Knapp vier Monate, nachdem Bundespräsident Horst Köhler einen ersten Anlauf für das Gesetz gestoppt hat, beschloss die Ministerrunde am Mittwoch einen überarbeiteten Entwurf. «Die vom Bundespräsidenten gerügten Passagen sind so verändert worden, dass wir noch mehr als in der Vergangenheit davon überzeugt sind, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist», sagte Verbraucherminister Horst
Seehofer (CSU). Er sprach von einem «Quantensprung» für bessere Verbraucherrechte.
Verbraucherverbände und Opposition kritisierten das Gesetz dagegen als Etikettenschwindel. Die Verbraucher sollen künftig besser über Gammelfleisch oder eine zu hohe Pestizidbelastung in Lebensmitteln informiert werden.
Die Behörden sollen schon bei ausreichendem Verdacht auf Gesundheitsgefahren von sich aus aktiv werden und die Namen «schwarzer Schafe» im Internet veröffentlichen. Köhler hatte der ersten Gesetzesversion im Dezember die Unterschrift verweigert. Er hielt es für verfassungswidrig, dass der Bund die Kommunen direkt mit der Information der Verbraucher beauftragen wollte, etwa wenn Gammelfleisch am Markt ist. Nun sollen die Länder den Auftrag an Gemeinden geben. Seehofer betonte, die Bundesregierung habe das Gesetz auch schon zuvor nicht für verfassungswidrig gehalten.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sprach von einer «verpassten Chance, wesentliche Schwächen zu korrigieren». «In dieser Form wird es auch Gammelfleisch nicht verhindern», sagte Vizevorstand Patrick von Braunmühl. Nötig seien ein Anspruch auf Informationen direkt bei den Unternehmen, die Ausdehnung auf weitere Produkte und weniger Ausnahmen für die Wirtschaft. Die Verbraucherorganisation
Foodwatch hält das Gesetz für unwirksam, weil die Behörden künftig nur informieren sollen, aber nicht ausdrücklich müssen.
Der
Gesetzentwurf geht nun zur Beratung an
Bundestag und Bundesrat. Dabei bahnt sich Widerstand an. Der baden-württembergische Verbraucherminister Peter
Hauk (
CDU) fordert Änderungen. Die Behörden müssten besser warnen können, sagte er der dpa. Deshalb müsse bei gravierenden Fällen die Prüfung entfallen, ob die Information erforderlich sei. Er verlangte auch schärfere Bußgelder von bis zu 50 000 Euro.
Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sprach von einem «Informationsverweigerungsgesetz». FDP-Verbraucherpolitiker Hans-Michael Goldmann kritisierte, Union und
SPD hätten keine Änderungen im Sinne der Verbraucher durchgesetzt. Die Linksfraktion-Abgeordnete Karin Binder sprach von einer Mogelpackung. Seehofer stellte mögliche Änderungen in Aussicht, wenn das Gesetz nach zwei Jahren auf den Prüfstand kommt. «Diese Punkte werden jetzt zwei Jahre lang beobachtet.»
Die Lebensmittelwirtschaft bezweifelte, dass ein Bundesgesetz für Verbraucherinformation bei Lebensmitteln notwendig sei. In einigen Ländern gibt es Informationsfreiheitsgesetze. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde forderte, auf die Interessen der Firmen Rücksicht zu nehmen. Der Deutsche Landkreistag ließ seine Kritik am Gesetz indes fallen. «Wir haben keine Einwände mehr», sagte Präsident Hans Jörg Duppré dem «Handelsblatt» (Donnerstag). Die Länder müssten aber den Kommunen die entstehenden Kosten erstatten. (dpa)