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23.12.2009 | 07:15 | Klimapolitik  

Europa hält an Vereinten Nationen fest

Brüssel - Nur wenige Tage nach dem Verhandlungsmarathon des Kopenhagener Klimagipfels steht Umweltminister Norbert Röttgen die Erschöpfung noch ins Gesicht geschrieben.

Europa hält an Vereinten Nationen fest
Das Treffen in Brüssel mit seinen europäischen Amtskollegen so kurz vor Weihnachten ist seit Monaten ausgemacht und wäre alles nach Plan verlaufen, hätten die 27 Minister das hohe Lied auf ein neues Abkommen zur Eindämmung der gefährlichen Erderwärmung singen können. Doch nach beispiellosen Wortschlachten ist die Weltklimakonferenz von 193 Staaten am Wochenende spektakulär gescheitert und zu denen, die sich besonders schmerzhafte Wunden lecken müssen, zählen die Europäer.

Darum muss Röttgen nun vor dem klobigen EU-Ministerratsgebäude im grauen Schneematsch stehen und die undankbare Aufgabe übernehmen, zu erklären, wie es weitergehen könnte. Unbeirrt stimmt der Minister in Europas Lobgesang auf die Vereinten Nationen ein. Die Alternative sei, dass einzelne Länder aus Machtpositionen heraus für den Rest handelten, warnt Röttgen. Da aber genau das in Kopenhagen geschehen ist und der im Endeffekt von Chinas Regierungschef Wen Jiabao und US-Präsident Barack Obama ausgehandelte butterweiche Kompromiss im UN-Plenum im Wortsinn in der Luft zerrissen wurde, mehren sich jetzt die Rufe nach Reformen der UN-Prozesse ebenso wie der europäischen Verhandlungsstrategie.

Wenn Röttgens schwedischer Amtskollege Andreas Carlgren ausführt, die UN seien trotz aller Schwächen «das System, das die Interessen der kleineren Länder schützt», so mag sich das zunächst anhören, als springe er für die kleineren Entwicklungsländer oder die Inselstaaten in die Bresche, die wegen des steigenden Meeresspiegels überflutet zu werden drohen. Es ist aber auch im ureigensten EU-Sinne, an den UN festzuhalten.

Denn das behäbige Europa verliert im globalen Konzert der Mächte an Einfluss, wird aber von den Schwellen- und Entwicklungsländern weiter als wichtiger Zahlmeister und Technologielieferant angesehen. In einem System kleiner Klüngelrunden kann der «alte Kontinent» nur verlieren. Schon jetzt werden sogar aus der EU selbst Stimmen laut, etwa im Internationalen Währungsfonds nur noch als EU oder Eurogruppe aufzutreten. Entspräche dies auch den neuen Realitäten, muss Europa dennoch aufpassen, am Ende nicht als einziger mit bindenden Klimaschutzzielen dazustehen. Viel Nutzen bringt es dem Klima ohnehin nicht: Nur gut ein Zehntel der weltweiten CO2-Emissionen stammen aus Europa.

Doch der Schmähruf der Europäer in Richtung China oder Venezuela, sie hätten ein Abkommen blockiert und solche Mini-Blockadeblöcke innerhalb der UN gelte es künftig zu unterbinden, ist nach Ansicht des Europaparlaments Augenwischerei. «Das Scheitern der UN- Klimakonferenz ist auch ein Scheitern der europäischen Außenpolitik», warnt der Chef des Umweltausschusses Jo Leinen. So sei es nicht gelungen, mit der Afrikanischen Union oder den wichtigsten Schwellenländern Indien, Brasilien und Südafrika im Vorfeld ausreichende Absprachen über die Ziele und Ergebnisse der Konferenz zu treffen. Dass das Abschlussdokument zwischen den USA und China ausgehandelt wurde, zeige die Schwäche der EU in der Weltpolitik.

Und die Stimme des EU-Parlaments ist gewichtig - es muss ein neues Klimaabkommen ratifizieren. Mindestens bis Juni hat Europa Zeit, sich neu aufzustellen. Dann findet in Bonn die nächste UN-Klimakonferenz statt. Gastgeber wird Deutschlands Umweltminister Röttgen - er spricht bereits von neuen «Klima-Allianzen», die geschmiedet werden müssten, etwa mit Japan, Australien oder Südkorea. (dpa)
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