Die Folgen der
Erderwärmung und auch der Boom der Bioenergie stehen deshalb im Zentrum des diesjährigen «World Food Day» an diesem Donnerstag. Ein weiteres brisantes Thema sind die drohenden Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf bettelarme Länder. In etwa 150 Ländern sind Aktionen zum Welternährungstag geplant.
Die in Rom ansässige UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) betont, man dürfe auch in Zeiten kollabierender Banken das Schicksal und die Zukunftschancen ungezählter Menschen nicht aus den Augen verlieren: «Hunderte von Millionen Kleinbauern, Fischer und in der Forstwirtschaft tätige Menschen werden am stärksten vom
Klimawandel betroffen sein», warnt der für natürliche Ressourcen und Entwicklung verantwortliche FAO-Direktor Alexander Müller. «Noch ist offen, welche Folgen die Finanzkrise für die Armutsbekämpfung hat», meint der deutsche Fachmann. Eines aber ist für ihn sonnenklar: «Nicht gegen die Armut vorzugehen, kostet Geld, und dann droht die nächste Finanzkrise - in der armen Welt.»
Die globale Erwärmung sei bereits auf dem Vormarsch. Deshalb sei es dringend notwendig, passende Strategien zu entwickeln - «vor allem in den besonders verwundbaren, armen Ländern», erklärt Müller. Die meisten der insgesamt 923 Millionen Hungernden leben in ländlichen Gebieten und versuchen verzweifelt, sich mit Agrarproduktion über Wasser zu halten. Ein Klimawandel, der immer mehr
Überschwemmungen, Wirbelstürme, Dürren und einen höheren
Meeresspiegel mit sich bringt, droht zwangsläufig auch das Leiden noch drastisch zu steigern: «Wir müssen mit einer Verdoppelung der extremen Wetterereignisse rechnen und brauchen angesichts der Vorboten des Klimawandels deshalb jetzt neue Strategien, um immer mehr Nothilfe-Aktionen meistern zu können.»
Und diese neuen Strategien benötigt der Planet nach Überzeugung der
FAO sehr rasch. Es gelte, das Überleben von Millionen durch die verbesserte Nutzung dessen zu sichern, was die Erde und die Meere an Nahrung hergeben. «Das höchste Ziel sollte es bleiben, die Menschheit von der Geißel des Hungers zu befreien», verlangt FAO- Generaldirektor Jacques Diouf. «Was uns da alles droht, wissen wir, es gibt keinerlei Gründe, nichts zu tun», sekundiert ihm Müller.
So sei es unstrittig, dass vor allem in den Ländern Afrikas südlich der Sahara all jene besonders betroffen sein dürften, «die erstens wenig beigetragen haben zum Klimawandel, zweitens schon heute Hunger leiden und drittens mit einer sehr hohen Bevölkerungszunahme rechnen». Beispiel Äthiopien: Heute zählt das ostafrikanische Land 80 Millionen Einwohner, im Jahr 2050 werden es fast 180 Millionen sein.
Vor diesem Hintergrund hatte die FAO schon in ihrem Jahresbericht Anfang Oktober ganz dick unterstrichen, dass auch die Produktion von Biosprit eben nicht nur Chancen, sondern erhebliche Risiken mit sich bringt. Die Menge an Treibstoff aus Agrarerzeugnissen hat sich seit dem Jahr 2000 nahezu verdreifacht. Selbst eine nur begrenzte weitere Zunahme erhöht den Druck auf die explodierenden Lebensmittelpreise.
«Die gegenwärtige Politik ist eher darauf aus, Produzenten (von Biotreibstoff) in einigen Industriestaaten auf Kosten ihrer Kollegen in den meisten Entwicklungsländern zu bevorteilen», kritisiert der FAO-Chef. Gemeint ist, dass Weichenstellungen für die Produktion von Bioenergie aus Zucker, Mais oder Ölsaaten die Chancen ärmerer Länder ebenso berücksichtigen sollten wie die Tatsache, dass
Ackerland nicht beliebig zu erweitern ist und Wasserreserven knapper werden.
Schluss mit Agrarzuschüssen und Handelsschranken, die nur einen künstlichen Markt zugunsten der Industriestaaten schaffen - das ist laut Diouf eines der Rezepte, damit Entwicklungsländer stärker von der Bio-Produktion profitieren können. Ob aber die reichen Staaten in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrisen diesen Ruf hören werden, steht in den Sternen. (dpa)