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07.06.2012 | 19:21 | Energiepreise 

Verbrauchern droht Preiserhöhungswelle bei Energie

Düsseldorf - Richter Wiegand Laubenstein schaut, als hätte er gerade seine Stromrechnung für das Jahr 2015 studiert.

Stromtrasse
(c) proplanta
Es sei dem Gericht nicht leicht gefallen, die Kalkulation der Bundesnetzagentur aufzuheben, bekennt der Jurist. Aber es sei dem Senat auch nichts anderes übriggeblieben.

Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hat am Mittwoch einen Kosten-Torpedo unbekannter Sprengkraft in Richtung Strom- und Gasverbraucher geschickt.

Die von der Bundesnetzagentur festgesetzten Durchleitungsgebühren für Strom und Gas, fester Bestandteil der Energiepreise, müssen neu berechnet werden, befanden die Richter.

300 Netzbetreiber hatten argumentiert, dass in der Kalkulation mehrere Faktoren zu niedrig angesetzt gewesen seien.

Das Gericht gab ihnen Recht: So müsse für den Bau der Strom- und Gasnetze nicht die moderate Preisentwicklung des produzierenden Gewerbes, sondern die deutlich dynamischere der Baubranche berücksichtigt werden.

Außerdem sei die Bundesnetzagentur zu optimistisch gewesen, was zu erwartende Kostenersparnisse beim Bau von Stromtrassen und Gaspipelines angehe.

Immerhin: Die Bundesnetzagentur kann die Düsseldorfer Entscheidung noch beim Bundesgerichtshof anfechten. Ob sie das tut, ist noch nicht entschieden. Andernfalls werden die Netzentgelte wohl steigen und es steht zu befürchten, dass sie von den Energieversorgern auf die Endkunden umgelegt werden.

Nun rätseln auch die Experten, welche Dimension die Düsseldorfer Entscheidung für den Verbraucher in Cent und Euro ausmacht. Weil die einzelne betriebswirtschaftliche Kalkulation des Netzbetreibers ein Geschäftsgeheimnis ist, kann auch das Gericht die Tragweite seiner Entscheidung nicht beziffern.

Mindestens ein dreistelliger Millionenbetrag wird es sein - aber auch eine Milliardensumme wird nicht ausgeschlossen. Sollte die Entscheidung Bestand haben, können die Netzbetreiber nicht nur einen Aufschlag auf künftige Rechnungen verlangen, sondern auch rückwirkend einen Nachschlag für mehrere Jahre. Der würde über fünf Jahre gestreckt.

«Das kann keine Begründung für dramatische Preissteigerungen sein», mahnt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Schließlich machten die Netzentgelte nur einen Teil der Energiepreise aus. Bei den Stromnetzen seien dies 15 Milliarden Euro im Jahr.

«In der Summe wird man schon mit leichteren Preissteigerungen rechnen müssen, aber nicht so stark, wie manche im Moment befürchten», sagt Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Und Energierechtler Hans-Christoph Thomale weist darauf hin, dass nur etwa die Hälfte der 600 Netzbetreiber gegen die Bescheide der Bundesnetzagentur vorgegangen sei. In den anderen Fällen seien die Bescheide rechtskräftig und der Richterspruch habe keine Folgen.

Die zu erwartenden Kostensteigerungen durch die erneuerbaren Energien seien da weitaus gravierender. (dpa)
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