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12.12.2019 | 03:39 | Wolfsmanagement 
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Thüringen plant Antrag auf Wolfsabschuss

Erfurt / Ohrdruf - Nach wiederholten erheblichen Angriffen auf Schafe und Ziegen soll die Ohrdrufer Wölfin erschossen werden. Das Thüringer Umweltministerium kündigte am Mittwoch an, dafür einen Abschussantrag zu stellen.

Wölfe in Thüringen
Die Ohrdrufer Wölfin und ihr Mischlingsnachwuchs sind längst zum Politikum geworden. Nach mehr als 180 vom Wolf getöteten Nutzitieren in diesem Jahr zieht das Umweltministerium Konsequenzen. (c) proplanta
So ein Antrag ist nötig, weil Wölfe unter besonders strengem Schutz stehen und nur in Ausnahmefällen gejagt werden dürfen. «Es ist weder ein schöner, noch ein einfacher Schritt, aber ein notwendiger», sagte Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur.

Zuvor war bekannt geworden, dass allein am Sonntag 24 Tiere einer größeren Schafsherde bei Ohrdruf vom Wolf gerissen worden waren. Das Revier der Wölfin und ihres Rudels liegt auf dem Übungsplatz der Bundeswehr bei der Kleinstadt am Thüringer Wald.

«Das inzwischen belegte mehrfache Überwinden des Herdenschutzes durch die Wölfin, auch optimaler Schutzzäune, ist nach Einschätzung unserer Experten problematisch», erklärte Siegesmund.

Die wirtschaftlichen Schäden rund um den Standort seien erheblich und drohten zu wachsen. In den vergleichsweise hohen Risszahlen - in diesem Jahr sind demnach in Thüringen bislang mehr als 180 Schafe, Ziegen und andere Nutztiere von einem Wolf getötet worden - sieht Siegesmund eine weitere Grundlage für den Antrag. Über diesen werden Experten der obersten Naturschutzbehörde des Landes, des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, entscheiden.

Nach Darstellung Siegesmunds liegt bereits ein Antrag auf Abschuss der Wölfin vom Thüringer Bauernverband vor. Dieser greife ihres Wissens nach aber zu kurz. Das Ministerium wolle bei seinem Antrag einen anderen Ansatz verfolgen. «Uns geht es darum, die Last von den Betroffenen vor Ort zu nehmen», sagte Siegesmund. Der Fokus des Ministeriumspapiers liege auf der Region und nicht auf einzelnen Schäfern.

«Die aktuellen Bilder von 24 gerissenen Schafen bei einem Nutztierhalter in nur einer Nacht lassen niemanden kalt», sagte Siegesmund. Die Ministerin setze darauf, dass der Antrag noch vor Jahresende bewilligt wird. Sie verwies auf einen ähnlichen Fall in Schleswig-Holstein. Dort war nach mehreren Übergriffen eines Wolfs das Tier auf Antrag zum Abschuss freigegeben worden.

Der Naturschutzbund (Nabu) Thüringen forderte am Mittwoch, dass Herdenschutzhunde im Ohrdrufer Wolfsgebiet Pflicht für die Schäfer werden sollten. Dort, wo Tierhalter die speziell zum Schutz von Schafen ausgebildeten Hunde einsetzten, gebe es so gut wie keine Wolfsübergriffe.

Siegesmund machte allerdings darauf aufmerksam, dass diese Hunde auf einen Schäfer und Herde geprägt sein müssten. Das nehme viel Zeit in Anspruch. Herdenschutzhunde seien daher keine Ad-hoc-Lösung.

Der Wolf war am Mittwoch auch aus einem anderen Grund in den Schlagzeilen: Ein bei Arnstadt auf der Autobahn überfahrenes Tier war zunächst für einen Wolf gehalten worden. Erst im Laufe des Tages stellten Experten des Landesamts fest, dass es sich bei dem Tier um einen Hund handelte.

Ungewöhnlich wäre es aber nicht gewesen, dass ein Wolf überfahren wird. Naturschutzexperten machen immer wieder darauf aufmerksam, dass die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen für Wölfe, aber auch für andere Tiere problematisch sei.

Eine im März 2016 auf der Autobahn 71 bei Schlossvippach nach einem Verkehrsunfall gestorbene Wölfin und ein Mischling aus dem ersten Wurf der Ohrdrufer Wölfin sind aktuell als ausgestopft Exemplare im Erfurter Naturkundemuseum zu sehen.

