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30.12.2008 | 10:05 | Weinbau  

Klirrende Kälte und sanfte Süße: Die Eisweinlese hat begonnen

Morscheid/Freiburg - Bei klirrender Kälte hat in zahlreichen Weinregionen Deutschlands die Eisweinlese begonnen.

Eiswein
(c) proplanta
An Ruwer, Saar und Mosel rückten die Winzer und ihre Helfer am frühen Montagmorgen bei Temperaturen zwischen minus zwölf und minus acht Grad aus, sagte der Betriebsleiter des Weinguts Reichsgraf von Kesselstatt, Wolfgang Mertes, im rheinland-pfälzischen Morscheid. Im fränkischen Sommerhausen wagten sich ebenfalls Helfer in den Weinberg - ausgestattet mit Handschuhen und Weinschwere - und ernteten gefrorene Silvanertrauben. Dicht vermummt standen auch Winzer und Helfer in den südbadischen Weinbergen bei Temperaturen von minus neun Grad und zupften die Dolden mit den gefrorenen Trauben.

Die rund 100 bis 200 Liter Eiswein seien «der krönende Abschluss» des Weinjahres, vor allem, weil es wegen der herbstliche Nässe kaum Trockenbeerenauslesen gab, sagte Betriebsleiter Mertes. Voraussichtlich werde der Eiswein ein Mostgewicht zwischen 130 und 140 Oechsle erreichen. Der eingefahrene Weißburgunder im fränkischen Frickenhausen habe ein Zuckergehalt von etwa 160 Grad Oechsle, teilte die Winzergemeinschaft Franken mit.

Eine Winzerin aus Sommerhausen (Franken) rechnet mit gut 200 Litern Eiswein bei einem Zuckergehalt von 130 Grad Oechsle. «Es bewegt sich hart an der Grenze zur Trockenbeerenauslese», sagte sie am Montag angesichts der Vorschrift, nach der Eiswein aus der Region mindestens 125 Grad Oechsle haben muss. Eisweine von der Mosel haben ein Mostgewicht von mindestens 110 Grad Oechsle.

Im badischen Durbach wollten sich fast 20 Winzer erst am Dienstag in ihren Parzellen ans Werk machen. Der baden-württembergische Weinbauerverband rechnete in seiner Region grundsätzlich erst später mit der Chance auf eine Lese. «Bei der Temperaturlage kann ich mir das derzeit noch nicht vorstellen», sagte Sprecher Gerhard Schwinghammer. Auch die fränkischen Winzer bleiben in Wartestellung. Ob in den kommenden Tagen weiter gelesen werde, sei vom nötigen Dauerfrost abhängig und entscheide sich erst immer in den Morgenstunden, sagte Hermann Schmitt vom Fränkischen Weinbauerverband.

Um Eiswein zu lesen, müssen die Temperaturen mehrere Stunden unter minus sieben Grad liegen. Beim Pressen der gefrorenen Trauben laufen Zucker und Extraktstoffe in konzentrierter Form ab. Die Trauben nach der üblichen Weinlese im Herbst bis Dezember oder Januar hängen zu lassen, stellt für die Winzer ein beträchtliches Risiko dar. Ohne Frost von minus sieben bis minus zehn Grad Celsius können die Trauben nicht gelesen werden, die Ernte ist in solch einem Fall dahin. Liebhaber schätzen Eiswein als Aperitif oder als süßen Dessertwein.


Süßer Wein aus Eiseskälte.
Eiswein entsteht aus überreifen Weintrauben, die bei einer Temperatur von minus sieben Grad gelesen und gepresst werden. Er ist besonders süß, weil ein großer Teil des Wassers in den gefrorenen Trauben zurückbleibt - und der Zuckergehalt der Trauben sehr hoch ist. In den Trauben, die teils erst im Januar gepflückt werden, sind schon Moste von mehr als 250 Grad Öchsle gemessen worden. Lange Zeit waren Deutschland und Österreich die einzigen Länder, in denen Eiswein hergestellt wurde. Seit 1975 produziert auch Kanada den edlen und teuren Wein.

Eiswein wird meistens aus weißen Trauben gewonnen. Besonders beliebt ist in Deutschland die Sorte Riesling, da sie dem süßen Eiswein elegante Säurenoten verleiht. Abgefüllt wird der Eiswein in der Regel in halben Flaschen (0,375 l) oder in Halbliterflaschen.
Auch wenn der Eiswein im Januar des Folgejahres gelesen wurde, wird der Wein zu dem Jahrgang gezählt, in dem er gewachsen ist.


Zusatzinformation:
Der Zuckergehalt im Most sowie in Weintrauben wird in Deutschland in Oechsle gemessen. Die Einheit ist benannt nach dem Pforzheimer Goldschmied und Erfinder Christian Ferdinand Oechsle (1774-1852). Die von ihm entwickelte Mostwaage gibt an, um wie viel Gramm ein Liter Most bei 20 Grad Celsius schwerer ist als ein Liter Wasser. Bei der Gärung wird der Mostzucker in Alkohol umgewandelt. Dadurch erlauben die Oechsle-Grade auch Rückschlüsse auf den Alkoholgehalt des Weins.

Das höhere Gewicht resultiert aus der Einlagerung von Zucker und Mineralstoffen in die Beeren. Das Mostgewicht steigt mit zunehmender Traubenreife. Nach den im deutschen Weingesetz festgelegten Grenzen für Qualitätsstufen müssen beispielsweise Spätlesen mindestens 85 Grad Oechsle Mostgewicht aufweisen; für Trockenbeerenauslesen gelten mindestens 150 Grad Oechsle. (dpa)
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