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31.01.2010 | 11:13 | Bienenrückgang  

Imker europaweit zurückgegangen

Cardiff / Halle (S.) / Bern - Die Zahl der Bienenvölker ist in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen. Die Zahl der Imker sank sogar europaweit seit 1985.

Imker europaweit zurückgegangen
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die jetzt vom Internationalen Bienenforschungsverband IBRA veröffentlicht wurde. Damit liegt erstmals ein Überblick auf europäischer Ebene zum Problem des Bienenrückgangs vor. Bisher hatte es lediglich Meldungen aus einzelnen Ländern gegeben. Da auch andere Bestäuber wie Wildbienen und Schwebfliegen im Rückgang begriffen sind, bedeute dies eine potentielle Gefahr für Bestäuberdienstleistungen, von denen viele Feldfrüchte abhängig seien, schreibt ein internationales Wissenschaftlerteam in einer Sonderausgabe des Fachblatts Journal of Apicultural Research.

Für die Untersuchung werteten die Forscher verfügbare Daten aus nationalen Imkermagazinen und staatlichen Berichten aus, um die Gesamtzahl der Bienenkolonien und Imker zu berechnen. So konnte die Anzahl der Bienenvölker zwischen 1965 und 1985 für 14 europäische Länder und zwischen 1985 und 2005 für 18 europäische Länder rekonstruiert werden. Die Zusammenstellung gibt einen ersten Überblick über die Situation in Europa. Sie ist jedoch nicht vollständig, da beispielsweise Frankreich, Spanien und einige osteuropäische EU-Staaten fehlen, aus denen keine geeigneten Daten beschafft werden konnten. Während in Europa und den USA die Zahl der Bienenvölker gesunken ist, ist sie einem Bericht der Welternährungsorganisation FAO von 2009 weltweit gesehen in den letzten 50 Jahren um rund 45 Prozent angestiegen. Leider nützt aber dieser Befund den Beständen in Europa und den USA wenig, da zwar Honig als Produkt der Bienen importiert werden kann, nicht aber die von den Bienen bereitgestellte Dienstleistung - nämlich die Bestäubung.

Der Auswertung zufolge geht die Zahl der Bienenvölker in Mittel- und Westeuropa bereits seit 1965 zurück. Seit 1985 wird dieser Trend auch in Ländern wie Tschechien, Norwegen, der Slowakei und Schweden beobachtet. Im Gegensatz dazu ist in Südeuropa (Griechenland, Italien und Portugal) die Zahl der Bienenvölker zwischen 1965 und 2005 gestiegen. Dagegen nahm in allen untersuchten Ländern die Zahl der Imker ab. Die Ursache dafür vermuten die Wissenschaftler in den sozialen und ökonomischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Gestiegene Einkommen hätten der Landbevölkerung andere Zuckerprodukte erschwinglich gemacht, der zunehmende Anteil an Maschinen habe den Wegzug in städtische Regionen beschleunigt und damit habe die Imkerei als Hobby an Attraktivität verloren. "Die Kosten für die Bekämpfung von Bienenseuchen können in einem Bienenvolk schnell das Einkommen eines Jahres erreichen. Damit wird es unökonomisch, Bienen in kleinem Maßstab zu halten", erklärt Dr. Simon G. Potts von der University of Reading in England. "Außerdem hat der Aufwand zur Bekämpfung von Seuchen wie der Varroa-Milbe wahrscheinlich die Attraktivität als Hobby verringert."

Mit der Untersuchung sei das Rätsel des Bienenrückganges aber keineswegs gelöst, betonen die Wissenschaftler, die lediglich ein weiteres Teil zum Puzzle hinzufügen konnten. Auch müssten die Daten wegen der sehr unterschiedlichen Zählweise in den einzelnen Ländern vorsichtig interpretiert werden. "Durch die beschränkte Aussagekraft ist es weder möglich, die tatsächlichen Treibkräfte für den Bienenrückgang in Europa zu identifizieren noch die Trends komplett zu erfassen. Dazu ist es nötig, die Erfassungsmethoden für die Bienenvölker zu standardisieren. Erst dann wird es möglich sein, den Bienenschwund zu verstehen und langfristig Gegenmaßnahmen zu ergreifen", ergänzt Dr. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Der Verlust an Bestäubern wie Bienen, Hummeln und Schmetterlingen ist einer von vier Schwerpunkten des EU-Projektes ALARM. ALARM steht für "Assessing Large scale environmental Risks for biodiversity with tested Methods" und war das größte Forschungsprojekt der EU im Bereich Biodiversität. Über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 35 Ländern und 68 Partnerorganisationen (darunter sieben Unternehmen) haben zwischen 2004 und 2009 an diesem umfassenden Forschungsprojekt gearbeitet, das Josef Settele vom UFZ zusammen mit sechs Kollegen koordiniert hat. ALARM war nicht nur eines der größten EU-Forschungsprojekte sondern auch eines der produktivsten: Durch die Förderung entstanden bisher insgesamt über 1000 wissenschaftliche Publikationen. (ufz)
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