Bis zum Jahresende, also rund eineinhalb Jahre nach Ankündigung, rechnet der Top-Manager fest mit einer Freigabe des Deals. Seit knapp einem Monat liegt die 66 Milliarden US-Dollar teure Akquisition bei der EU-Kartellbehörde. In den USA wird bereits seit Dezember vergangenen Jahres geprüft.
Dabei könnten die kartellrechtlichen Prüfungen ganz nach Wunsch des Unternehmens laufen. Bei 30 Behörden sei der Zukauf angemeldet worden, und immerhin: Zehn hätten den Erwerb schon freigegeben, sagt ein Sprecher.
Doch derzeit laufen die Geschäfte für
Bayer CropScience alles andere als rund: So kappten die Leverkusener vor wenigen Wochen die Jahresziele. Grund: in Brasilien, einem Kernmarkt im Agrargeschäft, führten die schwierige wirtschaftliche Lage und wetterbedingte Probleme zu Geschäftsausfällen.
Nach Ende der Erntesaison habe Bayer dort unerwartet hohe Warenbestände im
Pflanzenschutz aufgehäuft. Das hat auch Auswirkungen auf den gesamten Konzern, der seit einigen Jahren erfolgsverwöhnt von einem Rekord zum nächsten eilt.
Anders als in einer von Konjunktur und
Wetterkapriolen unabhängigen Gesundheits- und Pharmasparte, birgt das
Agrargeschäft größere Risiken. So wirken sich Trockenheit oder
Überschwemmungen,
Hagel, Sturm und die Intensität des Krankheitsbefalls von Pflanzen sofort auf die Nachfrage aus.
Zwar kann Bayer durch seinen globalen Auftritt Einbußen in einzelnen Ländern oft durch positive Entwicklungen in anderen abfedern, doch das gelingt nicht immer.
Schon im kommenden Jahr könnte sich die Lage entspannen, wenn
Monsanto und Bayer im Agrargeschäft gemeinsam ihre Muskeln spielen lassen. Rechnet man die Umsätze beider Unternehmen für 2016 pro forma zusammen, ergibt sich eine Summe von knapp 22 Milliarden Euro, bei über 42.000 Beschäftigten. Dabei entfallen rund 10 Milliarden Euro auf Bayer
CropScience und 11,8 Milliarden Euro auf Monsanto.
«Wenn wir im kommenden Jahr mit der Integration von Monsanto beginnen, wollen wir in Brasilien auf einer gesunden Basis stehen», sagte Liam Condon, der irische Chef von Bayer CropScience unlängst dem «Handelsblatt». Der Manager, der sich in mehreren Sprachen zu Hause fühlt und mit der
Übernahme von Schering 2006 zu Bayer kam, ist fest davon überzeugt, dass die Übernahmepläne am Ende den Segen der Kartellwächter bekommen.
Bayer sei bereit, Umsätze in einem Volumen von bis zu 1,6 Milliarden Euro abzugeben. Details nennt Condon nicht. In Südafrika hatte sich Bayer schon bereiterklärt, seinen Unkrautvernichter Liberty zu verkaufen, der in Konkurrenz zum Monsanto-Produkt Roundup steht.
Dieses Ackergift von Monsanto mit dem Wirkstoff
Glyphosat ist Umweltschützern längerem ein Dorn im Auge und steht in der EU vor einer Verlängerung der Zulassung. Ob die Zusagen von Bayer den Behörden ausreichen, ist die Frage - Kritiker des Deals hoffen weiterhin auf ein Nein aus Brüssel.
Tatsächlich hat der Pflanzenschutz bei Bayer eine lange Tradition, aber großes Aufsehen erregte die Giftküche des Konzerns kaum. Bekannt ist der Öffentlichkeit am ehesten noch das
Pflanzenschutzmittel E605, im Volksmund auch als «Schwiegermuttergift» bezeichnet. Verkauft wurde das Insektizid unter anderem von Monsanto in den USA. Seit Anfang 2000 ist es verboten. Das Insektizid Poncho geriet vor einigen Jahren in die Schlagzeilen, als Imker das Mittel für das massive
Bienensterben verantwortlich machten.
Den größten Sprung im Pflanzenschutzgeschäft machte Bayer 2002 mit der Übernahme von Aventis CropScience für mehr als 7 Milliarden Euro. Es war damals einer der größten Zukäufe, der das Unternehmen im Pflanzenschutz weltweit in die Spitzengruppe katapultierte. Die Umsätze kletterten zwischen 2001 und 2003 von 2,8 Milliarden Euro auf 5,7 Milliarden Euro.
Fortan firmierte die Sparte
Landwirtschaft unter dem Namen Bayer CropScience. Heute erwirtschaften rund 22.400 Beschäftigte, darunter 4.500 in Deutschland, knapp 10 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Etwa 80 Prozent fallen auf den Pflanzschutz, 13 Prozent sind Saatgut.