Selbst Bauer zu werden, können sich die wenigsten Besucher vorstellen - dabei braucht die Branche dringend Nachwuchs. Wer Bauer werden will, hat derzeit gute Karten. «In der nächsten Zeit suchen wir vermehrt Betriebsnachfolger», sagte der Bildungsbeauftragte des Deutschen Bauernverbands, Hans-Benno Wichert, der Nachrichtenagentur dpa am Montag auf der Grünen Woche in Berlin. Wer Führungsposten auf größeren Betrieben suche, habe möglicherweise in Ostdeutschland Glück. «Da tritt die Generation ab, die dort nach der Wende den Hut aufgesetzt hat.»
Das Interesse an der Landwirtschaft und ihren Produkten hat - gemessen an der Besucherzahl der weltgrößten Agrarmesse - durch den Dioxinskandal nicht gelitten. «Wir haben ein starkes Wochenende gehabt und auch heute einen großen Andrang», sagte ein Messesprecher. Die Marke von 100.000 Gästen war am Sonntag früher überschritten worden als im Vorjahr.
Bei einem Tag der Ausbildung warben die deutschen Bauern am Montag um beruflichen Nachwuchs, denn sie fürchten Engpässe. «Die Schulabgänger werden weniger, das betrifft auch uns», sagte Wichert. «Wir suchen die besten Köpfe.» Jedes Jahr entscheiden sich nach seinen Angaben etwa 5.000 junge Leute, Landwirt zu werden und beginnen eine Ausbildung auf einem der 350.000 Betriebe.
Die Bauern müssten sich stärker um Schulabgänger bemühen, sagte Wichert und verwies auf andere Branchen wie das Handwerk. «Die anderen stecken zig Millionen in Werbekampagnen.»
Das öffentliche Bild von Landwirten, wie es Fernsehserien wie «Bauer sucht Frau» prägten, stimme nicht, sagte Wichert. «Das ist ein Beruf, für den man dem Umgang mit Tieren und Natur mögen muss.» Aber Bewerber müssten sich auch für Technik begeistern, bräuchten eine gute Allgemeinbildung und dürften lange Arbeitszeiten nicht scheuen. Zunehmend bewerben sich laut Wichert Jugendliche, die nicht vom Bauernhof stammen, auch aus Städten. «Da raten wir aber dringend, vorher ein Praktikum zu machen.»
Angesichts der Kritik an der industriellen Landwirtschaft infolge des Dioxinskandals sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (
CDU) bei einem Rundgang: «Die Grundlage unserer Landwirtschaft ist die bäuerliche Landwirtschaft.» Gleichwohl sei in Teilen der Branche eine industrielle Landwirtschaft entstanden, fügte der Regierungschef des Bundeslandes mit der größten Schweine- und Geflügelproduktion hinzu. Die Politik müsse das maßvoll begleiten. Der Dioxinskandal dürfe nicht dazu führen, bestimmte Produktionsformen zu diskreditieren. (dpa)