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12.02.2017 | 07:04 | Agrarpolitik 
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NABU kritisiert langen Arm der Agrarlobby

Berlin - Der NABU bedauert das erzwungene Ende der viel beachteten Informationskampagne „Neue Bauernregeln“ des Bundesumweltministeriums.

Agrarreform
(c) proplanta
Die Bauernregeln von Bundesministerin Hendricks sind auf massive Proteste, vor allem aus den Reihen des Bauernverbandes, gestoßen. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hatte einen Stopp der Kampagne gefordert, die einfache und völlig korrekte Fakten über Umweltprobleme in der Landwirtschaft auf humorvolle Weise thematisiert hat.

Aber auch eigene Parteifreunde sind der Ministerin in den Rücken gefallen. Dies gab wohl den Ausschlag, dass sie nicht länger der aggressiven und vollkommen unsachlichen Stimmungsmache der Agrarlobby standhalten konnte.

„Es ist nicht die Aufgabe des NABU, eine Bundesministerin zu verteidigen. Aber angesichts des Erfolgs einer völlig faktenfrei orchestrierten Empörung der Agrarlobby gegen eine harmlose Aufklärungskampagne können wir nicht schweigen. Das lässt Böses ahnen für die anstehende Debatte um die EU-Agrarpolitik“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Immerhin gehe es um jährlich 60 Milliarden Euro. Diese lasse sich die Lobby nicht gerne wegnehmen. Es könne aber nicht sein, dass sie nur laut genug schreien müsse, um ihren Willen zu bekommen.

„Das bestätigt uns als NABU darin, mit unseren 620.000 Mitgliedern und Förderern im Wahljahr mit allen Möglichkeiten für eine Neuausrichtung der EU-Agrarförderung zu kämpfen“, so Miller weiter. Viele Bauern seien bereit zu Veränderung, würden jedoch von der EU-Agrarpolitik, die der Bauernverband vehement verteidigt, gezwungen, immer mehr und immer billiger zu produzieren.

Am Donnerstagabend hatte das Bundesumweltministerium die in Reimen formulierte Darstellung von Umweltproblemen in der Landwirtschaft von seiner Webseite genommen. Die Ministerin verkündete in einer Videobotschaft, man wolle nun einen Dialogprozess starten.

Aus Sicht des NABU ist dies eine klare Kapitulation vor den Lobbyisten. Natürlich seien Dialogprozesse sinnvoll. Aber dass die Information der Öffentlichkeit über wissenschaftlich unstrittige Probleme der Landwirtschaft unterbunden wird, sei ein Armutszeugnis für diese Bundesregierung und die SPD. Sogar Teile der Grünen auf Landesebene seien vor der Agrarlobby eingeknickt und hätten sich gegen die Kampagne gestellt.

Laut NABU zeigen diese Vorgänge um Hendricks Info-Kampagne die übergroße Macht der Agrarindustrie in Deutschland. Verkörpert werde sie durch den Deutschen Bauernverband. Dieser hatte wohl schon seit Längerem auf eine Gelegenheit gewartet, die unliebsame Ministerin zu beschädigen oder gar zum Rücktritt zu zwingen. Nun wurde eine aggressive Kampagne gestartet, bei der Fakten als „Pseudo-Wahrheiten“ dargestellt und der Ministerin fälschlicherweise eine Diffamierung aller Bauern vorgeworfen wurde.

Barbara Hendricks hat sich in den vergangenen Jahren bei der erfolgreichen Verteidigung der EU-Naturschutzrichtlinien europaweit einen Namen gemacht. Der Deutsche Bauernverband hatte dagegen vergeblich die Aufweichung der Standards gefordert.

Die Ministerin drängt auch auf die Einhaltung des EU-Düngerechts zum Schutz des Grundwassers, sowie auf eine stärkere Regulierung der Massentierhaltung. „Im Gegensatz zu anderen Teilen der Wirtschaft scheint sich die Agrarindustrie immer noch nicht damit abzufinden, dass auch sie Umweltstandards einhalten muss und Subventionen nicht vererbt werden können“, fasst Miller zusammen.

