(c) proplanta EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel (Dänemark) sagte am Montag auf der Weinbaufachmesse «Intervitis» in Stuttgart: «Wir wollen Zucker bei der Weinvorbereitung abschaffen». Dagegen setzte sich Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) auf der «Intervitis» entschieden dafür ein, die Anreicherung mit Saccharose (Zucker) auch nach der anstehenden Weinmarktreform in Europa unbedingt bestehen zu lassen.
Seehofer sagte, das traditionelle Weinbereitungsverfahren mit Zucker sei seit 200 Jahren «ein Kern unserer Weinkultur». Der Wein werde bei Saccharose-Anreicherung nicht minderwertiger, sondern könne erst dann sein ganzes Potenzial entwickeln. Seehofer fügte hinzu: «Wir würden also einen Teil unserer Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn wir ohne Not darauf verzichten.» Dazu erklärte die EU-Kommissarin: «Ich glaube, dass die Deutschen von einem Verbot für Saccharose nur profitieren können».
Auch der Präsident des Deutschen Weinbauverbandes, Norbert Weber, sprach sich entschieden dagegen aus, die Verwendung von Zucker durch die EU zu verbieten. Dies würde eine Diskriminierung der Staaten darstellen, in denen der Weinbau auf Grund ungünstiger klimatischer Bedingungen erschwert sei. Ein Verbot der Saccharose in Frankreich, Deutschland, Österreich, Luxemburg, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Malta würde nach den Worten von Weber bedeuten, dass sich die Weinherstellung verteuert und damit Wettbewerbsnachteile eintreten. In 18 Staaten der derzeitigen 27 EU- Mitglieder würde augenblicklich eine Anreicherung mit Zucker betrieben.
«Obwohl wir einen gemeinsamen Binnenmarkt haben, gibt es noch kein gemeinsames Wetter in Europa», sagte der Weinbaupräsident. Deshalb brauche Europa unterschiedliche Mindestmostgewichte und unterschiedliche Anreicherungsbedingungen. An die Adresse der EU- Kommissarin Fischer Boel richtete Weber die Frage: «Wie passt ein Verbot der Saccharose zu ihren Vorstellungen, die Weinbereitungsmethoden total zu liberalisieren?»
Seehofer sprach sich dagegen aus, dass die EU derzeit 500 Millionen Euro allein dafür ausgibt, Überschüsse zu Schnaps zu destillieren. Diese Überschüsse würden nicht in Deutschland erzeugt.
«Mit strukturellen Überschüssen wie in anderen Ländern haben wir in Deutschland Gott sei Dank nicht zu kämpfen». Der Deutsche Weinbau befindet sich nach den Worten des Bundeslandwirtschaftsministers in einer «sehr guten Verfassung». Der Weinexport aus Deutschland habe im vergangenen Jahr eine neue Bestmarke erreicht. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr liege bei zehn Prozent und mache inzwischen 290 Millionen Liter Wein aus. Für kein anderes alkoholisches Getränke würden die Deutschen in diesem Jahr mehr Geld ausgeben als für Wein. Der Minister bezifferte die Summe auf rund 5,5 Milliarden Euro. (dpa)
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