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15.08.2010 | 20:11 | Krabbenfang  

Fischer ohne Schiff: Mit Schlitten auf Krabbenjagd

Wremen - Wenn Erhard Djuren zum Fischen fährt, braucht er weder Kutter noch Netze.

Fischer ohne Schiff: Mit Schlitten auf Krabbenjagd
Mit dem Hundeschlitten geht es auf zum Krabbenfang - unter lautem Gebell seiner Mischlinge «Pepo», «Felix» und «Lisa». «Denen macht das richtig Spaß», erzählt der 63-Jährige.

Wasser und Schlick spritzen in alle Richtungen, als die Hunde durch das Watt jagen. Bis zu den zwei Kilometer entfernten Fanggründen vor der Küste von Wremen, einem kleinen Fischerort in Niedersachsen, brauchen sie zehn Minuten.

Dort liegen im flachen Wasser 30 Reusen. Die Flut spült Krabben und Fische über große Trichter in die kegelförmigen Körbe. Bei Ebbe liegen sie trocken. Dann wird es für Djuren Zeit, rauszufahren. Vorsichtig löst er nach und nach die Fischfallen von den Trichtern und kippt den Inhalt in einen Korb. Viel ist es nicht: ein paar Krabben, Stint, manchmal auch Schollen oder ein Aal. «Im Augenblick ist da wenig drin», sagt Djuren. Die Hauptfangzeit ist erst im September und Oktober.

Trotzdem macht er sich täglich auf den Weg zu den Reusen. «Ich mache das aus Spaß an der Freude, wie man so sagt. Und um die alte Tradition aufrecht zu halten.» In den 50er Jahren lebten in dem Fischerdorf an der Wesermündung noch zehn Fischer, die Krabben mit Reusen fingen.

Als Junge fuhr Djuren mit ihnen raus. Er liebte es, ihnen bei der Arbeit zu helfen. Dabei lernte er auch, die Fischfallen aus Weiden zu flechten. Sein Berufsleben verbrachte Djuren aber mit festem Boden unter den Füßen: als Landwirt. Seit zehn Jahren ist der Hof nun verpachtet, und der Rentner hat viel Zeit für seine alte Leidenschaft. 

Heute ist der 63-Jährige der einzige Wattkrabbenfischer an der norddeutschen Küste, der das Jahrhunderte alte Handwerk noch pflegt. «Wahrscheinlich ist er sogar der einzige in Europa», sagt Dirk Sander, Vorsitzender des Landesfischereiverbands Weser-Ems. «Das lohnt sich so nicht mehr.» Für die Touristen ist Djuren mit seinem Hundeschlitten deshalb eine Attraktion. Wo er auftaucht, erntet er neugierige Blicke.

Mit Ruhestand hat Djurens Hobby allerdings nicht viel zu tun. Von Mai bis Dezember fährt er zweimal am Tag raus, oft auch nachts - die Gezeiten bestimmen den Rhythmus. Ob Schnee, Regen oder Sonne, der Krabbenfischer schwingt sich bei fast jedem Wetter auf seinen Schlitten. «Außer bei Sturm, da geht's nicht.»

Die Ausbeute ist meist bescheiden. Viel zu wenig zum Verkaufen, doch das ist egal. Bei seiner Rückkehr steht schon ein Kessel mit heißem Wasser in der Küche für die Krabben bereit. «Meine Frau pult die selbst oder die Nachbarn kommen rüber», erzählt Djuren.

In den Wintermonaten verbringt Djuren viel Zeit in seinem Schuppen, wo ein alter Bollerofen für behagliche Wärme sorgt. Aus frisch geschnittenen Weiden flechtet er neue Reusen und bessert die alten aus - für die nächste Saison. «Solange ich noch kann, werde ich rausfahren», sagt Djuren und fügt ein bisschen wehmütig hinzu: «Einen Nachfolger wird es wohl nicht geben.» Und die Krabbenfischerei im Watt landet dann endgültig im Museum. (dpa)
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