Die Wölfin bei Ohrdruf, die lange Zeit als einzige standorttreue Vertreterin ihrer Art in Thüringen galt, hatte sich mit einem Haushund gepaart und Wolf-Hund-Mischlinge zur Welt gebracht. Die Tiere wurden aus Artenschutzgründen geschossen oder sind vermutlich teils abgewandert.

Inzwischen hat sich die Wölfin erneut gepaart und wieder Mischlinge geworfen. Auch diese fünf sogenannten Hybride leben nach Experteneinschätzung noch auf dem Truppenübungsplatz. Sie stehen ebenfalls auf der Abschussliste: Ihre Abwanderung soll verhindert werden, da befürchtet wird, dass sie den Genpool der Rasse Wolf verwässern könnten. Mindestens seit Frühsommer gilt es auch als sicher, dass sich ein Rüde der Wölfin angeschlossen hat.
dpa/th
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Kommentare 
kuj schrieb am 13.12.2019 00:52 Uhrzustimmen(0) widersprechen(0)
Wenn der Wahnsinn zur Methode wird:
„Jagd auf den Wolf und seine Bastarde alle gelten als streng geschützt"
Von diesem Schutz gibt es Ausnahmen, etwa wenn große Schäden in der Nutztierhaltung entstehen. Die rechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt, da die Wölfin und das Rudel vielfach die vermeintlich sicheren Zäune überwunden und heuer viel mehr Nutztiere gerissen haben, als jedes andere Wolfsrudel Deutschlands. Immer höhere Zäune zu bauen ist nicht bezahlbar auch nicht sinnvoll, da Wölfe mit ihren Aufgaben wachsen. Das Kernproblem bleibt, ein Wolfsrudel in einer Region, die als Weidelandschaft ausgelegt ist. Damit werden die Wölfe automatisch zu Jagdspezialisten auf Weidetiere samt fortwährender Nachwuchskonditionierung. Diese Erkenntnis können wir auch auf die beiden Wölfe „Gloria von Kleve (GW954f)“ und „Plage von Berg (GW1433f)“ nach NRW übertragen.
Wenn die Genehmigung erteilt ist, wer jagt dann die Wölfin?
Das wird geheim gehalten - da die Schützen mit massiven Anfeindungen zu rechnen haben. Einheimische Jäger und Förster werden an der Jagd nicht beteiligt solange nicht abschließend juristisch geklärt ist, ob Abschussgenehmigungen rechtens sind. Hier droht potentiell der Entzug von Jagd- und Waffenschein. Schon wegen der ersten Hybridabschüsse 2017 sind zahlreiche Strafanzeigen anhängig. Die Jäger werden wie bereits bei der ersten Hybrid-Wolfsjagd aus Nordamerika oder Osteuropa kommen. Es wird schwieriger werden weil die Schusserlaubnis nur für die Wölfin mit ihrem Nachwuchs gilt, nicht aber für den Wolfsrüden. Der männliche Wolf auf dem Übungsplatz Ohrdruf darf auf keinen Fall erlegt werden. Eine Verwechslung und damit ein Fehlabschuss kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Wölfin wurde durch die Jagd auf ihren Nachwuchs seit 2017 sehr vorsichtig. Es ist also völlig unklar, ob die Jagd auf das Rudel Erfolg haben wird. Der bestehende Zeitdruck ist enorm. Der Wolf muss endlich ins Jagdrecht überführt erden um Rechtssicherheit zu schaffen.
kuj schrieb am 12.12.2019 15:14 Uhrzustimmen(0) widersprechen(0)
echtlicher Status von Hybriden

Hybriden in den ersten vier Generationen unterliegen dem gleichen Schutzstatus wie Wölfe. Dies ergibt sich aus Verordnung (EG) Nr. 1497/2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 338/97 der Kommission des Rates über den Schutz von Exemplaren wild lebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels. Dort heißt es unter Punkt 10 der Erläuterungen zur Auslegung der Anhänge:

„Hybride Tiere, bei denen in den vier vorhergehenden Generationen in direkter Linie ein oder mehrere Exemplare einer Art der Anhänge A oder B vorkommen, fallen wie reine Arten unter die Verordnung, auch wenn die betreffende Hybridart nicht ausdrücklich in den Anhängen aufgeführt ist.“

Der Wolf ist im Anhang A der o.g. Verordnung aufgeführt und damit gem. § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG eine streng geschützte Art. Daraus ergibt sich, dass auch Hybriden dem Artenschutz unterliegen.

Hybriden dürfen demnach im Rahmen der Jagdausübung nicht wie Hunde geschossen werden. Für ihr Entfernen aus der Natur bedarf es einer naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.
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