„Beim Deutschen Bauernverband kann man schon längst nicht mehr von einer echten Vertretung bäuerlicher Interessen sprechen, geschweige denn von einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit oder gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Der Verband verteidigt ein System, das nur wenigen wirklich nützt  und fast allen erheblich schadet: den Steuerzahlern, den künftigen Generationen und den Bauern selbst“, so Miller weiter.
nabu
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Kommentare 
Theodor Körner schrieb am 14.02.2017 05:06 Uhrzustimmen(36) widersprechen(14)
In der ganzen Diskussion höre ich immer nur Agrarlobby usw. Hat schon jemand über die Lobby von BASF, BAYER, MONSANTO nachgedacht und ins Spiel gebracht ? Nein. Oder hat schon einmal die Gewerschaftslobby angesprochen ? Der Bauer ist wieder einmal der Prügelknabe dafür, dass die Chemieriesen ihr Zeug teuer verkaufen können und die Arbeiter sehr gut verdienen.Bauernvernband raus aus den Gremien; vertritt endlich die Interessen des freien Bauern. Wahltaqg ist Zahltag. Der Bundschuh kommt.
agricola pro agricolas schrieb am 12.02.2017 12:22 Uhrzustimmen(40) widersprechen(19)
Werter Herr Miller, wenn Sie mit diesen generalisierend platten Parolen 1816 -dem Jahr ohne Sommer- an die öffentliche Wahrnehmung herangetreten wären, hätten Sie vermutlich „DEN Knalleffekt“ verspürt, den sich NABU seit Jahren schon herbeisehnt? Ihre Analyse hinsichtlich der Positionierung des DBV, der selbsternannten EINEN BAUERNSTIMME, dort im Besonderen der obersten archaisch narzisstischen Verbandsgranden in ihrem absolut konservierenden Besitzstandsdenken, möchte ich zunächst einmal überhaupt nicht in Abrede stellen. Schon sehr lange ist die Erkenntnis auch in den freigeistigen Bauernköpfen herangereift, dass es keinen aktiven „ANWALT der BAUERN“ gibt, eine stimmige Interessensvertretung, weder in die eine noch in die andere Richtung, um befreit von gerne extrem gegensätzlich illustrierten und demgemäß orchestrierten ausschließlichen SCHWARZ-WEISS-ATTITÜDEN zwischen den stoischen agrarpolitischen Fronten einem brutalen, dem mittlerweile bedrohlich existenzvernichtenden Zerriss, entgegenwirken zu können. Die tumben Bauern stehen dato hierbei neben jedem Schutzschirm alleingelassen im Regen. // Ihr Selbstverständnis, jederzeit Überhänge von über 30% vorhalten zu wollen zur Kompensation von potentiell möglichen kurz- bis mittelfristigen Ernteausfällen thematisieren Sie wohlweislich wiederum keineswegs. Ihre dahingehenden Ausblendmechanismen klammern ein Szenario aus, welche Konsequenzen eine Produktion in unseren Ställen sowie auf unseren Äckern, reduziert auf 100% -als Bauer wünschte ich mir sogar eine Verknappung auf 99,5%- zur Folge hätten. Der NABU würde hiervon in erheblicher Art und Weise tangiert sein: Ihr eigenes Besitzstandsdenken und die Daseinsberechtigung in wesentlichen Teilen wäre verzichtbar, ein Fortbestand somit erheblich in Frage gestellt. Der dramatische Mitgliederschwund innerhalb Ihrer Reihen stünde zu befürchten. Wer könnte mithin alternativ als willige Auffangstation in zahlreichen privaten Erbfällen fungieren, mal ganz zu schweigen von den Agrarsubventionen, die auch Ihnen in erheblichem (verschleiertem!?) Umfang zufließen. Eine Schockwelle, die sich innerhalb der vor- und nachgelagerten Bereiche der Agrarindustrie bei der in Rede