Eine in Auftrag gegebene Markterhebung der Bundestagsfraktion der Grünen nach hätten die je Haushalt in Rechnung gestellten Preise auf das Gesamtjahr bezogen um rund 27 Prozent sinken müssen. Trotzdem wollen die Konzerne 90 Euro pro Jahr und Haushalt zu viel. Somit geben sie Preissenkungen in diesem Jahr nur zu zwei Dritteln weiter. Die Praxis beschert den Versorgern Mehrerlöse von knapp einer Mrd. Euro im Jahr, so das Gutachten.
"Das Problem der Preisgestaltung der Gasanbieter in der Bundesrepublik ist schon seit vielen Jahren bekannt. Was wir dringend in diesem Bereich brauchen, ist mehr Wettbewerb", erklärt Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, gegenüber pressetext. Laut dem Fachmann ist die "Marktmacht der Anbieter" zu groß. Obwohl Preisanpassungen um 27 Prozent realistisch wären, müsse die Politik langfristig noch "dicke Bretter bohren", unterstreicht Leprich. Dies sei notwendig, weil inzwischen auch die kleineren Stadtwerke unfaire Preisgestaltungen vornehmen. Die Branche weist Vorwürfe entschieden zurück und argumentiert mit höheren Kosten für Ausbau und Wartung der Netze.
"Von Januar bis Juni gab es seitens der rund 700 Gasversorger in Deutschland etwa 1.200 Preissenkungen. Hinzu kommt, dass viele bereits im Januar und Februar dieses Jahres, sehr kalte Monate, mit Senkungen begonnen haben", unterstreicht Frank Brachvogel, Sprecher des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, auf Nachfrage von pressetext. Dem Branchenvertreter zufolge ist die Gestaltung der Preise in Abhängigkeit vom
Ölpreis zu sehen. Den Vorwurf des zu geringen Wettbewerbs lässt Brachvogel hingegen nicht gelten. "Das Gaspreisniveau liegt inzwischen auf dem Stand von 2007. Auch hat bereits fast ein Viertel der Verbraucher von der Option eines Anbieterwechsels Gebrauch gemacht."
Studienautor Gunnar Harms sieht diese Argumentation freilich anders. Gerade die Bindung an den zwischenzeitlich stark gesunkenen Rohölpreis hätte dazu geführt, dass Anbieter billig auf den Märkten hätten einkaufen können. Statt möglich gewesenen 27 Prozent seien bislang aber nur 20 Prozent Ermäßigungen gewährt worden. Der Erhebung zufolge sind die Senkungen bei den meisten Gaskunden an Rhein und Ruhr zwar fair ausgefallen. Im bundesweiten Vergleich der Bundesländer profitierten die Thüringer mit nur minus 13 Prozent aber am wenigsten von den Nachlässen. Die Preiserhebung stützt sich auf bundesweite Daten des Verbraucherportals Verivox. Preissenkungen und gestiegener Ölpreis sind berücksichtigt. (pte)