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05.03.2015 | 12:15 | Jäger-Demo 

Jäger treiben Politiker auf Hochsitz

Stuttgart - Grün-Orange statt Grün-Rot: 2.500 Jäger hatten sich am Mittwoch orangefarbene Westen über die grüne Kluft gezogen, um gegen das neue Jagdrecht in Baden-Württemberg zu protestieren.

Hochsitz
Wenn CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf von einem Hochsitz aus Hunderten Jägern verspricht, 2016 das grün-rote Jagdgesetz zu kippen - dann ist Wahlkampf im Südwesten. Dabei war es eigentlich viel Lärm um nichts. (c) proplanta
«Mögen Ihnen unsere Hörner in den Ohren klingen», rief Landesjägermeister Jörg Friedmann den Politikern im Landtag zu. Auf hunderten Hörnern bliesen die Jäger verschiedene Jagdsignale wie «Jagd vorbei und Halali» oder «Sau tot». Auf Plakaten forderten sie «Eigenverantwortung statt Gängelei».

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf witterte seine Chance für einen frühen Wahlkampfauftritt: Nach der Landtagswahl 2016 könne die CDU an der Regierung das Gesetz «besser machen», versprach Wolf von einem Hochsitz aus - und erntete Jubel der Jäger. Auch freute er sich, dass SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel ebenfalls auf den Hochsitz stieg.

Man könne das Gesetz je gemeinsam verändern. Das neue Jagd- und Wildtiermanagementgesetz von Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) tritt am 1. April in Kraft. Der Protest richtet sich gegen die Durchführungsverordnung zum Gesetz. Es bestehe die Gefahr, dass mit den Vorschriften dort die Jäger - am Landtag vorbei - nochmal mehr gegängelt werden als ohnehin schon, warnte der Landesjägermeister. Die Verordnung sei aber «keine Spielwiese grüner Interessenpolitik im Vorwahljahr».

Bonde hatte das neue Jagdgesetz zuvor im Landtag gegen scharfe Kritik der Opposition verteidigt. Die Demo bezeichnete der Grünen-Politiker als «Nachhutgefecht» zum längst verabschiedeten Gesetz. Viele Regelungen fußten auf Bundes- und Europarecht, betonte Bonde. Zwar suchte der Grünen-Politiker das Gespräch mit den Jägern, stieg aber nicht selbst auf den Hochsitz.

Stattdessen versicherte sein Ministerialdirektor Wolfgang Reimer von dort aus den Jägern, dass viele ihrer Interessen auch in der Durchführungsverordnung berücksichtigt worden seien. Bei den Abschusszeiten für Raben oder Elstern etwa orientiere man sich an den Vorgaben der Wildforschungsstelle - «und die gilt ja nun nicht als jagdfeindlich». Und auch die Krickente dürfe - wie von den Jägern gefordert - sehr wohl bejagt werden.

Landesjägermeister Friedmann räumte auf dem Hochsitz ein, dass den Jägern zuletzt Zugeständnisse gemacht wurden. «Da sage ich: Danke.» Das zeige aber auch, dass sich der Protest der Jäger «auf jeden Fall gelohnt» habe. Jedoch müsse man wachsam bleiben. So dürfe etwa die Fuchsjagd nicht weiter eingeschränkt werden. «Wer Artenschutz will, braucht die Jagd. Wer Naturschutz will, braucht die Jagd.»  

Das neue Regelwerk löst das im Kern gut 20 Jahre alte Jagdgesetz ab. Damals waren Naturschutz und Tierschutz noch nicht als Staatsziele im Grundgesetz verankert. Die Jäger kritisierten von Anfang an: Das Gesetz ordne ihr traditionsreiches Jagdrecht dem Naturschutz unter.

Peter Sonntag, Kreisjägermeister aus Ravensburg, sagte: «Wir respektieren das Gesetz zwar«, man wehre sich aber dagegen, dass über die Verordnung jägerfeindliche Regelungen durchgesetzt würden. Sonntag räumte auch ein, dass es sich dabei um «Kleinigkeiten» handele. Laut Verband gibt es 35.000 Jäger im Land.

Herzstück des Gesetzes ist das Schalenmodell, in dem die Tiere in mehreren Stufen von jagbar (Nutzungsmanagement) - wie Rehe oder Wildschweine - bis geschützt (Schutzmanagement) - wie Auerhuhn oder Wanderfalke - eingeteilt werden. Das Gesetz verbietet Totfangfallen und das unkontrollierte Abschießen streunender Hunde und Katzen. Zudem soll es aus Gründen des Tier- und Artenschutzes ein begrenztes Fütterungsverbot geben. Bleihaltige Munition wird verboten.

«Der Landesjagdverband macht sich lächerlich, indem er sich derart aufbläst», kommentierte Grünen-Landeschefin Thekla Walker die Demo. Nach dutzenden Gesprächen und viel Entgegenkommen verweigere sich der Verband «einem fairen und praxistauglichen Kompromiss». (dpa/lsw)
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