stehenden Nahrungsmittel-Rohstoffverknappung wellenförmig zügig ausbreiten würde, muss man explizit erst gar nicht erwähnen. - Glasklar aktuell sichtbar infolge nur 14tägiger ungünstiger Witterungseinflüsse bei Minusgraden in den spanischen Gemüseanbauregionen! // Als konventioneller Bauer in der BRD irritiert mich zusehends, wie weit unsere übersatte Wohlstandsgesellschaft von ihren Bauern abgerückt zu sein scheint mit einem sehr arroganten Grundverständnis allerdings, allzeit eine gesunde Nahrungsmittelversorgung als eigenes existenzielles MUST-HAVE, punktum(!), verfügen zu wollen. Die Allgemeinbetrachtung diesbezüglich als unumstößlich ungeschriebene Gesetzmäßigkeit! Man setzt schlichtweg unmissverständlich Gegebenheiten voraus, die nun sogar eine Demagogie auf höchster politischer Ebene, wie jene des BMUB, ignorant zulassen. Nicht wenige spendeten sogar tosenden Applaus, nicht wahr, werter Herr Miller!? Ein Umdenken nur in Reihen der Bauern reicht längst nicht aus; es sollte parallel ein Ruck durch unsere luxuriös ausgestattete Gesellschaft gehen, welche Grundwerte wir zu keinem Zeitpunkt jemals verraten dürfen, um weiterhin ein weitgehend sorgloses Leben in Frieden und Freiheit, insbesondere auch der Freiheiten auf unseren heimischen Tellern, gewährleistet sehen zu dürfen. Deshalb, hochverehrter Herr Miller, illustrieren gerade Sie Ihr Anspruchsdenken an uns deutsche/europäische Bauern nicht einzig in Schwarz-Weiß, wir sind im glücklichen Zeitalter der Farbenvielfalt schon sehr lange angekommen: Eine zu modernisierende Düngeverordnung sollte auch das Additiv „AdBlue“, das als Abgasreinigungsmittel in der Abluft verpufft, nicht aussparen. Ist selbiges nicht der Kategorie „diffuse Quellen“ zuzuordnen!? Oder identifiziert man als extremer Vereinfacher hier „diffuse Quellen = Bauern“!? Ein weiterer Streitpunkt stellt für mich die berechtigte Frage dar, ob wirklich aus etwa 50% aller Flächen der BRD die ganze Nitratproblematik hergeleitet werden darf. Die Anforderungen an unser Trinkwasser, wo täglich um die 130 l/Person derzeit als Verbrauchsgrundlage zugerechnet sind, ehrlicherweise aber nur 3 Liter/Bundesbürger als Trinkwasser maximal konsumiert werden, schafft Wirrungen, die dezidiert aufgeschlüsselt werden sollten. Bitte nehmen Sie insbesondere auch jene Eigentümer in die Pflicht, die ihre Flächen nicht selbst bewirtschaften! Ein angestrebtes Ergebnis bitte nicht immer rückwärts denken! Ähnliches Schweigen im Walde innerhalb Ihrer Organisation, wo jeden geistigen Tiefgang missen lassend Sie immer noch den Nitrateintrag aus deutschen Wäldern kleinreden. Was nicht sein darf, kann eben nicht sein!- Und, und, und.... // Ein umfangreicher Austausch mit Ihrer Mitstreiterin, Frau Dr. Hendricks, wäre dringend angezeigt. Verlustieren Sie sich mittels erheblich vereinfachten Denkstrukturen nicht in Schnellschüssen, die extrem kurz greifen....!!!
cource schrieb am 12.02.2017 10:49 Uhrzustimmen(27) widersprechen(23)
"..Der Verband verteidigt ein System, das nur wenigen wirklich nützt und fast allen erheblich schadet: den Steuerzahlern, den künftigen Generationen und den Bauern selbst“, so Miller weiter...." genau, das ist die definition für ein mafiöses system/struktur ---zu viele abhängigkeiten unter den jeweiligen entscheidern, das hat nichts mehr mit demokratie zu tun
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