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28.04.2009 | 19:40 | Milchwirtschaft  

Milchpreise rutschen - Aigner will Bauern helfen

Berlin - Die von Verlusten gebeutelten Milchbauern können jetzt zwar mit kleineren Überbrückungshilfen und Unterstützung der Bundesregierung rechnen.

Milchpreise
(c) proplanta
Zugleich zeichnet sich aber ab, dass ihre Erzeugerpreise von zuletzt nur 20 Cent je Liter Milch weiter ins Rutschen geraten. «Die Preisvereinbarungen mit den Molkereien sind gerade abgeschlossen und können nicht mehr geändert werden», erfuhr die Deutsche Presse-Agentur dpa am Dienstag beim Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE). Über die Höhe herrsche Stillschweigen. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) forderte einen «Krisengipfel» mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und schloss erneute Bauerndemonstrationen in Deutschland nicht aus.

Zuvor hatte Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) nach mehrstündigen Beratungen am Runden Tisch mit 20 Nahrungsmittel-Verbänden den Bauern gezielte Entlastungen zugesagt: Bürgschaften zur Sicherung von Krediten bei Notlagen (Insolvenz), einen 90 Millionen umfassenden Milchfonds und Absatzhilfen wie die Förderung von Schulmilch. Der Milchfonds soll aus dem Konjunkturpaket der EU finanziert werden.

Über die Verteilung ist noch mit den Ländern zu reden. Bei den Hilfen denke man auch an andere landwirtschaftliche Bereiche - wie Getreide, Gemüse und Obst, denen es nicht so gut geht. Hilfen über Steuer- Erleichterungen beim Agrardiesel lehnte die Ministerin erneut ab. Umstritten blieb die Bauernforderung, für die Verbraucher nicht erkennbare Käse-Imitate, bei denen der Ersatz von Milchfett durch pflanzliche Fette nicht deutlich wird, aus den Regalen zu verbannen.

Aigner gab dies an die industriellen Hersteller weiter. «Wo Käse drauf steht, muss auch Käse drin sein.» Die Verbraucher sollten nach diesem Motto handeln und danach ihre Kaufentscheidung treffen. Alle Mitglieder der Lebensmittelkette bis zum Verbraucher wollten eine leistungsstarke deutsche Ernährungswirtschaft, erklärte Aigner. Nahrungsmittel sollten nicht auf dem billigsten Niveau an den Markt gebracht und als Lockvogelangebote eingesetzt werden.

«Dies war nur der Auftakt», sagte sie. Wir wollen diesen Prozess in Gruppen für einzelne Märkte vertiefen.» Bei einigen Fragen, so auch beim geplanten Vorziehen der EU-Subventionen (Direktzahlungen) für die Milchbauern vom Dezember auf den 16. Oktober 2009, sei noch die Zustimmung der EU nötig. Hier gebe es zwar positive Signale, es könnten nach Brüsseler Angaben aber nur Mittel im Vorgriff auf den nächsten Gemeinschaftshaushalt vorweggezahlt werden. Im übrigen müssten die Einzelheiten noch in Arbeitsgruppen besprochen werden, auf die sich der «Runde Tisch» jetzt verständigt habe. Die Teilnehmer anerkannten überwiegend Aigners Bemühung bei der Suche nach Lösungen für die von der Wirtschaftskrise zusätzlich getroffenen Landwirte.

Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) beklagte sich aber über mangelnde Unterstützung beim Agrardiesel. Jetzt komme es darauf an, die diskutierten Maßnahmen schnell umzusetzen. Mit dem Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte sparten die Konsumenten 8 bis 10 Milliarden Euro. Für dieses «Konjunkturprogramm» brauchten die Bauern eine Gegenleistung. Mit der Milchmenge sei man bereits 10 Prozent unter der vorgegebenen EU- Milchquote, die bis 2015 abgebaut werden soll. Milchbauern-Präsident Romuald Schaber, erklärte, der Durchbruch sei nicht geschafft. Die Situation der Milchbauern lasse es nicht zu, «dass mit weit gefassten Gesprächsrunden wertvolle Zeit verloren geht». Auch er bestätigte, dass die Preise für Trinkmilch, Joghurt und Quark weiter nach unten verhandelt worden seien. «Wir wissen noch nicht wieviel.»

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, der ebenfalls an der Runde teilgenommen hatte, erklärte: «Die Zeche einer Preisspirale nach unten zahlen immer die Bauern und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es müssen Regeln im Interesse der Menschen aufgestellt werden.» Heftig kritisierte er die Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels, «der mit seiner Preispolitik die Existenz vieler Erzeuger und Verarbeiter von Lebensmitteln gefährdet». HDE-Präsident Josef Sanktjohanser erwiderte, der Einzelhandel sei seinen Kunden verpflichtet und gebe die niedrigeren Einkaufspreise für Milch an sie weiter. «Gegen alle Marktmechanismen die Preise zu erhöhen, lehnt der Handel ab.» (dpa)
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