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06.07.2009 | 17:34 | Energiepolitik  

Merkel hält an Atomkraft fest - Gabriel: Ausstieg schneller

Berlin - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält die deutschen Atomkraftwerke trotz der neuen Panne in Krümmel grundsätzlich für sicher.

Atomkraft
(c) proplanta
Sie habe keinen Zweifel daran, dass nur Anlagen in Betrieb seien, für die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz gewährleistet seien, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Merkel bleibt zugleich bei ihrer Forderung nach längeren Laufzeiten der Meiler. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will dagegen den Atomausstieg beschleunigen und den Ländern die Aufsicht entziehen. Aus der Union kam umgehend Widerstand.

Im Atomkraftwerk Krümmel bei Hamburg war es am Samstag zu einem Kurzschluss in einem Transformator gekommen. Der Meiler hatte sich automatisch abgeschaltet. Er war nach zwei Jahren Pause wegen anderer Störfälle erst vor zwei Wochen wieder ans Netz gegangen. Vor dem Kurzschluss hatte es zwei weitere Pannen in dem Kraftwerk gegeben.

«Wir müssen es abschalten», sagte Gabriel in der ARD. Das Gesetz zum Atomausstieg soll aus seiner Sicht nach der Bundestagswahl verschärft werden, damit die acht ältesten Meiler abgeschaltet werden könnten. Er will die Betreiber dazu zwingen. «Das Ziel ist, dass sie verpflichtet werden, die älteren Anlagen vom Netz zu nehmen und die Restlaufzeit auf die jüngeren Atomkraftwerke zu übertragen», sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren.

Gabriel fordert eine einheitliche Atomverwaltung. «Der Bund sollte eine Atomaufsicht einführen, die wirklich alle 17 Atomkraftwerke umfasst», sagte er der ARD. Merkel lehnt die Pläne ab. Die Kanzlerin sei der Ansicht, dass an der bisherigen Regelung festgehalten werden solle, sagte Steg. Der Bund hat die Aufsicht auf die Länder übertragen. Bund und Länder sollten sich weiter um Kooperation bemühen, sagte Steg. Dabei geht es um einen Streit zwischen Gabriel und Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) über den Umgang mit Störfällen durch den Verlust von Kühlmittel. Sander habe eine Ladung nicht befolgt, sagte Schroeren. In Krümmel verriegelten Vertreter der Umweltorganisation Greenpeace ein Einfahrtstor zu dem Kraftwerk mit Eisenketten.

Experten setzten die Suche nach der Störfall-Ursache fort. Das Land geht im Gegensatz zu Gabriel davon aus, dass ein Wiederanfahren des Meilers nicht zustimmungspflichtig ist. Eine Sprecherin des Betreibers Vattenfall sagte der dpa, der Reaktor werde aber nur in enger Abstimmung mit der Atomaufsicht wieder angefahren.

Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) lehnte die Pläne für eine reine Bundes-Atomaufsicht ab. In den Ländern sei seit Jahrzehnten die Kompetenz für die Atomaufsicht erworben worden, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. «Dabei soll es auch bleiben.» Unionsfraktionsvize Katherina Reiche (CDU) wies die Forderung nach einem Kurswechsel in der Laufzeit-Debatte zurück. «Die Union bleibt bei ihrer Position - eine Laufzeitverkürzung der Kernkraftwerke steht auch mit Blick auf den Klimaschutz und eine stabile Energieversorgung nicht zur Diskussion», sagte sie der «Leipziger Volkszeitung» (Montag).

Grünen-Chefin Claudia Roth forderte den Energiekonzern Vattenfall auf, das Kernkraftwerk Krümmel endgültig abzuschalten. «Mit Krümmel darf Vattenfall nicht länger ein gefährliches Vabanquespiel betreiben», verlangte Roth. Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast sprach dem Konzern im Berliner «Tagesspiegel» (Montag) die Eignung ab, Atomkraftwerke zu betreiben.

Gabriel forderte, die Atomindustrie zur Sanierung der alten Atomendlager heranzuziehen. «Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler vier, fünf, sechs Milliarden Euro zu bezahlen hat dafür, dass wir die Asse und Morsleben sanieren. Das müssen die selber bezahlen.» Gabriel will nach dem Störfall die Elektronik in allen deutschen Atommeilern untersuchen lassen. (dpa)
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