Deshalb sollen Finanzberater stärker in die Pflicht genommen werden, damit Verbraucher wissen, was sie abschließen. Die Berater gingen nach dem Motto «Schnüffeln, Bellen, Beißen» vor, kritisierte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen am Dienstag auf einer Konferenz über Verbraucherschutz im Zeichen der Finanzkrise. Er rechnet vor, dass bei einem Baukredit in Höhe von 150.000 Euro und 30 Jahren Laufzeit der Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter bei bis zu rund 40.000 Euro liegen kann. Bei der Riester- Rente mit 1.050 Euro Einzahlung pro Jahr können es bis zu 37.000 Euro sein.
Die Regierung will, dass Bankkunden und Berater künftig stärker auf einer Augenhöhe sind. Ein Beratungsprotokoll und eine längere Verjährungsfrist bei Schadenersatz sind zumindest im Kabinett bereits beschlossene Sache. Die Koalition prüft auch eine Änderung der Provisionspraxis von Anlagevermittlern und einen Finanz-TÜV - ein Prüfsiegel für Geldanlagen. Auf einem Joghurt sei schließlich auch ein Haltbarkeitsdatum aufgedruckt, giftiges Spielzeug werde vom Markt genommen und Züge mit defekten Achsen müssten stehen bleiben, sagte SPD-Chef Franz Müntefering vor wenigen Wochen beim Besuch der Verbraucherzentrale Hamburg.
Bundesverbraucherministerin Ilse
Aigner (CSU) sieht jedoch einige Hürden. Unklar sei, wer beim Finanz-TÜV haften solle und ob eine Prüfung von Anlagen überhaupt möglich sei. Im Kanzleramt wird davor gewarnt, dass der Finanzstandort Deutschland in Gefahr geraten könne bei einem solchen Prüfsiegel. Die Unionsfraktion hält einen Finanzprodukt-TÜV für sinnvoll. Sie fordert aber, dass die Empfehlungen nachvollziehbar sein müssen. Deshalb scheidet ein Prüfsiegel in Ampelfarben aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion aus. Außerdem dürfe es nicht zu mehr Bürokratie kommen.
Bevor die Koalition über den TÜV entscheidet, soll Verbrauchern eine Art Navigationssystem helfen. Aigner will in der kommenden Woche eine Checkliste ins Internet stellen, mit der Kunden bei der Beratung einen roten Faden bekommen. «Jeder Reisende wird enttäuscht sein, wenn sich hinter der Fassade des 5 Sterne - Luxushotels eine einfache Pension verbirgt. Gleiches gilt für Finanzprodukte», sagte Aigner auf der Konferenz. Sie fordert, dass klar ist, was sich hinter einer Anlage verbirgt, und dass sie auch hält, was sie verspricht. «Dazu gehört natürlich auch, dass der Verbraucher sich selbst Gedanken darüber macht, welches Ziel er erreichen will.»
Eine Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums schätzt die finanziellen Schäden durch Mängel in der Finanzberatung pro Jahr für die Bundesbürger auf bis zu 30 Milliarden Euro. Die Banken halten die Summe nicht für näher belegt. Die Kreditwirtschaft verweist darauf, dass es die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID seit Ende 2007 gibt, die für mehr Anlegerschutz sorgen soll. Die Folgen müssten erst analysiert werden. Die Branche stehe aber zum Leitbild «verständiger Anleger», sagte Vorstand Gerhard Hofmann vom Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. (dpa)