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30.07.2023 | 06:55 | Sustainable Use Regulation 

SUR: Nach wie vor große Vorbehalte der EU-Landwirtschaftsminister

Brüssel - Die Mehrheit der Agrarminister der Mitgliedstaaten steht dem Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) nach wie vor skeptisch gegenüber.

Nachhaltige Pflanzenschutzmittelanwendung
Folgenabschätzung der Kommission stellt überwiegende Mehrheit der Ressortchefs nicht zufrieden. (c) proplanta
Auch die nun von der EU-Kommission vorgelegte erweiterte Folgenabschätzung hat die kritische Auffassung vieler Ressortchef dem Gesetzesvorhaben gegenüber nicht geändert. Wie auf dem Brüsseler Agrarrat am Dienstag (25.7.) deutlich wurde, reichen vielen Ministern die Ergebnisse nicht, um ihre Zweifel auszuräumen.

Nichtsdestoweniger bekräftigte Spaniens Landwirtschaftsminister Luis Planas bei seinem ersten Treffen mit den Amtskollegen als Agrarratspräsident die Absicht, spätestens bis Jahresende eine Position der Mitgliedstaaten zur SUR auszuhandeln. Selbst wenn dies gelingen sollte, wäre es allerdings fraglich, ob noch eine Einigung bis zur nächsten Europawahl im Juni mit dem EU-Parlament und der Kommission erzielt wird. Die für die SUR federführende Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides stellte indes fest, dass die neuerliche Folgenabschätzung „das bestätigt, was wir schon wussten“.

Weder würde für die meisten Produkte das Preisniveau auf eine nicht mehr erträgliche Höhe steigen, noch sei die Ernährungssicherheit gefährdet, so die Kommissarin, die der Europäischen Volkspartei (EVP) zuzuordnen ist. Zugleich versicherte die Zypriotin, dass wirksame Alternativen zu chemischen Produkten auf „einem guten Weg sind“. Gegen die Mehrheitsmeinung im Rat erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, dass weitere Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren nicht zu rechtfertigen seien. Schließlich habe die Untersuchung wichtige Fragen beantwortet.

Der Fleißige darf nicht der Dumme sein

Gleichzeitig stellte aber auch der Grünen-Politiker klar, dass es bei der Verringerung der Einsatzmengen von Pflanzenschutzmitteln einheitlicher Regeln bedürfe. Gerade bei den individuellen Reduktionsvorgaben gelte, „der Fleißige darf nicht der Dumme sein“. Laut Özdemir muss außerdem der Anbau von Sonderkulturen und von Wein möglich bleiben.

Als gutes Beispiel für eine wirksame und praktikable Reduzierung chemischer Pflanzenschutzmittel nannte der grüne Ressortchef das Biodiversitätsstärkungsgesetz in Baden-Württemberg. Derweil beklagte Portugal die in der Folgenabschätzung aufgezeigten negativen Auswirkungen auf den Anbau vieler Sonderkulturen. Vor allem die Folgen für den Weinsektor wären für Lissabon wie auch für die anderen südlichen EU-Mitgliedsländer kaum hinzunehmen.

Ganz Finnland wäre Schutzgebiet

Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau warnte ebenfalls vor einem Einbrechen der Weinproduktion in der EU. Er stellte in diesem Zusammenhang klar, dass es sich bei diesem Thema nicht um „französischen Chauvinismus“ handle; das Problem betreffe alle Mitgliedstaaten mit Weinbau. Ein wichtiges Werkzeug zur Umsetzung der SUR sieht Fesneau in den neuen Züchtungstechnologien. Hier müsse man nun schnell im Gesetzgebungsprozess zu Ergebnissen kommen, mahnte der französische Agrarminister. Er beklagte, dass viele Aspekte auch im Rahmen der erweiterten Folgenabschätzung nicht hinreichend untersucht worden seien.

Diese Kritik übten auch östliche Mitgliedstaaten. Die tatsächlichen Folgen seien nur unzureichend von der Kommission quantifiziert worden, monierte die ungarische Delegation. Polens Landwirtschaftsminister Robert Telus konstatierte: „Diese Studie entspricht nicht dem, was wir wissen wollten.“ Tschechien warnte insbesondere vor negativen Auswirkungen auf den Hopfenanbau. Die finnische Delegation pochte auf Änderungen bei der Definition der sensiblen Gebiete. Dem Kommissionsentwurf zufolge würde ganz Finnland in diese Kategorie fallen.
AgE
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