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31.01.2016 | 12:15 | Glyphosateinsatz 

Komplettverzicht auf Glyphosat in der Landwirtschaft möglich?

Quedlinburg - Die deutschen Landwirte könnten unter bestimmten Bedingungen auf den Einsatz von Glyphosat im Ackerbau verzichten, ohne dabei wirtschaftliche Nachteile hinnehmen zu müssen.

Quecke bekämpfen
Rund ein Drittel der Gesamtmenge des Wirkstoffs wird im Winterweizenanbau eingesetzt. Ohne Glyphosat wären Quecke und resistenzgefährdete Unkräuter kaum zu bekämpfen. (c) proplanta
Zu diesem Schluss kommt das Julius-Kühn-Institut (JKI) nach einer ökonomischen Folgenabschätzung, die in dieser Woche vorgelegt wurde. Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass Glyphosat nicht von vorneherein als Standardmaßnahme in diesen Anbausystemen vorgesehen werden sollte. Vielmehr gelte es sorgfältig zu prüfen, ob Anwendungen des Breitbandherbizids vor allem auf der Stoppel oder gegebenenfalls auch vor der Saat durch mechanische Arbeitsgänge mit geeigneten Geräten ersetzt werden könnten. Dies ließe eine Einsparung der Glyphosatmenge erwarten.

Insbesondere sei auch der Pflugeinsatz wieder häufiger auf Böden, die eine entsprechende Bearbeitung zuließen und nicht erosionsgefährdet seien, in Betracht zu ziehen, so die Wissenschaftler. Falls dies nicht ganzflächig in Betracht komme, sollte zumindest in Erwägung gezogen werden, die Glyphosatanwendung auf kritische Teilbereiche der Schläge, beispielsweise mit Queckenbesatz, zu beschränken. Ferner gilt es nach Ansicht der Forscher zu prüfen, ob der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die den Wirkstoff enthalten, im jährlichen Wechsel mit mechanischen Arbeitsgängen nicht auch ausreichende Ergebnisse liefert.

Vorernteanwendungen mit Glyphosat sollten generell in Mähdruschfrüchten auf das notwendige Maß begrenzt werden. Gravierende ökonomische Folgen würde der Verzicht auf den Wirkstoff dem Institut zufolge allerdings bei Dauerkulturen haben. Im Apfelanbau erscheine ein solcher Schritt wirtschaftlich kaum vertretbar.

Ertragseinbußen nicht ausgeschlossen

Die ökonomischen Folgen eines Verzichts auf die Anwendung des Wirkstoffs hängen laut Studie im Ackerbau stark davon ab, ob durch eine einmalige zusätzliche Bodenbearbeitung eine Wirkungsäquivalenz zu Glyphosat erzielt werden kann. In diesem Fall könnte die mechanische Unkrautbekämpfung zu einem betriebswirtschaftlich identischen oder sogar besseren Ergebnis führen.

Als wichtige Einflussfaktoren für die ökonomischen Konsequenzen der Substitution machten die Forscher dabei den Standort, die Witterung und die Anbaupraxis aus. Wenn es unter ungünstigen Bedingungen jedoch trotz zwei bis drei zusätzlicher Bodenbearbeitungsgänge zu Ertragseinbußen aufgrund von Unkrautbefall komme, seien Mehrkosten zu erwarten.

Der Verzicht auf Glyphosat führe dann bei der Stoppelbearbeitung in winterungsbetonten Fruchtfolgen den Berechnungen zufolge zu Mehrausgaben von 55 Euro/ha bis 89 Euro/ha und Jahr; das Auslassen einer entsprechenden Vorsaatbehandlung könne Mehrkosten von jährlich bis zu 100 Euro/ha nach sich ziehen. Bei einem durchschnittlichen Deckungsbeitrag für Weizen von 600 Euro/ha bis 900 Euro/ha würden die zusätzlichen Kosten etwa 6 % bis 17 % des Deckungsbeitrags ausmachen.

