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31.12.2008 | 07:30 | Prickelnde Tropfen  

Gerüttelt und gedreht - Champagner bleibt Ritualtrank für Feiertage

Reims - Jean-Pierre Redont dreht den dicken Flaschenboden langsam gegen den Uhrzeigersinn.

Champagner
Champagner (c) proplanta
Mit einem sanften Plopp schießt der Korken hinaus und dehnt sich so schnell aus, dass man kaum glauben kann, dass er vor kurzem noch in dem engen Flaschenhals gesteckt hat. Weißgoldfarbene Flüssigkeit rinnt in die hohen Gläser. Winzige Luftbläschen bilden auf dem Weg an die Oberfläche lange Ketten. «Je kleiner die Bläschen, desto besser ist der Champagner», sagt Redont und hält das Glas gegen das Licht, um den feinen Schaum zu begutachten. «Zum Wohle», sagt er, und es klingt geradezu feierlich.

Grund zum Feiern hat die Branche selbst in diesem Jahr allerdings nicht. Voraussichtlich werden die Champagner-Hersteller 2008 erstmals seit Jahren kein Wachstum verzeichnen, befürchtet der Dachverband Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne (CIVC). Auf die ersten zehn Monate des Jahres gerechnet sei der Absatz um 4,9 Prozent zurückgegangen.

Die einzigen, die dem negativen Trend bislang trotzen, sind Winzer, die Champagner ausschließlich aus selbst angebauten Trauben erzeugen. Sie verkauften im Oktober 3,3 Prozent mehr teuren Schaumwein als noch im Vorjahresmonat. Die Champagnerhäuser, zu denen große Marken wie Moët & Chandon oder Perrier-Jouët gehören, verzeichneten hingegen ein Absatzrückgang um 20,9 Prozent. Der Verband versucht, angesichts der schlechten Zahlen zu beruhigen: 2007 sei mit mehr als 338 Millionen verkauften Flaschen ein absolutes Rekordjahr gewesen.

Erst gegen Ende des Jahres hat der prickelnde Tropfen Hauptsaison: Schaumwein aus dem Nordosten Frankreichs gibt es zwar immer, wenn es etwas Besonderes zu feiern gibt - vom Staatsbankett über Formel-1- Siege bis zum Hochzeitsantrag. Aber der weitaus größte Teil des Champagners, zwei Drittel der gesamten Produktion, wird rund um Weihnachten und Silvester getrunken. Champagner ist weltweit der Ritualtrank zu Höhepunkten im Leben. Das liegt nicht nur an der Qualität des perlenden Traubensafts, sondern auch an der ausgefeilten Imagepflege und den französischen Gesetzen, die den Kreis der Produzenten einschränken und die Herstellung bis ins Detail regeln.

Im Keller der Familienbetriebs Taittinger in Reims riecht es feucht und muffig. Das Kalksteingewölbe stammt aus der Zeit der Römer, die dort einen Steinbruch betrieben. Im 14. Jahrhundert erhob sich dort, wo Taittinger heute seine Büroräume hat, die gotische Benediktinerabtei St. Nicaise, deren Gewölbe bereits zur Lagerung von Wein benutzt wurden. Schließlich waren es Mönche, die den perlenden Wein erfanden, indem sie ihm etwas Hefe und Zucker beimischten.

«Um die Hefe wieder herauszubekommen, muss der Champagner regelmäßig gedreht und geschüttelt werden», erklärt Redont und zeigt auf ein Holzgestell, in dem kopfüber zahlreiche Flaschen stecken. Die großen Magnumflaschen werden noch immer per Hand gedreht, alle zwei Tage je eine Vierteldrehung - Redont demonstriert den schnellen Griff mit beiden Händen gleichzeitig. «Ein Kreidestrich am Flaschenboden zeigt an, wie weit man gedreht hat», sagt er.

Um die Hefe heraus zu bekommen, wird der Flaschenhals schockgefrostet. Dann wird die Flasche, die bis dahin nur mit einem simplen Kronkorken verschlossen ist, geöffnet. «Durch die Kohlensäure springt der Eispfropf mit der Hefe von alleine heraus», erläutert Redont. Dann wird dem Sekt flüssiger Rohrzucker zugesetzt - falls es sich nicht um einen derzeit besonders gefragten «Brut Zéro» handelt, der weniger als drei Gramm Zucker pro Liter enthält. Ein «Demi-Sec» darf bis zu 50 Gramm Zucker per Liter enthalten.

Zu den jüngsten Trends zählt Champagner Rosé, der vor allem bei Britinnen sehr beliebt ist. Vermutlich wissen aber nur wenige, dass Champagner die einzige Weinsorte ist, bei der ein Rosé durch schlichtes Vermischen von Weiß- und Rotwein geschaffen wird. (dpa)
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