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18.10.2009 | 09:56 | Klimaforschung 

Das Meereis nimmt Kohlenstoff auf - doch wie viel?

Hamburg - Wer durch die kleine dicke Tür tritt, steht schlagartig in einer anderen Welt - und friert.

Das Meereis nimmt Kohlenstoff auf - doch wie viel?
Weil Arktisforschung aufwendig und teuer ist, hat sich ein internationales Forschungsteam ein Stück Nordmeer auf den Hof der Hamburgischen Schiffbau- Versuchsanstalt (HSVA) geholt. Kühlaggregate lassen minus 15 Grad kalte Luft von der Decke der etwa 30 Meter langen Halle sinken. In rote Kälteschutzoveralls gekleidete Wissenschaftler aus mehreren Ländern rücken dem Eis mit Bohrern und Messinstrumenten zu Leibe. Insgesamt 46 Tonnen Nordseewasser sind dort in Einzelbehältern zu je einem Kubikmeter eingefroren. «Das Wasser ist mit dem Schiff von Helgoland nach Cuxhaven und dann mit Tankwagen hierher gebracht worden», erklärt Gerhard Dieckmann vom Alfred-Wegener-Institut für
Polar- und Meeresforschung (AWI).

Das 18-köpfige Team will mehr über die Rolle des arktischen Meereises im globalen Kohlendioxidhaushalt herausfinden. Wenn Meerwasser zu Eis gefriert - das beginnt bei einem Salzgehalt von etwa 33 Promille (33 Gramm je Liter) bei minus 1,9 Grad - bilden sich bei unterschiedlichen Temperaturen verschiedene Minerale, darunter auch das erst 1963 entdeckte kohlenstoffhaltige Ikait. «Früher dachte man, Eis wäre wie ein Deckel auf dem Wasser, heute weiß man, Eis lässt Gase durch», sagt der promovierte Biologe Dieckmann.

Wichtige Fragen sind, wie viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre im arktischen Meereis gebunden wird, ob sich die Minerale beim Abschmelzen wieder auflösen oder ob sie zumindest teilweise in tiefe Meeresschichten sinken und dort dauerhaft bleiben. Antworten darauf würden gleichzeitig einen Fortschritt im Verständnis des Klimawandels bedeuten. Denn wenn sich das Nordpolarmeer mit Hilfe des Eises als Kohlenstoffsenke erweisen sollte, würde bei geringerer Eisbildung weniger Kohlenstoff gebunden.

Die Antworten der Wissenschaftler, auch auf die Frage nach Größenordnungen, fallen vorsichtig aus. Diplom-Geograf Michael Fischer hat bei Forschungen in der Antarktis zwischen 0,15 und mehr als 100 Milligramm Ikait je Liter Eis gefunden. «Oben ist es mehr, unter weniger», sagt der junge Doktorand. «Wir machen Grundlagenforschung, um die Prozesse zu verstehen.» Was sich zunächst wenig anhört, kann sich je Quadratkilometer arktischen Eises auf Tonnen summieren - bei Millionen Quadratkilometern Eisbedeckung eine erhebliche Zahl. Für die HSVA, die sich sonst in großen Wasserbecken mit der Erforschung von Schiffsrümpfen oder -schrauben befasst, ist das eine willkommene Nutzung ihrer Eistanks, die sonst vorrangig der Erforschung von Eisbrechern oder Bohr- und Förderplattformen dienen. (dpa)
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