Kaum Einsparpotential im Kleingartenbereich

Das größte theoretische Einsparpotential für Glyphosat machen die Forscher beim Winterweizen als der Ackerbaukultur mit der größten Anbaufläche aus. Rund ein Drittel der Gesamtmenge des Wirkstoffs werde in Deutschland in dem Bereich angewendet. Problematisch sei der Verzicht jedoch insbesondere in Kombination mit der pfluglosen Bodenbearbeitung.

Neben möglichen negativen Folgen hinsichtlich Erosion seien auch ökonomische Nachteile zu erwarten. Im Wein- und Apfelanbau ist das Einsparpotential laut Folgenabschätzung bei einer Anwendungsmenge entsprechend der Jahre 2011 und 2012 von 70 t beziehungsweise 90 t Glyphosat sehr gering. Im Haus- und Kleingartenbereich sei - ohne Einbeziehung der beruflichen Anwender - von einer ähnlichen Größenordnung auszugehen.

Insgesamt belaufe sich der jährliche Glyphosatabsatz in Deutschland auf rund 5.000 t Wirkstoff. Die Verfasser der Studie kommen außerdem zu dem Schluss, dass in einigen Anwendungsbereichen kein äquivalenter Ersatz für Glyphosat verfügbar ist. Dazu gehört die Bekämpfung sogenannter perennierender Unkräuter. Auch bei resistenzgefährdeten Arten sei der Einsatz des Wirkstoffes derzeit unverzichtbar.
AgE
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 31.01.2016 19:40 Uhrzustimmen(375) widersprechen(140)
Es ist doch sehr befremdlich, dass ein Totalherbizid eine so herausragende Stellung im Ackerbau einnehmen kann/darf. Erstaunlich um so mehr, als dass bei z.B. Landwirten, die sich einem freiwilligen Urintest unterzogen haben, häufig eine dreifache Glyphosat-Konzentration des willkürlich festgesetzten Grenzwertes festgestellt werden musste. Ist das nicht durchaus beängstigend!? WEM haben wir Bauern das zu verdanken!? WER hat uns selbige Produktionsmethodik wärmstens ans Herz gelegt!? Welche Agrarökonomen haben uns Bauern vorgerechnet, dass man pro AK mindestens 200 Hektar bewirtschaften muss!? Genau eben diese verbeamteten Besserwisser zeichnen für die aktuellen bäuerlichen Preismiseren sektorenübergreifend in vorderster Front allerdings verantwortlich. Bei zu engen Fruchtfolgen mit mangelnden Zeitfenstern, hier im speziellen Raps-/Weizen-/Weizenfruchtfolgen, wenn möglich gar ein Septemberweizen, da es ein permanentes Höchstertragsniveau auch wirklich auszureizen gilt, werden die Bauern eben zu welcher Arbeitsweise zwangsläufig genötigt!? - In den vergangenen Dekaden wurde uns das förmlichst eingebläut über sämtlichste Bildungsstufen hinweg, wer es wagte, hier kritisch in Frage stellen zu wollen riskierte, Opfer der Durchfallquote zu werden. Pharisäerhaft will man nun den Schwenk ins Gegenteil vollziehen!? Vielleicht sollte man da zunächst bei der Fruchtfolge ansetzen; bereits unsere Altvorderen haben entsprechend erfolgreich praktiziert, kein tatsächliches Neuland somit..., back to the roots! // Deutschland gehört aber wohl weltweit zu den Ländern, wo Glyphosat als Totalherbizid mit die niedrigsten Aufwandsmengen verzeichnen dürfte. In den Ackerbauregionen Südamerikas sieht das beileibe sicher ganz anders aus. Wieviel in Nordamerika, hier sowohl in Kanada als auch in den USA, eingesetzt wird, verschweigt man geflissentlich lieber einmal. Man sollte eben dort, speziell in den südamerikanischen Gebieten, Urinproben der Bevölkerung in den dortigen Roundup-Intensivst-Einsatzgebieten untersuchen!!! Konsumieren wir hier bei uns über die gigantischen Importmengen vollkommen schmerzbefreit allerdings mit!? Wie viel Glyphosat bleibt demnach IN und AN uns hängen!? Gerade auch das Naturprodukt Baumwolle ist hochgradig belastet bei einem doch unbedenklichen Einsatz von Glyphosat in wahrhaftig verschwenderischem Übermaß!(?)
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