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30.01.2010 | 04:33 | Ausstellung 

Unter unseren Füßen - Lebensraum Boden

Frankfurt/M. - Kein weißes Kaninchen wie bei "Alice im Wunderland", sondern ein mannshoher Maulwurf lädt jetzt im Senckenberg Naturmuseum zu einem Besuch in die Unterwelt ein.

Maulwurf (Talpa europaea)
(c) Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde
Mit Unterwelt ist hier der Boden "Unter unseren Füßen" gemeint. Ein Reich, das sich - ähnlich wie in der Geschichte von Lewis Carrol - von dem unterscheidet, was wir sonst kennen. Es ist ein spannender Lebensraum, über den wir meist achtlos hinweg eilen. Doch wenn wir auf einer Wiese stehen, tummeln sich unter unseren Füßen mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt.

Um in das sonst unzugängliche Reich zu gelangen, muss der Besucher einen riesigen Maulwurfshügel passieren. Ist das geschafft, trifft er auf eine erstaunlich artenreiche Gemeinschaft, die mit- und voneinander lebt. In einem hochkomplexen Beziehungsgeflecht übernehmen Kleinsäuger, Schnecken und Würmer sowie Insekten, Algen, Pilze und eine Vielzahl von Bakterien wichtige Funktionen, die sich auch auf das Reich über der Grasnarbe auswirken.


Kleinsäuger - Riesen im Boden

Gleich hinter dem Maulwurfshügel kuschelt ein Feldhamster in seinem Nest, das er in einer Bodenkammer eingerichtet hat. Um gut über den Winter zu kommen, hortet der kleine Nager dort bis zu 10 Kilogramm Nahrung. Doch ganz so gemütlich geht's nicht immer zu. Durch Ritzen und Gänge flitzen Gelbhals-, Feld- und Schermäuse. Auch das Mauswiesel, Europas kleinster Raubsäuger, ist dort zuhause. Einen Blick auf das unterirdische Labyrinth, in dem auch der Maulwurf sein Revier mit bis zu 500 Meter langen Jagdröhren hat, ermöglicht ein Bodenprofil. Obwohl all diese Säuger eher klein sind, ist ihre Wirkung für den Lebensraum Boden riesig. Allein durch Feldmäuse werden jährlich bis zu 10 Kubikmeter Erde pro Hektar bewegt.


Kinderstuben im Boden

Direkt neben den Kleinsäugern sind die Kinderstuben von Insekten zu sehen. Man blickt in die sonst verborgenen Nester des blau-grün schimmernden Mistkäfers und der Hosenbiene und erfährt, dass der Totengräber seine Brut fürsorglich von Mund zu Mund nährt. - Und nicht umsonst spricht man von einem Ameisenstaat: Allein die Bauten, in denen auf mehreren Etagen nicht selten Millionen von Ameisen leben, zeigen eine ausgeklügelte Architektur. Der über der Erde sichtbare Ameisenhügel der Roten Waldameise dient beispielsweise auch als Klimaanlage für die ebenso großen Untergeschosse der beeindruckenden Wohnanlage. Doch ein umfangreicher Gebäudekomplex will erhalten sein. Es gibt viel zu tun. Ständig wird ausgebessert und weitergebaut. Um die Arbeitsleistung zu steigern, verdingt die Blutrote Raubameise, die als Modell auch in Groß zu sehen ist, andere Ameisenarten als Arbeitssklaven.


Räuber im Boden

Wie überall, gibt es auch im Boden Jäger und Sammler. Was lebt, muss sich irgendwie ernähren. Für große wie kleine und selbst für die kleinsten Bodentiere, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind, geht es ständig um fressen und gefressen werden. Wo die einen jagen, versuchen andere sich zu schützen. In der Ausstellung werden sowohl ausgefeilte Jagdtechniken als auch bemerkenswerte Schutzstrategien vorgestellt. Von Wehrsekreten, die einige Würmer und Schnecken absondern, über schützende Panzer und die eigenartige "Verkleidung", die Milben dabei bevorzugen, bis hin zur Flucht, bei der die winzigen Springschwänze beachtliche Rekorde aufstellen.


Heinzelmännchen und kluge Kooperationen

Im Grunde sind Bodentiere, wie Mäuse und Maulwürfe, über die sich Gartenbesitzer oft ärgern, oder Würmer und Schnecken, die manch einem eklig erscheinen, emsig arbeitende Heinzelmännchen. Als wahre Recyclingspezialisten erweisen sich Asseln, Bodenspinnen und Milben sowie eine Vielzahl von Bakterien. Was wir als Abfall betrachten, verwandeln sie in wertvolle Nährstoffe. Besonders eifrig und vor allem erfolgreich sind die Regenwürmer. Große und kleine düngen und lockern den Boden und sorgen so für Durchlässigkeit und die nötige Durchlüftung. Lässt man diese Heinzelmännchen im Erdreich ungestört arbeiten, schaffen sie die Voraussetzungen für Pflanzen, die sich über gut ausgebildete Wurzeln ausreichend ernähren können, prächtig gedeihen und schließlich den Lebewesen im Reich darüber als Nahrung dienen. Dass alles ein Geben und Nehmen ist, zeigen Pilze in besonderer Weise. Die klugen und vor allem zweckmäßigen Kooperationen, die sie mit einigen Pflanzen eingehen, werden ebenfalls näher erläutert.


Das Reich unter unseren Füßen erleben

Nicht nur der große freundliche Maulwurf mit seinem zartem Fell ist etwas für Kinder. In der vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz konzipierten Ausstellung, die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und der EU-Initiative Interreg IIIa unterstützt wurde, gibt es auch einen Mäusetunnel. In dem schummrigen Bodenlabyrinth können die kleinen Besucher sich - wie ein nahezu blinder Maulwurf - bis in eine Höhle tasten, wo sie auf Feldmaus und Regenwurm treffen. Für die ganz Kleinen ist eine Zeichenecke mit Hockern in Gestalt einiger Bodenbewohner eingerichtet. Filme, Umklapptafeln mit kindgerechten Fragen und Antworten und nicht zuletzt die 10 bis 1000fach vergrößerten Modelle von etlichen Tieren, die sonst nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind, ergänzen die Sonderausstellung zum Reich "Unter unseren Füßen". - Ein Begleitheft mit Zusatzinformationen und beeindruckenden Zahlen zum Lebensraum Boden ist für 2 € an der Museumskasse erhältlich. (dve)

Weitere Informationen:
http://www.senckenberg.de
http://www.naturkundemuseum-goerlitz.de (idw)


Maulwurf (Talpa europaea) am Eingang zur Bodenausstellung (Copyright: Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde)Bild vergrößern
Maulwurf (Talpa europaea) am Eingang zur Bodenausstellung (Copyright: Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde)
Modell der Blutroten Raubameise (Formica sanguinea) (Copyright: Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde)Bild vergrößern
Modell der Blutroten Raubameise (Formica sanguinea) (Copyright: Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde)
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