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25.06.2009 | 13:33 | Verbraucherpolitik  

Die Weichen für eine Stärkung der Verbraucher im Energiesektor stellen

Stuttgart - "Eine moderne Verbraucherpolitik ist gerade im Energiesektor auch aktive Wirtschaftspolitik für die Nachfrageseite.

Energiesektor
(c) proplanta
Ihre Aufgabe ist die Gestaltung von Rahmenbedingungen im Interesse der Verbraucher und im Dialog mit allen Akteuren am Markt. Im Mai 2009 hat das Europäische Parlament mit dem 3. Energiepaket die Rechte der Verbraucher weiter gestärkt und Festlegungen für schnelle Wechselmöglichkeiten und ein Beschwerdemanagement getroffen. Mit der Konferenz in Berlin soll Bilanz gezogen werden, wie es um die Energieverbraucherrechte in Deutschland steht. Defizite sollen analysiert und praktikable Lösungsansätze diskutiert werden," sagte der baden-württembergische Verbraucherminister, Peter Hauk MdL, am Mittwoch (24. Juni) zu Beginn der Konferenz zu den Rechten der Energieverbraucher in Deutschland in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Berlin.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, verwies auf die deutliche Belebung des Wettbewerbs im Strom- und Gasmarkt. „Konnte der Verbraucher zu Beginn des Jahres 2008 im Durchschnitt zwischen zwei Gasanbietern in seinem Versorgungsgebiet wählen, sind es heute im Durchschnitt sieben Gaslieferanten und in der Spitze bis zu 18 Anbieter. Zudem kann der Kunde in einzelnen Regionen zwischen mehr als 20 verschiedenen Gasprodukten beziehungsweise -tarifen wählen. Mit der Festlegung über bundesweit einheitliche Geschäftsprozesse für den Lieferantenwechsel im Gassektor (GeLi Gas) und der damit verbundenen Standardisierung der Prozesse und Datenformate hat die Bundesnetzagentur 2008 eine weitere entscheidende Voraussetzung für einen stärkeren Wettbewerb im Gasmarkt mit entsprechenden Möglichkeiten des Lieferantenwechsels für den Verbraucher geschaffen. Im Elektrizitätsbereich hat sich die Anzahl der Lieferantenwechsel bei Haushaltskunden von 2006 auf 2007 verdoppelt, was ebenfalls auf ein steigendes Bewusstsein der Verbraucher sowie zuverlässig funktionierende Wechselprozesse zurückgeführt werden kann. Rund 1,5 Millionen Euro Haushalte haben 2007 bei ihrem Stromversorger einen anderen Tarif gewählt oder den Versorger gewechselt.“

Kurth appellierte angesichts der Preisunterschiede bei Strom und Gas an die Verbraucher, noch aktiver von der Wechselmöglichkeit Gebrauch zu machen. „Wenn nach allgemeinen Preisvergleichen jetzt ein durchschnittlicher Haushalt bei Strom jährlich bis zu 300 Euro sparen kann und auch bei Gas bis zu 400 Euro gespart werden können, dann sollte jeder insbesondere bei Preiserhöhungen alternative Angebote prüfen.

"Bei Strom und Gas herrschen noch immer isolierte nationale Endkundenmärkte vor. Es gibt für die privaten Haushaltskunden in Deutschland derzeit keine Möglichkeiten von grenzüberschreitenden Preisgefällen zu profitieren und die Energie günstiger beispielsweise in Frankreich, Polen oder Spanien zu beziehen. Ein europäischer Energiebinnenmarkt, der größere Angebotsvielfalt, mehr Wettbewerb und Impulse für weitere Innovationen bringen kann, ist auch 2009 immer noch eine Illusion für die Verbraucher", erläuterte Verbraucherminister Peter Hauk die für die Verbraucher wichtigen Handlungsfelder:

Als weiteren wichtigen Schwerpunkt bezeichnete der Minister die Preismissbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden. Diese müsse gerade im Energiebereich konsequent vollzogen werden. Es stelle sich die Frage, ob mit der Verschärfung des Energiekartellrechts Anfang 2008 das kartellrechtliche Repertoire bereits ausgeschöpft sei. "Rein spekulativen Preistreibereien muss im Interesse aller Verbraucher ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden. Dazu ist es dringend erforderlich, einmal die Preisbildung an der Europäischen Energiebörse EEX in Leipzig kartellrechtlich unter die Lupe zu nehmen", hob Minister Hauk hervor.

"Gleichzeitig ist die Arbeit der staatlichen Regulierungsbehörden und vor allem der Bundesnetzagentur besonders hilfreich, um den Wettbewerb, aber auch die Position der Verbraucher im Energiesektor zu stärken und den Energiebinnenmarkt voran zu bringen", betonte der Verbraucherminister. Hier biete die Umsetzung des 3. EU-Energiepakets die Möglichkeit für eine weitere Stärkung des Verbraucherschutzes. Um Probleme zwischen den Kunden auf der einen und den Energieunternehmen auf der anderen Seite besser lösen zu können, müsse das Beschwerdemanagement weiter ausgebaut werden. Im Interesse der Verbraucher sollte auch über die Einrichtung eines Ombudsmanns oder einer geeigneten Schlichtungsstelle für den Energiebereich nachgedacht werden.

Mit der Charta der Rechte der Energieverbraucher hat die EU-Kommission im vergangenen Jahr den bestehenden europäischen Rechtsrahmen für Verbraucher im Energiebereich dokumentiert. Dazu gehören faire Preise, ein funktionierender Wettbewerb, Wechselmöglichkeiten sowie eine umfassende Preis- und Markttransparenz. Im Mai 2009 hat das Europäische Parlament mit dem 3. Energiepaket die Rechte der Verbraucher weiter gestärkt. Baden-Württemberg hat sich bereits auf der Verbraucherministerkonferenz 2008 in Berchtesgaden für eine Stärkung der Rolle der Verbraucher im Energiebereich eingesetzt. Die heutige Konferenz in Berlin stützt sich auf einen einstimmigen Beschluss der Ministerkonferenz der Länder auf eine Initiative Baden-Württembergs.


Zusatzinformation:

Nach einer Studie der US-amerikanischen NUS Consulting hat Deutschland 2009 im internationalen Vergleich von 15 Industrieländern nach Italien auch netto die höchsten Strompreise. Franzosen, Spanier, Polen und Skandinavier zahlen deutlich weniger und US-Bürger nur etwa die Hälfte. Eine aktuelle Übersicht über die Strom- und Gaspreise in Europa liefert EUROSTAT, das Statistikamt der Europäischen Kommission (epp.eurostat.ec.europa.eu) im Internet unter 'Statistik' und 'Energie'. (PD)
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