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19.03.2011 | 08:18 | Pflanzenforschung 

Kompromisse im Pflanzenreich als Motor der Vielfalt

Washington/ Bern/ Halle/Saale - Eine gute Verteidigung gegen hungrige Pflanzenfresser ist nicht immer die beste Strategie – denn sie hat ihren Preis und geht auf Kosten anderer wichtiger Eigenschaften der Pflanze.

Hungriger Pflanzenfresser
(c) proplanta
Wissenschaftler der Universität Bern und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Halle gingen in umfangreichen Experimenten der Frage nach, ob Pflanzen tatsächlich verschiedene Abwehrmechanismen und wichtige Funktionen wie Wachstum und Konkurrenzstärke gegeneinander abwägen. Ihre Ergebnisse sind jetzt in den „Proceedings of the National Acadamy of Sciences“ (PNAS) erschienen.


Pflanzen sind keine Alleskönner

Pflanzen sind die Energiequelle des Lebens unseres Planeten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie im Laufe der Evolution eine unglaubliche Vielfalt komplexer Verteidigungsmechanismen gegen Fraßfeinde entwickelten. Dazu gehören zum Beispiel Stacheln, Haare oder Dornen aber auch chemische Stoffe, die entweder ständig zum Einsatz kommen (konstitutiv) oder, vergleichbar mit unserem Immunsystem, nur bei Bedarf gebildet (induziert) werden. Weshalb Pflanzen so stark in ihrer Abwehr variieren beschäftigt Evolutionsforscher seit Jahrzehnten. Eine weitverbreitete Hypothese basiert auf der Annahme, dass ein gutes Verteidigungssystem zwar vor hungrigen Mäulern schützt, aber dass Abwehr auch kostet und zu Lasten anderer wichtiger Funktionen geht. Es ist deshalb möglich, dass Kompromisse, sogenannte „tradeoffs", zwischen Kosten und nützlichen Eigenschaften die Vielfalt der Pflanzenabwehr einst mit hervorriefen und aufrechterhalten. In Bern haben jetzt Ökologen die wichtigsten „tradeoffs" genauer unter die Lupe genommen.


Strategisches Vorgehen im Pflanzenreich

Die Forscher pflanzten 58 verschiedene Pflanzenarten und ermittelten in Experimenten deren Wachstumsrate und Konkurrenzstärke. Eine pflanzenfressende Raupenart gab ihnen Aufschluss über die konstitutive und induzierte Abwehr der Arten: nahmen die Raupen beim Fressen stark an Gewicht zu, ist die Pflanze schlecht verteidigt; wurden sie dagegen leichter, ist die konstitutive Abwehr der Pflanze gut. Geht es weiterhin den Raupen auf vorher bereits angefressenen (induzierten) Pflanzen schlechter als auf intakten, ist die Pflanzenart in der Lage, zusätzliche Abwehr zu induzieren.

Pflanzenarten, welche bereits über eine gute Grundverteidigung verfügen, induzieren weniger Abwehr und umgekehrt. Die Forscher konnten zeigen, dass dieser tradeoff zwischen verschiedenen Wildpflanzenarten tatsächlich existiert - jedoch bei gezüchteten Zierpflanzenarten durch menschliche Selektion verloren ging!

Eine Reduktion des teuren konstitutiven Abwehrsystems im Laufe der Evolution ist sogar Bestandteil einer erfolgversprechenden Strategie. Denn nur im Notfall in Abwehrstoffe zu investieren zahlt sich für die Pflanze durchaus aus. Die Forscher zeigten, dass Pflanzen mit geringer Grundabwehr verstärkt in Konkurrenzfähigkeit investieren - häufig eine wichtige Voraussetzung, um in der Natur zu überleben. Damit sie im Fall eines Schädlingsbefall aber nicht völlig schutzlos sind, kompensieren sie diese geringe Grundabwehr mit einer erhöhten Fähigkeit im Bedarfsfall in Abwehrstoffe zu investieren.

Die jetzt in den „Proceedings of the National Acadamy of Sciences" veröffentlichten Erkenntnisse bestärken die Hypothese, dass Kompromisse im Pflanzenreich die Grundlage für die Evolution der grossen Vielfalt von Abwehrstrategien darstellt. http://idw-online.de/de/news413664 (ufz)
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