahlen bekommt jeder sechste Mensch auf der Welt nicht genug zum Essen. Die meisten unterernährten und hungernden Menschen leben in Entwicklungsländern. Nach Angaben der Welthungerhilfe sind in Asien 642 Millionen Menschen betroffen, im südlichen Afrika 265 Millionen und in Lateinamerika 53 Millionen Menschen. Die
FAO zählt noch 15 Millionen Betroffene in den Industrieländern dazu.
Gravierend sei die Lage vor allem in Afrika südlich der
Sahara, sagte Dieckmann. Als sehr ernst schätzt sie die Situation in Südasien ein - in Pakistan, Indien, Bangladesch und Kambodscha. In Lateinamerika fällt aber nur noch Haiti in diese Kategorie. Der Welthunger-Index 2009 der Hilfsorganisation vergleicht Daten zu Unterernährung und Kindersterblichkeit aus 121 Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Daten stammen aus dem Jahr 2007; die jüngste Preiskrise bei Lebensmitteln sei damit noch gar nicht voll erfasst, sagte Dieckmann.
Als Ursachen für Hunger nennt die Hilfsorganisation für Afrika Kriege, schlechte Regierungsführung und Aids. In vielen anderen Staaten zeige sich auch ein enger Zusammenhang zwischen Hunger und der Lage der Frauen. Sind sie sozial, politisch und wirtschaftlich benachteiligt, sei die Not im Land messbar größer, betonte Dieckmann. Sie appellierte an die Industrienationen, bei Entwicklungshilfe die Gleichberechtigung von Frauen einzufordern.
Trotz der schlechten Gesamtlage haben es Länder nach Angaben der Welthungerhilfe geschafft, Notlagen einzudämmen, darunter Kuwait, Saudi-Arabien, Tunesien, Fidschi, Malaysia, Vietnam, Nicaragua, Mexiko und Brasilien, teilte die Welthungerhilfe weiter mit. Im südlichen Afrika habe zum Beispiel Botsuana durch Bildungsprogramme für Mädchen und Frauen gewaltige Fortschritte gemacht. «Was fehlt, ist der politische Wille, den Hunger für immer auszumerzen», kritisierte FAO-Generaldirektor Jacques Diouf am Mittwoch in Rom. Dabei seien die technischen und ökonomischen Voraussetzungen durchaus gegeben. So wie die Mächtigen der Welt «schnell, gemeinsam und kraftvoll» auf die Weltwirtschaftskrise reagiert hätten, sei nun «derselbe starke Einsatz gefragt, um den Hunger zu bekämpfen». (dpa)