Es gebe keinen Einwand dagegen, ein solches Lebewesen auch in Deutschland herzustellen, sagte der Biotechnologe Prof. Alfred Pühler von der Universität Bielefeld. «Craig Venter hat ein Genom genutzt, wie es in der Natur auch vorkommt.» Er verwies darauf, dass bereits jetzt einzelne Gene in Lebewesen anderer Arten verpflanzt werden.
Der Biotechnik-Kritiker Christoph Then warnte dagegen vor synthetischen Lebewesen. «Die Auswirkungen einer Verbreitung synthetischer Gene oder Organismen in der Umwelt können nicht abgeschätzt werden», mahnte der langjährige Gentechnik-Experte von Greenpeace. Er ist jetzt Geschäftsführer des Vereins Testbiotech, der die Folgen der Biotechnologie betrachtet. «Wir brauchen klare gesetzliche Verbote, um die Umwelt vor synthetischen Lebewesen und deren Genen zu schützen», forderte Then und warnte vor gefährlichen Krankheitserregern und Biowaffen.
Ein Team um den US-Genetiker Craig Venter hatte das Erbgut eines natürlichen Bakteriums aus einzelnen Erbgutstückchen nachgebaut und dieses Kunstgenom in eine andere Bakterienart eingesetzt. Venter möchte auf diese Weise Bakterien entwickeln, die etwa Impfstoffe oder Biokraftstoffe herstellen. Seine Arbeit stellte er im Journal «Science» von diesem Freitag vor.
Pühler kennt kein deutsches Labor, das an solchen synthetischen Bakterien arbeitet. Einzelne Gene würden jedoch auch in Deutschland synthetisiert und in andere Lebewesen eingesetzt.
Die Gefahr, dass mit der synthetischen Biologie Biowaffen hergestellt werden, hält er für gering. Ziel der Forscher weltweit sei eher, die Mikroorganismen in großen Tanks ein gewünschtes Produkt herstellen zu lassen - dazu nehme man ihnen oft alle Gene weg, die für sie nicht lebenswichtig sind. «Diese Minimalzellen können in der freien Natur normalerweise nicht überleben», sagte Pühler.
Er sieht hohe technische Hürden, Krankheitserreger herzustellen. Die lange Evolution der Erreger könne man nicht kurzfristig am Schreibtisch nachvollziehen. «Biowaffen sind leichter aus der Natur zu holen.» Pühler ist Mitautor der «Stellungnahme Synthetische Biologie», die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Akademie Acatech herausgegeben wurde.
Der Vatikan hat noch keine klare Meinung zur Schaffung des Bakteriums. «Wenn die Entdeckung für das Gute genutzt wird, um Krankheiten zu heilen, können wir nur positiv darauf reagieren», erklärte der Präsident des vatikanischen Rats für das Leben, Monsignore Rino Fisichella, im Ersten Italienischen Fernsehen. «Sollte sich hingegen das Gegenteil herausstellen, ändert sich unser Urteil», so der Vatikanspezialist für Bioethik. (dpa)