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21.03.2018 | 11:03 | Naturkautschuk 

Kautschuk-Bauern in der Krise

Bangkok / Hannover - Als Kautschukbauer ist Luecha Kaewchun frühes Aufstehen gewohnt. Meist ist es noch dunkel, wenn er sich auf seiner 11.000-Quadratmeter-Farm im Süden Thailands auf den Weg zur Arbeit macht.

Reifenhersteller
Der Preis für Naturkautschuk ist in den vergangenen Jahren enorm gefallen. Für Thailands Kautschukbauern ist das hart. Die Verbraucher in Deutschland haben dagegen mit höheren Reifenpreisen zu tun. Wie kann das sein? (c) proplanta
Die weiße Milch, aus der Naturkautschuk gewonnen wird, fließt am besten aus den Bäumen, wenn es Nacht ist und noch kühl. Wenn die Sonne scheint, schrumpft das Latex zusammen und verklumpt.

Aber seit einer Weile plagt den 44-Jährigen die Sorge, dass für ihn bald alles zu spät sein könnte. Thailands Kautschukindustrie steckt in der Krise. Die Preise sind in den vergangenen fünf Jahren massiv gesunken. Zu besten Zeiten - 2011 - bekam Luecha fürs Kilogramm 180 Baht (4,66 Euro). Heute sind es noch 46 Baht. Zugleich haben Reifenhersteller wie Continental die Preise erhöht - wegen hoher Rohstoffkosten. Was ist da passiert?

Tatsächlich haben höhere Rohstoffpreise - dabei geht es um Synthese- und Naturkautschuk - das Ergebnis von Continental im vergangenen Jahr mit fast einer halben Milliarde Euro belastet. Was widersprüchlich klingt, erklärt sich aus einer gewissen zeitlichen Verzögerung, bis die Rohstoffe von der Industrie verwertet werden.

Denn beim Rohmaterial sei die Preisentwicklung von 2011 bis 2016 rückläufig gewesen, erklärt Conti-Finanzchef Wolfgang Schäfer. Jährlich habe es damals dreistellige Millionenbeträge als Rückenwind gegeben. Im dritten Quartal 2016 änderte sich dies, die Preise stiegen deutlich. Derzeit seien die Preise auf niedrigerem Niveau.

Der Preisverfall trifft Thailand ins Mark. Drei Jahrzehnte lang war das südostasiatische Königreich weltgrößter Hersteller und Lieferant. Mehr als ein Drittel der weltweiten Kautschukmenge kam 2016 von dort. Mit Abstand größter Abnehmer ist die Volksrepublik China, fast zwei Drittel der Produktion gingen im vergangenen Jahr dorthin. Der größte Teil, bis zu 90 Prozent, wird zu Autoreifen verarbeitet.

In Thailands Süden, wo die klimatischen Bedingungen für Kautschukbäume am besten sind, hängen 1,8 Millionen Arbeitsplätze daran. Eine Zeit lang ließ sich damit ausgezeichnet Geld verdienen. Immer mehr entdeckten das Geschäft für sich. Irgendwann führte das zu einer Überproduktion, und weil dann - vor allem in China - auch das Wachstum nicht mehr so hoch war, gingen die Preise nach unten. Heute kämpfen viele Kautschukbauern ums Überleben.

Damit Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht finden, zahlt Thailand nun eine Abholz-Prämie. Wer bis Ende März Bäume fällt, erhält für eine Fläche von 16.000 Quadratmetern bis zu 4.000 Baht (103 Euro) vom Staat. «Wir müssen die Menge an Kautschuk kontrollieren, die auf den Markt kommt», sagt Titus Suksaard, Chef der nationalen Kautschukbehörde.

Allerdings hält sich der Erfolg des Programms bislang in Grenzen. Für die meisten Bauern ist der finanzielle Anreiz zu gering. Luecha bekam für das Abholzen all seiner Bäume nicht einmal 100 Euro. Der 44-Jährige machte trotzdem mit - weil er ohnehin auf Ölpalmen umstellen wollte: «Dass das jetzt passiert, ist Zufall. Aber für mich bedeutet dies wenigstens einen kleinen Bonus.»

Die meisten Kautschukbauern bleiben jedoch bei ihrem Beruf. Sie hoffen darauf, dass sich die Preise erholen. «Die Prämie ist zu niedrig. Das lohnt sich nicht», sagt Supadej Sriudom, ein Farmer aus der Provinz Nakkhon Si Thammarat. «Meine Bäume sind erst zehn Jahre alt. Die haben noch viel Zeit.» »In der Regel kann von einem Baum etwa 25 Jahre lang Latex abgezapft werden.

Der Wirtschaftswissenschaftler Pracha Koonnathamdee von der Thammasat-Universität University Bangkok zweifelt an der Prämie ebenfalls. «Es reicht nicht aus, das Angebot zu verringern. Der gesamte Markt muss sich ändern», sagt er. Die Bauern müssten an der Wertschöpfung besser beteiligt werden. Bislang begnügen sich die meisten damit, die getrockneten Latexklumpen in Säcke zu packen und an eine Fabrik zu verkaufen.

Viele Bauern sind der Meinung, dass die Regierung sich um andere Absatzmärkte kümmern müsste. Nach Deutschland etwa, wo mit Continental einer der weltgrößten Reifenhersteller sitzt, gingen vergangenes Jahr aus Thailand nur 57.000 Tonnen Kautschuk - nur 2,2 Prozent aller Exporte.

Immerhin: Conti-Finanzchef Schäfer geht davon aus, dass die Preise erneut leicht anziehen werden. Er rechnet mit um 10 Prozent höheren Preisen für Naturkautschuk und von einem Anstieg um 6 Prozent bei Synthesekautschuk - dies betreffe voraussichtlich «sehr stark» das zweite Halbjahr 2018.

Continental dürfte dies erwartungsgemäß mit Belastungen von rund 50 Millionen Euro spüren. Denn bei Pkw-Reifen haben Natur- und Synthesekautschuk einen Anteil von 41 Prozent, Füllstoffe wie Ruß und Kohlenstoff kommen auf 30 Prozent. Bei Lkw-Reifen ist der Kautschukanteil mit 39 Prozent geringer. Doch auch von anderer Seit droht Continental Ungemach. Auch die Preise für ölbasierte, chemische Bestandteile der Reifen dürften steigen, schätzt Schäfer.
dpa
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