Viele Straßen wurden unter Wasser gesetzt oder von bis zu sechs Zentimeter dicken Hagelkörnern bedeckt. Vermutlich ein
Tornado beschädigte in einem Dorf bei Schwerin fast 50 Häuser. In der Schweiz wurde während eines Gewitters eine Deutsche von einem umstürzenden Baum erschlagen. Die Kaltfront des Tiefs «Erich» hatte am Donnerstagabend den Norden erreicht und sich dort ausgetobt. In dem Dorf Plate in Mecklenburg-Vorpommern schätzte die Polizei den Sachschaden noch am Abend auf rund 3,5 Millionen Euro. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist dafür ein Tornado - ein
Wirbelsturm, der auch in Europa häufiger auftritt - verantwortlich. «Die Schäden deuten darauf hin», sagte Meteorologe Stefan Kreibohm vom Wetterdienst meteomedia.
Der Sturm fegte in einer etwa 200 Meter breiten Schneise über den Ort. «Rund 50 Gebäude sind betroffen», sagte der stellvertretende Bürgermeister Ronald Radscheidt am Freitag der dpa. Zum Glück sei niemand verletzt worden. Das
Unwetter tobte sich im gesamten westlichen Mecklenburg aus, dabei wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 111 Kilometern pro Stunde gemessen. Wolkenbruchartige Niederschläge brachten bis zu 38,3 Liter Regen pro Quadratmeter.
In Schleswig-Holstein setzten
Blitze drei Reetdachhäuser in Brand, darunter auch ein 300 Jahre altes Gebäude auf Gut Goldensee bei Kittlitz im Kreis Herzogtum-Lauenburg. Nach ersten Schätzungen entstand ein Schaden an allen Häusern von insgesamt fast einer Million Euro. Menschen wurden nicht verletzt.
Bevor das Unwetter die Feiertagsfreuden im Norden trübte hatte es schon in anderen Regionen Deutschlands für Unbill gesorgt. Im nordrhein-westfälischen Landkreis Siegen-Wittgenstein waren Straßen zeitweise weiß von dicken Hagelkörnern, wie Anwohner der Unwetterzentrale berichteten. Auch der Autobahnzubringer in Lahr (Baden-Württemberg) sah für die Polizei wie eine Winterlandschaft aus. Im brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald fielen Hagelkörner von sechs Zentimetern Größe vom Himmel.
In Nordbayern ließen sich Hartgesottene von dem unbeständigen Wetter nicht die Laune vermiesen und zogen mit Bier und Bollerwagen ins Grüne. Die Gewitterschauer mit Sturmböen sorgten dann für Ernüchterung. Bereits in der Nacht zum Donnerstag waren in Teilen von Rheinland-Pfalz, Hessen und Ostdeutschlands Straßen durch heftige Regenschauer vorübergehend unter Wasser gesetzt worden.
Am Freitag traf es dann den Süden Bayerns. In einigen Regionen stürzten bei heftigen Unwettern Bäume auf Straßen. Im Landkreis Ebersberg fiel sogar ein Strommast um. Zu Unfällen kam es aber nicht, auch wurde niemand verletzt. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim berichtete von teilweise massiven Hagelschauern am Chiemsee, rund um Traunstein sowie im Süden von München. Über den möglichen Schaden lasse sich noch keine Aussage treffen, hieß es.
Zusatzinformation: Tornados sind Wirbelstürme. Sie entstehen bei großen Temperaturunterschieden und treten in Mitteleuropa häufig zusammen mit Gewittern auf. Dabei stülpt sich aus der Gewitterwolke ein rüsselartiger Wolkenschlauch auf den Boden herunter. Tornados erreichen im Extremfall Windgeschwindigkeiten von mehreren hundert Stundenkilometern, bringen es in der Regel aber auf Tempo 120 in den Böen. Den im Volksmund gebräuchlichen Begriff «Windhose» benutzen Meteorologen selten, weil er das meist folgenreiche Wetterphänomen ihrer Ansicht nach verniedlicht.
Tornados können aufgrund ihres zum Teil sekundenschnellen Entstehens oft nicht vorausgesagt werden. In europäischen Breiten löst sich das Phänomen in der Regel nach wenigen Minuten wieder auf. Ein Tornado bildet sich nach Angaben von Experten nur unter bestimmten Konstellationen. Wichtige «Zutaten» sind: große Wolken, Gewitter und unterschiedliche Windrichtungen in unterschiedlichen Höhen. In diesem Gefüge entsteht eine rotierende Bewegung in der eigentlichen Wolke, die nach unten herauswächst und als «Rüssel» sichtbar wird. (dpa)