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27.04.2010 | 14:52 | Welternährung 

Lebensmittel nachhaltig erzeugen, Klima schützen

Berlin - Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung: "Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen: Um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern, müssen wesentlich mehr Nahrungsmittel erzeugt werden.

Welternährung
(c) proplanta
Dies muss nachhaltig erfolgen. Wir müssen die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren. Die Landwirtschaft muss sich nicht nur auf die Auswirkungen des Klimawandels einstellen, sondern selbst zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen", erläuterte Bundesminister Ronald Pofalla, der Vorsitzender des Staatssekretärsausschusses für Nachhaltige Entwicklung innerhalb der Bundesregierung ist.
 
Nachhaltigkeit bei der Erzeugung von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen soll gestärkt und gleichzeitig das Klima geschützt werden. Die Mitglieder des Ausschusses diskutierten mit Experten darüber, welche Maßnahmen im Spannungsfeld der Megatrends Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt und Verknappung fossiler Rohstoffe nötig sind. Sie wiesen auf die weltweit koordinierten Anstrengungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen hin, die beim G8-Gipfel in L'Aquila, dem Welternährungsgipfel in Rom und dem Berliner Agrarministergipfel 2010 vereinbart wurden.
 
Konsumenten in Europa sollen künftig besser erkennen können, ob Fische aus nachhaltigem Fischfang stammen. Die Bundesregierung setzt sich nachdrücklich auf europäischer Ebene für anspruchsvolle Regelungen für Fischerei-Nachhaltigkeitszeichen ein. Zum Thema nachhaltige Landbewirtschaftung ist eine Veranstaltung für die Internationale Grüne Woche 2011 geplant. Dies sind zentrale Ergebnisse einer Sitzung des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung im Bundeskanzleramt gestern Abend unter Vorsitz von Bundesminister Pofalla.

 
Landwirtschaft
 
Nach Einschätzung des Ausschusses kann die Pflanzenforschung und züchtung einen wichtigen Beitrag für die Bewältigung der anstehenden Aufgaben leisten durch die Entwicklung produktiverer Pflanzen und zur Anpassung von Pflanzen an den Klimawandel. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit kündigten an, Forschungsvorhaben hierzu verstärkt zu fördern. Der Ausschuss plädierte dafür, Forschung und internationale Kooperation auszubauen, auch zur Agrobiodiversität. Geplant ist ferner die Erarbeitung eines anspruchsvollen Aktionsplans zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
 
Prof. Dr. Joachim von Braun, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn, verwies darauf, dass die nachhaltige Sicherung der Welternährung vor allem von steigender Produktivität in der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern abhänge. Dies erfordere etwa eine Verdreifachung der öffentlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung im nächsten Jahrzehnt, von rund 5 Mrd. auf 15 Mrd. Euro pro Jahr. Deutschland solle sich daran angemessen beteiligen.

 
Klimaschutz
 
Land- und Forstwirtschaft sind nicht nur vom Klimawandel unmittelbar betroffen, sondern beeinflussen ihn auch. Durch die Erzeugung von Lebensmitteln und Biomasse für die energetische sowie stoffliche Verwertung wird nicht nur Kohlenstoff gebunden. Die Landwirtschaft trägt auch zu Emissionen in Deutschland bei, je nach Berechnungsweise mit zwischen 7 und 16 %. Daher diskutierte der Ausschuss über Maßnahmen zur Verminderung der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft und zur Anpassung an den Klimawandel. Weltweit ist die Waldzerstörung für 20 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Deshalb will man das Potential von Wald und Holz zur nachhaltigen Speicherung von CO2 stärken.
 
Prof. Dr. Heinz Flessa, Leiter des Instituts für agrarrelevante Klimaforschung, Braunschweig, hob als effiziente Maßnahmen für weniger Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft folgende hervor: die Steigerung der Effizienz bei der Düngung, die Wiedervernässung kultivierter Moorstandorte, den Schutz von wertvollen Grünlandflächen sowie die energetische Verwertung von Gülle in Biogasanlagen. Darüber hinaus könne die Landwirtschaft durch die nachhaltige Erzeugung nachwachsender Energieträger und Rohstoffe aktiv zum Klimaschutz beitragen.

 
Fischerei
 
Der Ausschuss forderte die zügige Verankerung eines Fischerei-Nachhaltigkeitszeichens mit eindeutiger Beschreibung anspruchsvoller Mindeststandards im EU-Recht. Damit soll auf freiwilliger Basis eine rückverfolgbare Nachhaltigkeits-Kennzeichnung von Fischereierzeugnissen etabliert werden. Gleichzeitig strebt der Ausschuss eine zügige Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik mit dem Ziel an, die europäische Fischerei an den Kriterien der Nachhaltigkeit ökosystemgerecht auszurichten, damit die Meeresökosysteme bis zum Jahr 2020 wieder einen guten Zustand erreichen. Durch die Ausweitung von Meeresschutzgebieten würden zudem Räume für schutzwürdige Arten entstehen.

Dr. habil. Cornelius Hammer, Leiter des Instituts für Ostseefischerei Rostock, wies darauf hin, gemessen an einem dauerhaft möglichen Ertrag seien 2009 nach Einschätzung der EU-Kommission etwa 88 % der Bestände in den europäischen Gewässern überfischt worden. Das Problem unerwünscht in großem Umfang "beigefangener" Fische, die tot über Bord gegeben werden, sei ungelöst. Durch ein regionalspezifisches Fischereimanagement sollten Problemlösungen für einzelne Regionen und Fischereien an die Gegebenheiten vor Ort angepasst werden.

Die Sitzung des Staatssekretärsausschusses mit den Experten diente der Umsetzung des Fortschrittsberichts 2008 der Bundesregierung zur Nachhaltigkeitsstrategie. Alle Ressorts sind im Ausschuss auf der Ebene der beamteten Staatssekretäre vertreten. Informationen hierzu unter www.bundesregierung.de bzw. www.dialog-nachhaltigkeit.de. (PD)
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