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12.08.2010 | 09:58 | Bienensterben  

Hintergrundinformation: Gefährdung von Bienen durch Neonikotinoide

Braunschweig - Im Frühjahr 2008 hatte es ein Bienensterben in Süddeutschland gegeben, das auf ein Pflanzenschutzmittel zurückzuführen war.

Bienengefährlichkeit
Bei einigen Partien Maissaatgut, die mit dem insektiziden Wirkstoff Clothianidin behandelt waren, haftete der Wirkstoff nicht ausreichend an den Körnern, so dass dieser auf blühende Pflanzen gelangte und dort von Bienen aufgenommen wurde. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat daraufhin die Zulassung von bestimmten Saatgutbehandlungsmitteln mit den Wirkstoffen Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam ausgesetzt. Für Maissaatgut gilt dies weiterhin. 2009 und 2010 sind Bienenschäden im Zusammenhang mit der Maisaussaat nicht mehr beobachtet worden.

Inzwischen hat sich das BVL intensiv mit den Fragen der Beizqualität von Saatgut und der Sätechnik auseinandergesetzt. Die neuen Erkenntnisse werden im Zulassungsverfahren nun bei allen Pflanzenschutzmitteln, die zur Saatgutbehandlung eingesetzt werden sollen, berücksichtigt. Auch bei Maissaatgut sind inzwischen technische Möglichkeiten verfügbar, um die Staubabdrift so zu vermindern, dass Bienen nicht gefährdet werden. Allerdings gibt es bei behandeltem Saatgut noch einen zweiten möglichen Belastungspfad für Bienen: Rückstände systemischer Wirkstoffe können in Wassertröpfchen auftreten, die von den Pflanzen abgegeben werden, dem so genannten Guttationswasser. Dabei ist Mais in dieser Hinsicht deutlich kritischer zu sehen als andere Kulturpflanzen. Erst wenn sich genauer abschätzen lässt, wie hoch das Risiko für Bienen über das Guttationswasser ist, wird das BVL entscheiden, ob die Zulassungen für neonikotinoidhaltige Mittel zur Behandlung von Maissaatgut wieder in Kraft gesetzt werden können oder nicht.

Die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam gehören zur Gruppe der so genannten Neonikotinoide. Von einigen Seiten wird die Auffassung vertreten, diese Wirkstoffe seien für Bienen so gefährlich, dass sie in Pflanzenschutzmitteln generell nicht mehr eingesetzt werden sollten. Belege dafür, dass über das Ereignis von 2008 hinaus Bienen systematisch durch Pflanzenschutzmittel geschädigt werden, gibt es jedoch nicht. Weder die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen des Julius Kühn-Instituts, noch das 2004 initiierte Deutsche Bienenmonitoring fanden entsprechende Hinweise, obwohl Pflanzenschutzmittel mit Imidacloprid seit 1993 in Deutschland zugelassen sind.

Seit langem werden Pflanzenschutzmittel vor der Zulassung auf ihre Bienengefährlichkeit überprüft. Seit 1991 sind die Prüf- und Bewertungsmethoden in der EU harmonisiert. Die Tests beschränken sich nicht auf Laborversuche zur Ermittlung der tödlichen Dosis, sondern je nach den Eigenschaften des Wirkstoffs und der vorgesehenen Anwendung werden noch weitere Versuche durchgeführt. Zu der Testpalette gehören auch Halbfreiland- und Freilandversuche, in denen nicht nur die Überlebensrate der Bienen, sondern auch Volkentwicklung und Brutentwicklung sowie das Verhalten der Bienen beobachtet und ausgewertet werden. Diese Methoden werden regelmäßig an den Stand von Wissenschaft und Technik angepasst.

Ausschlaggebend für die Zulassung ist nicht die Giftigkeit des Wirkstoffs, sondern die Frage, ob das konkrete Pflanzenschutzmittel bei praxisgemäßer Anwendung, also unter Berücksichtigung von Anwendungszeitpunkt, Anwendungstechnik und Aufwandmenge für Bienen sicher ist. Dieses Bewertungsprinzip sieht auch die neue EU-Pflanzenschutzmittelverordnung vor, die ab Juni 2011 gilt. (blv)
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Kommentare 
Alfred schrieb am 12.08.2010 19:09 Uhrzustimmen(143) widersprechen(166)
Na, dann ist doch alles bestens. 2003 wurde im DBJ (12) die damalige Stimmung in einem Bericht über die seinerzeitige Imkertagung in Donaueschingen u.a. wie folgt beschrieben: ... „Es gab im vergangenen Jahr große Probleme“ meinte der Präsident „Aber noch werden keine schlagkräftigen Lösungen angeboten, noch werden die wahren Ursachen gesucht und verharmlost. Die existenzielle Unsicherheit der Imker ist groß und es steigt der Frust, da seine eigentlichen Institutionen nicht wirklich helfen können. Es bleibt der ‚dumme’ Imker allein.“ Und nun sind wir sieben Jahre weiter.
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